Erbvertrag in der Schweiz: Inhalt, Form und Kosten

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Kalender Icon 02. Februar 2024

Um sicherzustellen, dass Ihr Nachlass in geordneter Weise weitergegeben wird, gibt es neben der Errichtung eines Testaments weitere Möglichkeiten, wie zum Beispiel den Abschluss eines Erbvertrags. Mit einem Erbvertrag können Sie bereits zu Lebzeiten Regelungen über Ihr eigenes oder gemeinsames Vermögen treffen, die nach Ihrem Tod gelten sollen. In diesem Artikel erfahren Sie, was ein Erbvertrag ist, was er beinhaltet und was die Errichtung eines Erbvertrags kostet.

Auf einen Blick

  • Ein Erbvertrag ist ein Vertrag zwischen dem Erblasser und mindestens einer weiteren Person.
  • Ein Erbvertrag kann nur im gegenseitigen Einvernehmen geändert oder aufgehoben werden.
  • Durch einen Erbvertrag können gesetzliche Erben auf ihren Erbteil verzichten oder Dritte als Erben eingesetzt werden.

Was ist ein Erbvertrag?

Der Erbvertrag ist gemäss Artikel 481 Absatz 1 des Schweizerischen Zivilgesetzbuches (ZGB) eine Alternative zum Testament, die es Ihnen ermöglicht, zu Lebzeiten über die Übertragung Ihres Vermögens an einen oder mehrere Erben zu entscheiden. Es handelt sich dabei um einen rechtsverbindlichen Vertrag zwischen Ihnen als Erblasserin oder Erblasser und mindestens einer weiteren Vertragspartei. Ein Erbvertrag bedarf zu seiner Gültigkeit der notariellen Beurkundung und der Unterzeichnung durch zwei Zeugen (Artikel 512 ZGB).

Der Erbvertrag unterscheidet sich vom Testament dadurch, dass alle Vertragsparteien den Inhalt des Vertrages kennen und somit wissen, was sie erben werden. Zudem ist die Zustimmung aller Parteien erforderlich, wenn der Erbvertrag geändert oder aufgehoben werden soll, was beim Testament nicht der Fall ist.

 

Wer kann einen Erbvertrag abschliessen?

Um einen Erbvertrag abschliessen zu können, müssen alle Beteiligten volljährig sein und über ihren Nachlass selbst verfügen können. Es ist beispielsweise nicht möglich, dass sich ein Minderjähriger in einem Erbvertrag über seinen Nachlass vertreten lässt.

Tipp: Der Erbvertrag eignet sich besonders für unverheiratete Paare (Konkubinatspaare), da diese beim Tod eines Partners nicht als gesetzliche Erben gelten. Erbverträge können sich auch für Familien eignen, in denen die Verwaltung des Nachlasses strittig oder aufgrund der familiären Situation besonders kompliziert sein kann.

 

Wer verwahrt den Erbvertrag?

Die konkreten Form- und Inhaltsbestimmungen des Erbvertrags sind im schweizerischen Erbrecht geregelt. Die Verwahrung des Erbvertrages ist hingegen in Artikel 112 Absatz 4 der Notariatsordnung geregelt und sieht vor, dass der Erbvertrag nach der amtlichen Eröffnung durch die Urkundsperson, also den jeweiligen Notar, verwahrt wird. Solange der Vertrag nicht eröffnet wird, kann er auch an einem privaten Ort aufbewahrt werden. Es ist auch möglich, den Aufbewahrungsort des Erbvertrags im zentralen Testamentsregister eintragen zu lassen.

 

Testament oder Erbvertrag? 

Wie das Testament dient auch der Erbvertrag dazu, den letzten Willen einer Person über die Weitergabe ihres Vermögens festzulegen. Es gibt jedoch grundlegende Unterschiede zwischen den beiden Vertragsarten. Einer der Hauptunterschiede zwischen Testament und Erbvertrag besteht darin, dass zur Errichtung eines Erbvertrags mindestens zwei Personen erforderlich sind, während ein Testament von einer Person errichtet wird. Beim Erbvertrag kennen die Erben den Inhalt und sind sich über die Erbfolge einig, während dies beim Testament erst bei der Eröffnung, also nach dem Tod des Erblassers, der Fall ist.

Während ein Testament nicht notariell beurkundet werden muss, ist dies beim Erbvertrag immer erforderlich. Zudem kann der Erbvertrag nicht wie das Testament einseitig geändert werden. Änderungen des Erbvertrags müssen von allen Vertragsparteien einvernehmlich vereinbart werden (Artikel 513 bis 515 ZGB).

Weshalb einen Erbvertrag abschliessen?

Ein Testament bietet dem Erblasser mehr Freiheiten als ein Erbvertrag, weshalb letzterer in der Schweiz in der Regel nicht die Standardoption zur Regelung des Nachlasses ist. Dennoch hat ein Erbvertrag gewisse Vorteile. So kann beispielsweise bei der Unternehmensnachfolge mit einem Erbvertrag das Unternehmen auf eine bestimmte Person übertragen und die Übernahmebedingungen gemeinsam geregelt werden.

Da die Bindungswirkung eines Erbvertrages wesentlich höher ist als die eines Testamentes, können Erblasser mit einem Erbvertrag eine verbindliche Erbfolge sicherstellen, z.B. als Ersatz für Vorausleistungen wie Pflegeleistungen im Alter. Auch Ehepaare können sich in einem Erbvertrag gegenseitig zu Alleinerben einsetzen, wenn die Kinder auf ihren Pflichtteil verzichten.

Tipp: Wenn Sie in einem Erbvertrag den Verzicht eines gesetzlichen Erben auf seinen Pflichtteil vereinbaren wollen, empfiehlt sich die Beratung durch einen Anwalt für Erbrecht.

Wie wird ein Erbvertrag errichtet?

Die Errichtung eines Erbvertrags erfolgt nach demselben Verfahren wie die Errichtung eines öffentlichen, d.h. notariell beurkundeten Testaments. Der Erbvertrag wird also von einer Notarin oder einem Notarassistenten aufgesetzt, es folgt eine Bestätigung für die Vertragsparteien und die Unterzeichnung des Erbvertrags durch die Parteien. Anschliessend werden die Zeugen gebeten, dies zu bestätigen.

Es ist auch möglich, die Errichtung eines Erbvertrags mit der eines Ehevertrags zu verbinden oder beide gleichzeitig abzuschliessen. Beide Verträge können dann in einer Urkunde zusammengefasst werden. In den meisten Fällen ist es sinnvoll, sich bei der Abfassung eines Erbvertrags von einer Rechtsanwältin oder einem Rechtsanwalt beraten zu lassen, um alle Möglichkeiten zu kennen und rechtsgültig zu nutzen.

Welche Arten von Erbverträgen gibt es?

Wenn Sie einen Erbvertrag aufsetzen, können Sie zwischen zwei Arten wählen. Zum einen gibt es den Erbzuwendungsvertrag und zum anderen den Erbverzichtsvertrag. Welcher Vertrag für Sie und Ihre Erben am besten geeignet ist, hängt von der jeweiligen Situation ab.

 

Der Erbzuwendungsvertrag

Mit dem Erbzuwendungsvertrag, auch Erbeinsatzvertrag genannt, können Sie einen bestimmten Erben begünstigen oder einen Dritten als Erben einsetzen. Diese Lösung wird in der Regel von Ehepaaren gewählt, die sich gegenseitig als Erben einsetzen, um jeweils den grössten Teil des Nachlasses zu erhalten, oder wenn der Erblasser einen Teil seines Vermächtnisses einer gemeinnützigen Organisation oder einer Stiftung gemäss Artikel 493 ZGB zukommen lassen möchte.

 

Der Erbverzichtsvertrag

Der Erbverzichtsvertrag steht im Gegensatz zum Erbteilungsvertrag, da mit ihm ein gesetzlicher Erbe gemäss Artikel 495 Absatz 1 ZGB auf sein Erbe verzichtet. In der Regel erhält die enterbte Person dafür eine Entschädigung (sog. entgeltlicher Verzicht). Zu beachten ist, dass beim Erbverzicht eines Kindes auch dessen eigene Nachkommen nicht mehr erbberechtigt sind (Artikel 495 Absatz 3 ZGB).

Der Erbverzichtsvertrag kommt in der Regel dann zur Anwendung, wenn der Erblasser nach seinem Tod mit Erbstreitigkeiten rechnet oder beispielsweise ein Kind bereits zu Lebzeiten durch finanzielle Zuwendungen unterstützen möchte.

Was kostet ein Erbvertrag?

Die Notargebühren für die Errichtung eines Erbvertrages werden in der Regel auf Stundenbasis berechnet. Als Faustregel gilt jedoch, dass Sie mit maximal 1 % Ihres Nettovermögens zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses rechnen sollten. Wenn Sie einen auf Erbrecht spezialisierten Anwalt mit der Ausarbeitung Ihres Erbvertrags beauftragen, müssen Sie mit zusätzlichen Kosten rechnen.

Wie kann ein Erbvertrag aufgehoben, geändert oder angefochten werden?

Ein Erbvertrag kann nur mit Zustimmung aller Vertragsparteien aufgehoben oder geändert werden. Dies macht den Erbvertrag im Vergleich zum Testament verbindlich. Ein Erbvertrag kann gemäss Artikel 513 Absatz 2 und 3 ZGB nur in seltenen Fällen einseitig aufgehoben werden, z.B. im Falle einer Täuschung.

 

Die Aufhebung eines Erbvertrags kann zu Lebzeiten verlangt werden, wenn: 

  • der Erbvertrag einvernehmlich aufgehoben werden soll (Artikel 513 Absatz 1 ZGB)
  • ein Enterbungsgrund vorliegt (Artikel 513 Absatz 2 ZGB)
  • wenn die als Gegenleistung für die Erbschaft vereinbarte Leistung nicht erbracht wird (Artikel 514 ZGB)
  • einer der Erben stirbt (Artikel 515 ZGB)

Wer durch einen Erbvertrag benachteiligt wird, kann diesen ebenfalls anfechten. Für eine solche Anfechtung muss jedoch ein rechtlich beachtlicher Grund vorliegen. Häufig sind es die übergangenen Erben, die die Anfechtung des Erbvertrages verlangen, insbesondere um ihren Pflichtteil geltend zu machen.

 

Wie kann man auf sein Erbe verzichten?

In einem Erbverzichtsvertrag können sich gesetzliche Erbinnen und Erben verpflichten, auf ihr Erbe zu verzichten (Artikel 495 bis 497 ZGB). Dabei wird zwischen einem vollständigen und einem teilweisen Erbverzicht unterschieden. Eine vollständige Ausschlagung bedeutet, dass die betreffende Person nicht mehr als Erbe gilt. Dies hat zur Folge, dass auch die Nachkommen des verzichtenden Erben ihr Erbrecht verlieren (Artikel 495 Absatz 3 ZGB). Wird anstelle der ausschlagenden Erben ein Dritter als Erbe eingesetzt und nimmt dieser die Erbschaft nicht an, so wird die Ausschlagung hinfällig (Artikel 496 Absatz 1 ZGB).

Bei einer teilweisen Ausschlagung verliert der Erblasser hingegen nicht seine gesamte Erbenstellung, sondern nur seinen Anteil am Nachlass gemäss den im Erbvertrag getroffenen Vereinbarungen.

 

Kann ich nach Abschluss eines Erbvertrags noch Schenkungen machen?

Es ist zu beachten, dass Schenkungen nach Abschluss eines Erbvertrags seit der Revision 2023 stärker eingeschränkt sind. Verfügungen von Todes wegen und Schenkungen zu Lebzeiten - mit Ausnahme von üblichen Gelegenheitsgeschenken - können angefochten werden, wenn sie den Verpflichtungen aus dem Erbvertrag widersprechen und im Erbvertrag nicht ausdrücklich vorbehalten wurden.

Es ist daher von grosser Bedeutung, im Erbvertrag festzulegen, ob und in welchem Umfang der Erblasser nach Abschluss des Erbvertrages Schenkungen vornehmen kann. Bestehende Erbverträge sollten daher unbedingt überprüft und gegebenenfalls angepasst werden.

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FAQ: Erbvertrag

Der Erbvertrag ist ein Dokument, das es dem Erblasser ermöglicht, zu Lebzeiten Entscheidungen über die Weitergabe seines Vermögens zu treffen. Er wird zwischen dem Erblasser und mindestens einer weiteren Partei geschlossen und muss notariell in Anwesenheit von zwei Zeugen beglaubigt werden.

Im Gegensatz zu einem Testament sind bei einem Erbvertrag alle Parteien über den Inhalt des Vertrages und damit über das, was vererbt werden soll, im Bilde. Es sind also mindestens zwei Parteien erforderlich, um einen Erbvertrag abzuschliessen, was bei einem Testament nicht der Fall ist. Ausserdem ist eine Änderung oder Aufhebung der Vereinbarung nur mit Zustimmung aller Parteien möglich.

Der Erbvertrag beruht, wie alle Verträge gemäss dem Schweizer Obligationenrecht, auf dem Vertrauensprinzip. Bei Konflikten über die Auslegung der Bestimmungen des Erbvertrages versucht der Gesetzgeber, eine Einigung in einem normativen Konsens zu finden.

Jeder, der mindestens 18 Jahre alt ist und über eine Erbschaft verfügt, kann sich für den Abschluss eines Erbvertrags entscheiden, um den Übergang seines Vermögens nach dem Tod zu regeln. Der Erbvertrag eignet sich besonders für unverheiratete Paare und gemischte Familien.

Es gibt zwei Arten von Erbverträgen. Der erste wird als Erbzuwendungsvertrag oder Erbeinsatzvertrag bezeichnet und ermöglicht es, eine Person als Haupterben einzusetzen. Der andere Vertragstyp ist der sogenannte Erbverzichtsvertrag, mit dem ein gesetzlicher Erbe auf seinen Pflichtteil am Erbe verzichtet, in der Regel gegen eine finanzielle Entschädigung.

Nein. Ein Erbvertrag muss von einem Notar aufgesetzt und beglaubigt werden, um gültig zu sein. Der Vertragsabschluss muss ausserdem von zwei Zeugen bestätigt werden.

Nach Schweizer Erbrecht haben Ehegatten und Nachkommen eines Erblassers per Gesetz Anspruch auf einen Pflichtteil am Erbe. Es ist jedoch möglich, einen Erbverzicht von einem Kind zu erwirken, indem ein Erbverzichtsvertrag aufgesetzt wird, in dem das betreffende Kind meist gegen eine Entschädigung auf einen Pflichtteil verzichtet.

Gesetzesartikel

Funktion des Erbvertrags (Artikel 494 ZGB)

Erbverzichtsvertrag Artikel (495 ZGB)

Widerruf des Erbvertrags (Artikel 513ff ZGB)

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