Willensvollstreckung in der Schweiz: Das Wichtigste in Kürze
Möchten Sie ein Testament verfassen, damit Ihre Angehörigen nach Ihrem Tod gut versorgt sind? Dann haben Sie die Möglichkeit, eine Willensvollstreckerin oder einen Willensvollstrecker zu ernennen, die oder der sich nach Ihrem Tod um die Verwaltung Ihres Nachlasses kümmert und Ihre Hinterbliebenen von rechtlichen und administrativen Aufgaben entlastet. In diesem Artikel erfahren Sie alles Wissenswerte über die Rechte und Pflichten der einzelnen Beteiligten bei einer Willensvollstreckung.
Was ist eine Willensvollstreckung?
Zu Lebzeiten haben Sie in der Schweiz gemäss Artikel 517 Absatz 1 des Schweizerischen Zivilgesetzbuches (ZGB) die Möglichkeit, eine Willensvollstreckerin oder einen Willensvollstrecker mit der Verwaltung Ihres Nachlasses zu beauftragen. Dieser Person übertragen Sie die Aufgabe und alle damit verbundenen Rechte und Pflichten, Ihr Vermögen nach Ihrem Tod so unter Ihren Erben zu verteilen, wie Sie es in Ihrem Testament festgelegt haben. Gleichzeitig beauftragen Sie den Willensvollstrecker mit der Erledigung aller Verwaltungsaufgaben, die nach Ihrem Tod bis zur Beendigung der Willensvollstreckung anfallen. Die Ernennung einer Willensvollstreckerin oder eines Willensvollstreckers ist freiwillig. Ohne Auftrag fallen alle Aufgaben an Ihre Erbinnen und Erben.
Welche Aufgaben hat eine Willensvollstreckerin?
Das Schweizerische Zivilgesetzbuch umschreibt in Artikel 518 die Aufgaben genauer. Kernaufgabe ist die Verwaltung des Nachlasses nach dem Willen der verstorbenen Person. Innerhalb dieser Kernaufgabe gibt es eine Vielzahl von Einzeltätigkeiten.
Nach dem Gesetz sind die Willensvollstreckerinnen für die Substanzerhaltung des Nachlasses verantwortlich. Sie sorgen für die Werterhaltung oder Wertsteigerung des Nachlasses und lassen Gegenstände und Liegenschaften durch Sachverständige bewerten. Zu ihren Aufgaben gehört es auch, die Steuererklärung des Erblassers zu erledigen, diverse Verträge zu kündigen, offene Rechnungen zu bezahlen oder Nachlassschulden einzutreiben. Sie vermittelt auch zwischen den Erben und Erbinnen.
Auskunfts-, Informations- und Rechenschaftspflicht
Die Erbengemeinschaft muss regelmässig über den Stand der Dinge sowie über Neuerungen und Veränderungen informiert werden. Die Willensvollstreckerinnen sind verpflichtet, bei Anfragen von Erben oder Erbinnen unverzüglich Auskunft zu erteilen. Die Art und Weise der Zusammenarbeit und der Korrespondenz erfolgt auf professioneller Geschäftsebene. Am Ende der Zusammenarbeit müssen Willensvollstreckerinnen und Willensvollstrecker der Erbengemeinschaft einen Rechenschaftsbericht und eine Schlussabrechnung über die Erbschaft vorlegen. Die Dauer einer Willensvollstreckung kann sehr unterschiedlich sein. Bei langwierigen Verfahren muss mit mindestens einem Jahr gerechnet werden, in dem der Willensvollstrecker für den Fall zuständig ist und laufend Rechenschaft ablegen muss.
Erbteilung
Die Erbteilung ist nach dem Gesetz in erster Linie Sache der Erbengemeinschaft selbst. Die Willensvollstrecker haben sich daher nach den Wünschen der Beteiligten zu richten - sie sind nicht berechtigt, die Teilung im Alleingang vorzunehmen. Die Vorbereitung ist jedoch Aufgabe der Willensvollstrecker. Sie erstellen ein Inventar über das Vermögen und die Wertgegenstände des Erblassers oder der Erblasserin, beauftragen einen Schätzer oder eine Schätzerin und recherchieren professionell die gesetzlichen Teilansprüche der Beteiligten. Anschliessend unterbreiten sie der Erbengemeinschaft einen oder mehrere Teilvorschläge mit dem Ziel einer raschen Einigung unter Berücksichtigung des letzten Willens der verstorbenen Person.
Auftragserteilung und Aufsichtsverfahren
Willensvollstreckerinnen erhalten ihren Auftrag von der Testamentseröffnungsbehörde. Danach haben sie 14 Tage Zeit, sich zu widersetzen, andernfalls gilt das Mandat als angenommen. Die Aufsicht über die Tätigkeit der Willensvollstreckerinnen und Willensvollstrecker obliegt der Testamentseröffnungsbehörde. Kommt es im Rahmen der Willensvollstreckung zu Pflicht- oder Rechtsverletzungen, kann die Erbengemeinschaft diese der Behörde melden.
Tipp: Die Kosten für behördliche Beschwerdeverfahren gegen Willensvollstrecker können sehr hoch sein. Es ist daher ratsam, nur schwerwiegende Verstösse der Behörde zu melden. Kleinere Meinungsverschiedenheiten sollten in einem persönlichen Gespräch geklärt werden. Im Zweifelsfall kann Ihnen ein auf Erbrecht spezialisierter Anwalt kostengünstig helfen.
Aufgabenbeispiele von Willensvollstreckern
- Inventar erstellen und berechnen
- Ermittlung der Erbquoten
- Verwaltung von Dokumenten (z.B. Testamente, Verträge)
- gemeinsame Sitzungen mit der Erbengemeinschaft und laufende schriftliche und mündliche Information in allen Angelegenheiten
- Behördenkorrespondenz (Meldungen an und Abrechnungen mit Ämtern und Banken, z.B. Standesamt, Versicherungen etc.)
- Erstellung der Steuererklärung des Erblassers bzw. der Erblasserin
- Geltendmachung von Forderungen gegenüber Schuldnern
- Auflistung der Nachlassverbindlichkeiten und Zahlung
- Rechnungskorrespondenz und Bezahlung von Rechnungen (auch z.B. Bestattungskosten)
- Kündigung laufender Verträge
- Auszahlung von Vermächtnissen
- Ermittlung der gesetzlichen Pflichtteile aller Erbinnen und Erben
- Erstellen eines Teilungsvorschlages für die Erbengemeinschaft
- Erbteilung
- Erstellen von Abrechnungen und Berichten
Wie beauftrage ich einen Willensvollstrecker?
Eine Willensvollstreckung kann nur durch den Erblasser oder die Erblasserin selbst angeordnet werden. Dazu muss im Testament schriftlich festgehalten werden, dass ein Willensvollstrecker eingesetzt werden soll. Alternativ kann die Einsetzung auch durch eine entsprechende Klausel in einem Erbvertrag erfolgen. Nach dem Tod des Erblassers oder der Erblasserin wird der Willensvollstrecker von der Behörde benachrichtigt. Nimmt er das Amt an, erhält er von der Zivilrechtsverwaltung eine Willensvollstreckerbescheinigung, die seine Legitimation nachweist.
Tipp: Wenn Sie eine Willensvollstreckerin beauftragen möchten, nehmen Sie sich zu Lebzeiten Zeit für ein persönliches Gespräch. So können Sie sie persönlich fragen, ob sie bereit ist, das Amt zu übernehmen. Lehnt sie ab, können Sie sich später an eine andere Person wenden.
Welche Rechte und Pflichten hat die Willensvollstreckerin?
Die Hauptaufgaben des Testamentsvollstreckers sind auch seine Pflichtaufgaben. Diese bestehen darin, den Nachlass im Sinne des Auftraggebers zu verwalten und zu verteilen. Willensvollstrecker haben alles zu unternehmen, um den Werterhalt des Nachlasses sicherzustellen. Dazu gehören die Einholung von Wertgutachten und die Begleichung von Schulden. Die Erstellung von Teilungsvorschlägen und die Vermittlung innerhalb der Erbengemeinschaft werden erwartet. Um diese Aufgaben erfüllen zu können, wird ihnen die Verfügungsgewalt über den Nachlass übertragen. Sie sind berechtigt, Geschäfte abzuschliessen, die der Erhaltung oder Mehrung des Nachlasses dienen.
Haftung
Artikel 398 des Schweizerischen Obligationenrechts (OR) spricht von der Haftung für die getreue Erfüllung. Er besagt, dass Willensvollstrecker alle Aufgaben sorgfältig und wenn möglich allein zu erfüllen haben. Sie sind jedoch berechtigt, eine Drittperson beizuziehen, wenn sie bestimmte Aufgaben nicht allein erfüllen können. Dies kann z.B. ein Sachverständiger sein. In jedem Fall haftet jedoch immer der Testamentsvollstrecker, auch für die an Dritte übertragenen Aufgaben. Die vom Gesetz gewünschte Art der Aufgabenerfüllung wird mit der eines Arbeitnehmers in einem Arbeitsverhältnis verglichen.
Welche Rechte hat die Erbengemeinschaft, wenn es einen Willensvollstrecker gibt?
Wird ein Willensvollstrecker eingesetzt, nehmen die Erben und Erbinnen bei der Verwaltung des Nachlasses eine passive Rolle ein. Dennoch können sie in bestimmten Fällen eingreifen. So haben sie beispielsweise das Recht, bei Erbstreitigkeiten Gleichbehandlung zu verlangen. Der Willensvollstrecker muss in diesem Fall seine Professionalität unter Beweis stellen und neutral vermitteln. Zu den allgemeinen Rechten der Erbengemeinschaft gehört, dass der Willensvollstrecker
- die Erbengemeinschaft regelmässig auf dem Laufenden zu halten
- den Erbinnen und Erben auf Verlangen unverzüglich Auskunft zu erteilen
- der Erbengemeinschaft Rechenschaft abzulegen hat
Zudem muss er der Erbengemeinschaft nach Abschluss der Verwaltung eine Abrechnung, einen Schlussbericht sowie eine Rechnung über alle erbrachten Leistungen vorlegen.
Was geschieht, wenn es keine Willensvollstreckerin mehr gibt?
Die Willensvollstreckung endet, wenn der Nachlass des Verstorbenen erfolgreich unter den Erben aufgeteilt wurde und keine Verfahren oder Klagen mehr anhängig sind. Der Willensvollstrecker kann während des laufenden Verfahrens seines Amtes enthoben werden, wenn er seine Pflichten verletzt und die Erbengemeinschaft ihn bei der Behörde anzeigt. In diesem Fall gehen seine Aufgaben, Rechte und Pflichten auf die Erbengemeinschaft über. Diese vertritt nun anstelle des Willensvollstreckers den Willen des Erblassers und hat für die Teilung des Nachlasses unter sich selbst zu sorgen und alle Verwaltungsaufgaben zu übernehmen.
Willensvollstreckung: Welche Kosten entstehen und wer zahlt?
Einer der grössten Kostenpunkte ist das Honorar, das die Willensvollstreckerin für ihre Aufgabe erhält, hinzu kommen Spesen und Auslagen. Die Höhe der Kosten hängt in erster Linie von der Höhe des Nachlassvermögens und vom Aufwand des Verfahrens ab. Ein durchschnittlicher Stundenlohn für Willensvollstreckerinnen und Willensvollstrecker kann hier leider nicht angegeben werden, da die Löhne stark variieren. In der Regel legt der Erblasser oder die Erblasserin zu Lebzeiten mit dem Willensvollstrecker oder der Willensvollstreckerin einen Stundensatz fest. Ist dies nicht geschehen, muss sich die Erbengemeinschaft damit auseinandersetzen. Die Kosten der Willensvollstreckung gehen zu Lasten der Erbengemeinschaft.
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FAQ: Willensvollstreckung
Von einer Willensvollstreckung ist die Rede, wenn ein Testament aufgesetzt wurde, in dem festgelegt ist, dass ein Willensvollstrecker die Verwaltung des Nachlasses übernimmt.
Die Kernaufgaben bestehen in der Aufteilung Ihres Erbes auf Ihre Erbengemeinschaft im Sinne Ihres letzten Willens. Zudem übernimmt eine Willensvollstreckerin alle Verwaltungsaufgaben, die nach Ihrem Tod bis hin zum Ende der Willensvollstreckung anfallen und ansonsten zulasten der Erben und Erbinnen gehen würden.
Einen Willensvollstrecker kann nur der Erblasser beziehungsweise die Erblasserin zu Lebzeiten selbst bestimmen. Die Erwähnung dieser Person im Testament ist wichtig.
Ein Willensvollstrecker kann nur seitens der Aufsichtsbehörde aus seinem Amt enthoben werden. Hierbei müssen die Erben einen Verstoss des Willensvollstreckers bei der Behörde anzeigen.
Wenn der Willensvollstrecker aufgrund eines schweren Verstosses seines Amtes enthoben wird oder stirbt, gehen seine Aufgaben an die Erbengemeinschaft über.
Die Kosten haben die Erben und Erbinnen zu tragen. Das Stundenhonorar wird üblicherweise bereits bei der Errichtung des Testaments zwischen dem Erblasser und der Willensvollstreckerin vereinbart und schriftlich festgehalten.
Empfehlenswert ist eine entsprechende Beauftragung besonders dann, wenn Sie über ein grosses Vermögen verfügen, komplexe Besitzverhältnisse haben oder an Verwandte mit Wohnsitz im Ausland vererben möchten. Ein weiterer Grund für die Einsetzung einer Willensvollstreckerin kann auch darin liegen, spätere Erbschaftsstreitigkeiten möglichst auszuschliessen.