Willensvollstreckung in der Schweiz: Das Wichtigste einfach erklärt

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Kalender Icon 07. Februar 2022

Sie möchten ein Testament aufsetzen, um Ihre Liebsten nach Ihrem Tode gut versorgt zu wissen? Dann besteht für Sie auch die Möglichkeit, einen Willensvollstrecker zu beauftragen, der sich nach Ihrem Tod um die Verwaltung Ihres Erbes kümmert und Ihren Hinterbliebenen rechtliche und administrative Tätigkeiten abnimmt. In diesem Artikel erfahren Sie alles Wichtige über die Rechte und Pflichten der einzelnen Parteien im Prozess einer Willensvollstreckung.

Auf einen Blick

  • Willensvollstreckerinnen übernehmen die umfassende Nachlassverwaltung nach Ihrem Tod.
  • Willensvollstreckerinnen beauftragen können Erblasser während Lebzeiten, sie müssen im Testament erwähnt werden.
  • Die Hauptaufgaben von Willensvollstreckern liegen in der Verwaltung Ihres Erbes sowie in der Aufteilung Ihres Nachlasses auf Ihre Erbengemeinschaft.

Was versteht man unter einer Willensvollstreckung?

Während Ihrer Lebzeit haben Sie laut Artikel 517 Absatz 1 Zivilgesetzbuch (ZGB) in der Schweiz die Möglichkeit, eine Willensvollstreckerin für die Verwaltung Ihres Erbes zu beauftragen. Sie übertragen dieser Person die Aufgabe sowie alle damit einhergehenden Rechte und Pflichten, Ihr Vermögen nach Ihrem Tod unter Ihrer Erbengemeinschaft so aufzuteilen, wie Sie es in Ihrem Testament festgelegt haben. Gleichermassen erhält der Willensvollstrecker von Ihnen den Auftrag, sämtliche Verwaltungsaufgaben zu erledigen, die ab Ihrem Tod bis zur Beendigung der Willensvollstreckung anfallen. Die Beauftragung einer Willensvollstreckerin ist freiwillig. Ohne einen entsprechenden Auftrag entfallen sämtliche Aufgaben an Ihre Erbinnen und Erben.

Welche Aufgaben haben Willensvollstrecker?

Das Zivilgesetzbuch umschreibt in Artikel 518 die Tätigkeiten genauer. Die Kernaufgabe besteht in der Verwaltung des Nachlasses gemäss dem Willen der verstorbenen Person. Innerhalb dieser Kernaufgabe existieren vielfältige Einzeltätigkeiten.

Laut Gesetz sind Willensvollstreckerinnen für den Erhalt der Substanz des Erbes zuständig. Sie übernehmen die Werterhaltung oder sorgen für die Wertsteigerung des Nachlasses und lassen Gegenstände und Immobilien von Gutachtern bewerten. Auch die Erledigung der Steuererklärung des Erblassers, die Kündigung diverser Verträge, die Bezahlung offener Rechnungen oder das Eintreiben von Erbschaftsschulden zählt zu den Aufgaben. Zudem vermittelt sie zwischen den Erben und Erbinnen.

Auskunfts-, Informations- und Rechenschaftspflicht

Die Erbengemeinschaft ist regelmässig über den Stand der Gegebenheiten sowie Neuigkeiten und Änderungen zu informieren. Der unverzüglichen Auskunftspflicht bei Rückfragen eines Erben oder einer Erbin müssen Willensvollstreckerinnen nachkommen. Die Art und Weise der Zusammenarbeit und der Korrespondenz erfolgt dabei auf professionell geschäftlicher Ebene. Am Ende der Zusammenarbeit müssen Willensvollstrecker der Erbengemeinschaft einen Rechenschaftsbericht und eine Schlussabrechnung über das Erbvermögen liefern. Die zeitliche Dauer einer Willensvollstreckung kann sehr unterschiedlich sein. Bei langwierigen Verfahren ist mit mindestens einem Jahr zu rechnen, in der sie für den Fall zuständig sind und fortlaufend Rechenschaft ablegen müssen.

Erbteilung

Laut Gesetz unterliegt die Erbteilung primär der Erbengemeinschaft selbst. Daher müssen sich Willensvollstrecker nach den Wünschen der beteiligten Personen richten – sie sind nicht zu einer alleinigen Teilung berechtigt. Die Vorbereitung ist aber Aufgabe der Willensvollstrecker. Sie übernehmen die Erstellung einer Übersicht über das Vermögen und die Wertgegenstände des Erblassers oder der Erblasserin, geben die Bewertung durch einen Wertgutachter in Auftrag und nehmen eine professionelle Recherche rechtlicher Teilansprüche der beteiligten Personen vor. Anschliessend unterbreiten sie der Erbengemeinschaft einen oder mehrere Teilvorschläge, mit dem Ziel, eine schnelle Einigung unter Berücksichtigung des letzten Willens der verstorbenen Person zu erreichen.

Mandatübergabe und Aufsichtsverfahren

Willensvollstreckerinnen erhalten ihr Mandat von der Testamentseröffnungsbehörde. Anschliessend haben sie 14 Tage Zeit, zu widersprechen, ansonsten gilt der Auftrag als angenommen. Aufsicht über die Tätigkeit der Willensvollstrecker hat die Eröffnungsbehörde. Sollte es innerhalb einer Willensvollstreckung zu Pflicht- oder Rechtsverletzungen kommen, kann die Erbengemeinschaft dies der Behörde melden.

Tipp: Die Kosten für behördliche Beschwerdeverfahren gegen Willensvollstrecker können sehr hoch ausfallen. Daher ist es ratsam, nur schwere Verstösse an die Behörde zu melden. Kleine Meinungsverschiedenheiten sollten Sie im persönlichen Gespräch zu lösen versuchen. Im Zweifelsfall kann ein Anwalt für Erbrecht Unterstützung bieten, der Sie weniger teuer zu stehen kommt.

Aufgabenbeispiele von Willensvollstreckern

  • Inventarerstellung und Berechnung
  • Ermittlung der Erbanteile
  • Dokumentenverwaltung (z. B. Testamente, Verträge)
  • gemeinsame Meetings mit der Erbengemeinschaft und fortlaufende schriftliche und mündliche Unterrichtung in allen Fällen
  • Behördenverkehr (Meldungen an und Abwicklungen mit Ämtern und Banken, z. B. dem Zivilamt, Versicherungen etc.)
  • Erstellung der Steuererklärung des Erblassers oder der Erblasserin
  • Forderungsstellungen an Schuldner
  • Aufstellung von Erbschulden und Bezahlung
  • Rechnungskorrespondenzen und Zahlungen von Rechnungen (auch z. B. Begräbniskosten)
  • Kündigung noch laufender Verträge
  • Vermächtnisausrichtung
  • Ermittlung der gesetzlichen Pflichtanteile aller Erben und Erbinnen
  • Erstellung eines Teilungsvorschlages für die Erbengemeinschaft
  • Nachlassteilung
  • Erstellung von Abrechnungen und Berichten

Wie beauftrage ich einen Willensvollstrecker?

Eine Willensvollstreckung kann nur vom Erblasser oder der Erblasserin selbst beauftragt werden. Hierfür muss im Testament schriftlich festgelegt sein, dass ein Willensvollstrecker eingesetzt werden soll. Alternativ lässt sich die Beauftragung auch mittels einer entsprechenden Klausel in einem Erbvertrag festlegen. Nach dem Tod des Erblassers oder der Erblasserin wird der Willensvollstrecker behördlich informiert. Bestätigt er seine Amtsannahme, bekommt er von der Zivilrechtsverwaltung eine Willensvollstreckerbescheinigung, die seine Legitimation ausweist.

Tipp: Möchten Sie eine Willensvollstreckerin beauftragen, nehmen Sie sich die Zeit, zu Lebzeiten direkt mit ihr zu sprechen. So können Sie diese auf persönlichem Wege fragen, ob sie bereit ist, ihr Amt anzutreten. Im Falle einer Ablehnung können Sie sich im Weiteren an eine andere Person wenden.

Welche Rechte und Pflichten haben Willensvollstrecker?

Die primären Aufgaben von Personen im Amt der Willensvollstreckung sind gleichermassen auch ihre Pflichtaufgaben. Diese liegen in der Verwaltung sowie in der Aufteilung des Erbes im besten Sinne des Auftraggebers. Willensvollstrecker haben alles zu unternehmen, um den Werterhalt des Erbes sicherzustellen. Dazu zählt, dass sie sich um Wertgutachten und die Abzahlung von Schulden kümmern müssen. Die Erstellung von Teilungsvorschlägen sowie die Vermittlung innerhalb der Erbengemeinschaft ist zu erwarten. Um diese Pflichten erfüllen zu können, wird ihnen währenddessen die Verfügung über das Erbe erteilt. Sie sind berechtigt, Geschäfte einzugehen, die den Erhalt oder die Wertsteigerung des Nachlasses sicherstellen.

Haftungsfrage

Artikel 398 des Schweizerischen Obligationenrechts (OR) spricht von der Haftung für die getreue Ausführung. Darin wird festgelegt, dass Willensvollstrecker alle Aufgaben sorgfältig und möglichst allein zu bewerkstelligen haben. Jedoch sind sie berechtigt, eine dritte Person hinzuzuziehen, wenn sie bestimmte Aufgaben nicht allein erledigen können. Hier ist die Rede von beispielsweise einem Gutachter. In jedem Fall haftet jedoch immer der Willensvollstrecker, auch für an Dritte übergebene Aufgaben. Die vom Gesetz gewünschte Art und Weise der Arbeitsausführung wird mit jener von Angestellten in einem Arbeitsverhältnis verglichen.

Welche Rechte hat die Erbengemeinschaft, wenn es einen Willensvollstrecker gibt?

Wird ein Willensvollstrecker beauftragt, übernehmen die Erben und Erbinnen eine passive Rolle in der Erbverwaltung. Dennoch dürfen sie in bestimmten Fällen einschreiten. Zum Beispiel sind sie dazu berechtigt, eine Gleichbehandlung zu verlangen, wenn sich Erbstreitigkeiten ergeben. Der Willensvollstrecker hat in diesem Fall Professionalität zu beweisen und neutral zu vermitteln. Zu den allgemeinen Rechten der Erbengemeinschaft gehören, dass der Willensvollstrecker:

  • die Erbengemeinschaft regelmässig auf dem aktuellen Stand der Dinge halten muss,
  • den Erben und Erbinnen bei Rückfragen umgehend Auskunft zu erteilen hat,
  • der Erbengemeinschaft Rechenschaft ablegen muss.

Ausserdem muss er der Erbengemeinschaft nach Beendigung der Vollstreckung eine Abrechnung, einen Schlussbericht sowie eine Rechnung über alle erbrachten Leistungen vorlegen.

Was passiert, wenn es keinen Willensvollstrecker mehr gibt?

Eine Willensvollstreckung endet, wenn das Erbe des Verstorbenen erfolgreich unter der Erbengemeinschaft aufgeteilt worden ist und keine Verfahren oder Klagen mehr laufen. Der Willensvollstrecker kann im laufenden Verfahren seines Amtes enthoben werden, wenn er gegen Auflagen verstösst und die Erbengemeinschaft ihn bei der Behörde anzeigt. In diesem Fall gehen dessen Aufgaben, Rechte und Pflichten an die Erbengemeinschaft über. Diese vertritt nun statt des Willensvollstreckers den Willen des Erblassers und hat für die Aufteilung des Nachlasses untereinander selbst zu sorgen sowie alle Verwaltungsaufgaben zu übernehmen.

Willensvollstreckung: Welche Kosten fallen an und wer zahlt?

Einer der grössten Kostenpunkte liegt im Honorar, das die Willensvollstreckerin für ihre Aufgabe erhält, zudem kommen Spesen und Auslagen hinzu. Der Kostenumfang richtet sich in erster Linie nach der Vermögenshöhe des Nachlasses sowie dem Verfahrensaufwand. Ein durchschnittlicher Stundenlohn für Willensvollstrecker kann an dieser Stelle leider nicht genannt werden, da die Gehälter stark variieren. Üblicherweise legt der Erblasser oder die Erblasserin während Lebzeiten gemeinsam mit der Willensvollstreckerin einen Stundensatz fest. Falls dies nicht erfolgt ist, muss sich die Erbengemeinschaft damit auseinandersetzen. Die Kosten für die Willensvollstreckung sind von der Erbengemeinschaft zu zahlen.

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FAQ: Willensvollstreckung

Von einer Willensvollstreckung ist die Rede, wenn ein Testament aufgesetzt wurde, in dem festgelegt ist, dass ein Willensvollstrecker die Verwaltung des Nachlasses übernimmt.

Die Kernaufgaben bestehen in der Aufteilung Ihres Erbes auf Ihre Erbengemeinschaft im Sinne Ihres letzten Willens. Zudem übernimmt eine Willensvollstreckerin alle Verwaltungsaufgaben, die nach Ihrem Tod bis hin zum Ende der Willensvollstreckung anfallen und ansonsten zulasten der Erben und Erbinnen gehen würden.

Einen Willensvollstrecker kann nur der Erblasser beziehungsweise die Erblasserin zu Lebzeiten selbst bestimmen. Die Erwähnung dieser Person im Testament ist wichtig.

Ein Willensvollstrecker kann nur seitens der Aufsichtsbehörde aus seinem Amt enthoben werden. Hierbei müssen die Erben einen Verstoss des Willensvollstreckers bei der Behörde anzeigen.

Wenn der Willensvollstrecker aufgrund eines schweren Verstosses seines Amtes enthoben wird oder stirbt, gehen seine Aufgaben an die Erbengemeinschaft über.

Die Kosten haben die Erben und Erbinnen zu tragen. Das Stundenhonorar wird üblicherweise bereits bei der Errichtung des Testaments zwischen dem Erblasser und der Willensvollstreckerin vereinbart und schriftlich festgehalten.

Empfehlenswert ist eine entsprechende Beauftragung besonders dann, wenn Sie über ein grosses Vermögen verfügen, komplexe Besitzverhältnisse haben oder an Verwandte mit Wohnsitz im Ausland vererben möchten. Ein weiterer Grund für die Einsetzung einer Willensvollstreckerin kann auch darin liegen, spätere Erbschaftsstreitigkeiten möglichst auszuschliessen.

Gesetzesartikel

Erteilung des Auftrages zur Willensvollstreckung (Artikel 517 ZGB)

Aufgaben der Willensvollstrecker (Artikel 518 ZGB)

Haftung für die getreue Ausführung (Artikel 398 OR)

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