Wissenswertes zum
Erbvertrag in der Schweiz: Inhalt, Form und Kosten

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Kalender Icon 07. Februar 2022

Um die ordnungsgemässe Weitergabe Ihres Erbes zu gewährleisten, gibt es neben der Abfassung eines Testaments noch andere Möglichkeiten, wie beispielsweise das Errichten eines Erbvertrages. Mit dem Erbvertrag können Sie schon zu Lebzeiten Vorkehrungen für Ihr eigenes oder gemeinsames Vermögen treffen, die nach Ihrem Tod gelten sollen. In diesem Artikel erfahren Sie, was ein Erbvertrag ist, was dieser beinhaltet und wie viel es kostet, einen Erbvertrag aufzusetzen.

Auf einen Blick

  • Ein Erbvertrag ist ein Vertrag zwischen dem Erblasser und mindestens einer anderen Partei.
  • Ein Erbvertrag kann nur in gegenseitigem Einvernehmen geändert werden oder widerrufen.
  • Durch einen Erbvertrag können gesetzliche Erben auf ihren Erbanteil verzichten oder auch Dritte als Erben eingesetzt werden.

Was ist ein Erbvertrag?

Der Erbvertrag ist gemäss Artikel 481 Absatz 1 des Schweizer Zivilgesetzbuchs (ZGB) eine Alternative zum Testament, die es Ihnen ermöglicht, zu Lebzeiten über die Übertragung Ihres Vermögens auf einen oder mehrere Erben zu entscheiden. Es handelt sich dabei um einen rechtsverbindlichen Vertrag, der zwischen Ihnen als Erblasser bzw. Erblasserin und mindestens einer weiteren Vertragspartei geschlossen wird. Um gültig zu sein, muss ein Erbvertrag von einem notariell beglaubigt und in Anwesenheit von zwei Zeugen unterzeichnet werden (Artikel 512 ZGB).

Der Erbvertrag unterscheidet sich vom Testament dadurch, dass alle Vertragsparteien den Inhalt des Vertrages kennen und somit wissen, was sie erben werden. Ausserdem ist die Zustimmung aller Parteien erforderlich, wenn der Erbvertrag geändert oder aufgehoben werden soll, was bei einem Testament nicht der Fall ist.

Wer kann einen Erbvertrag abschliessen?

Um einen Erbvertrag abschliessen zu können, müssen alle beteiligten Parteien volljährig sein und über ihr eigenes Erbe verfügen können. Es ist beispielsweise nicht möglich, dass sich ein Minderjähriger in einem Erbvertrag über seinen Nachlass vertreten lässt. 

Tipp: Der Erbvertrag eignet sich besonders gut für unverheiratete Paare (Konkubinatspartner), da diese im Todesfall eines Partners nicht als gesetzliche Erben gelten. Ausserdem können Erbverträge für Familien geeignet sein, in denen die Verwaltung des Nachlasses strittig oder aufgrund der Familiensituation besonders kompliziert sein kann. 

Wer bewahrt den Erbvertrag auf? 

Die konkreten Form- und Inhaltsbestimmungen des Erbvertrags werden im Schweizer Erbrecht geregelt. Die Verwahrung eines Erbvertrages ist dahingegen in Artikel 112 Absatz 4 der Notarordnung geregelt und sieht vor, dass dieser im Falle einer amtlichen Vertragsöffnung durch den Beurkundenden, also den jeweiligen Notar, verwahrt wird. Solange der Vertrag nicht geöffnet wird, kann er auch an einem privaten Ort aufbewahrt werden. Es ist ebenfalls möglich, den Aufbewahrungsort des Erbvertrags in das zentrale Testamentenregister einzutragen.

Testament oder Erbvertrag? 

Wie das Testament dient auch der Erbvertrag dazu, den letzten Willen einer Person hinsichtlich der Weitergabe seines Vermögens festzulegen. Es gibt jedoch grundlegende Unterschiede zwischen den beiden Arten von Verträgen. Einer der Hauptunterschiede zwischen einem Testament und einem Erbvertrag besteht darin, dass für die Erstellung eines Erbvertrags mindestens zwei Personen erforderlich sind, während ein Testament nur von einer Person verfasst wird. Bei einem Erbvertrag kennen die Erben den Inhalt und stimmen ihrer Erbschaft zu, was bei einem Testament erst beim Zeitpunkt der Öffnung, also nach dem Tod des Erblassers, der Fall ist. 

Während ein Testament nicht notariell beglaubigt werden muss, ist dies bei einem Erbvertrag immer notwendig. Ausserdem kann der Erbvertrag nicht einseitig geändert werden, wie es beim Testament der Fall ist. Änderungen an Erbverträgen müssen von allen Vertragsparteien einvernehmlich vereinbart werden (Artikel 513 bis 515 ZGB).

Warum einen Erbvertrag abschliessen? 

Ein Testament bietet Erblassern mehr Freiheiten als ein Erbvertrag, weshalb letzterer in der Schweiz meistens nicht die Standardoption für die Regelung des Nachlasses ist. Dennoch hat ein Erbvertrag bestimmte Vorteile. So kann beispielsweise im Falle einer Unternehmensnachfolge ein Erbvertrag genutzt werden, um das Unternehmen einer bestimmten Person zu übertragen und die Bedingungen für die Übernahme gemeinsam zu regeln.

Da die Bindungswirkung eines Erbvertrags viel höher ist als die eines Testaments, können Erblasser diese Art von Vertrag nutzen, um eine verbindliche Erbschaft zu sichern, z. B. als Ersatz für Vorauszahlungen, wie Pflegeleistungen im Alter. Ein Ehepaar kann sich auch durch einen Erbvertrag gegenseitig als Alleinerben einsetzen, wenn die Kinder auf ihre Pflichtteilansprüche verzichten.

Tipp: Wenn Sie mit einem Erbvertrag den Verzicht eines gesetzlichen Erben auf dessen Pflichtteil vereinbaren möchten, so empfiehlt sich eine anwaltliche Beratung durch einen Anwalt für Erbrecht, um die Rechtsgültigkeit der Vertragsinhalte abzusichern.

Wie setzt man einen Erbvertrag auf?

Die Erstellung eines Erbvertrags erfolgt nach demselben Verfahren wie bei einem öffentlichen Testament, d. h. einem notariell beglaubigten Testament. Der Erbvertrag wird daher von einer Notarin oder von ihrem Assistenten aufgesetzt, gefolgt von einer Bestätigung für die Vertragsparteien und der Unterzeichnung des Erbvertrags durch die Parteien. Anschliessend werden die Zeugen gebeten, dies zu bestätigen.

Es ist auch möglich, die Abfassung eines Erbvertrags mit der eines Ehevertrags zu verbinden oder beide gleichzeitig abzuschliessen. Die beiden Verträge können dann in einem einzigen Dokument zusammengefasst werden. Meist ist es hilfreich, sich im Prozess der Erstellung erbrechtlich von einer Anwältin beraten zu lassen, um all Ihre Optionen zu kennen und diese rechtsgültig anzuwenden.

Welche verschiedenen Arten von Erbverträgen gibt es? 

Bei der Abfassung eines Erbvertrags können Sie zwischen zwei Arten von Verträgen wählen. Auf der einen Seite gibt es den Erbzuwendungsvertrag und auf der anderen Seite den Erbverzichtsvertrag. Die Entscheidung, welche Art von Vertrag für Sie und Ihre Erben am besten geeignet ist, hängt von der jeweiligen Situation ab.

Der Erbzuwendungsvertrag

Der Erbzuwendungsvertrag, auch Erbeinsatzvertrag genannt, ermöglicht es Ihnen, einen bestimmten Erben zu begünstigen oder einen Dritten als Erben zu bestimmen. Diese Lösung wird in der Regel von Paaren gewählt, die sich gegenseitig als Erben einsetzen, um jeweils den grössten Anteil am Erbe zu erhalten oder wenn Erblasser einen Teil ihres Vermächtnis an eine gemeinnützige Organisation oder an eine Stiftung gemäss Artikel 493 ZGB vererben möchten. 

Der Erbverzichtsvertrag

Der Erbverzichtspakt ist dem Erbzuwendungsvertrag insofern entgegengesetzt, als mit diesem ein gesetzlicher Erbe gemäss Artikel 495 Absatz 1 ZGB auf sein Erbe verzichtet. In der Regel erhält die enterbte Person dafür eine Entschädigung (dies wird als entgeltlicher Verzicht bezeichnet). Es sei darauf hingewiesen, dass bei einem Erbverzicht eines Kindes auch die eigenen Nachkommen keinen Anspruch mehr auf dieses haben (Artikel 495 Absatz 3 ZGB). 

Der Erbverzichtsvertrag kommt in der Regel dann zur Anwendung, wenn der Erblasser nach seinem Tod mit Erbstreitigkeiten rechnet oder beispielsweise ein Kind bereits zu Lebzeiten durch finanzielle Zuwendungen unterstützen möchte.

Was kostet ein Erbvertrag?

Die Notargebühren bei der Errichtung eines Erbvertrags werden in der Regel auf Stundenbasis berechnet. In der Regel sollte jedoch mit einem Preis von maximal 1 % Ihres Nettovermögens zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses gerechnet werden. Wenn Sie einen auf Erbrecht spezialisierten Rechtsanwalt mit der Ausarbeitung Ihres Erbvertrags beauftragen, sind zusätzliche Kosten zu berücksichtigen.

Wie kann man einen Erbvertrag aufheben, ändern oder anfechten? 

Ein Erbvertrag kann nur mit Zustimmung aller Vertragsparteien aufgehoben oder geändert werden. Das macht den Erbvertrag im Vergleich zum Testament so verbindlich. Ein Erbvertrag kann gemäss Artikel 513 Absatz 2 und 3 ZGB nur in seltenen Fällen einseitig widerrufen werden, z. B. im Falle einer Täuschung.

Die Aufhebung eines Erbvertrags kann zu Lebzeiten beantragt werden... 

  • wenn der Erbvertrag gekündigt werden soll (Artikel 512 Absatz 1 ZGB), 
  • wenn ein Enterbungsgrund vorliegt (Artikel 513 Absatz 2 ZGB), 
  • wenn die als Gegenleistung für die Erbschaft vereinbarte Leistung nicht erbracht wird (Artikel 514 ZGB), 
  • wenn einer der Erben verstirbt (Artikel 515 ZGB) 

Jede Person, die durch einen Erbvertrag benachteiligt wird, hat ebenfalls das Recht, diesen anzufechten. Für eine solche Anfechtung muss es jedoch einen rechtlich gültigen Grund geben. Häufig sind es die ausgeschiedenen Erben, die die Anfechtung des Erbvertrags beantragen, insbesondere durch Geltendmachung ihres Pflichtteilsanspruchs.

Wie kann man auf sein Erbe verzichten?

In einem Erbverzichtsvertrag können sich gesetzliche Erbinnen und Erben bereit erklären, auf ihr Erbe zu verzichten (Artikel 495 bis 497 ZGB). Es gibt hierbei jedoch einen Unterschied zwischen einem vollständigem und Teilverzicht. Ein vollständiger Verzicht bedeutet, dass die betreffende Person nicht mehr als Erbe angesehen wird. Dies bedeutet gleichermassen, dass auch die Nachkommen des verzichtenden Erbe ihren Anspruch auf das Erbe verlieren (Artikel 495 Absatz 3 ZGB). Wird anstelle der verzichtenden Erben eine dritte Person als Erbe eingesetzt und diese nimmt das Erbe aber nicht an, so wird Verzicht hinfällig (Artikel 496 Absatz 1 ZGB).

Bei einem Teilverzicht hingegen verliert die Person nicht vollständig ihre Stellung als Erbe, sondern nur ihren Anteil am Nachlass gemäss der im Erbvertrag getroffenen Vereinbarungen. 

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FAQ: Erbvertrag

Der Erbvertrag ist ein Dokument, das es dem Erblasser ermöglicht, zu Lebzeiten Entscheidungen über die Weitergabe seines Vermögens zu treffen. Er wird zwischen dem Erblasser und mindestens einer weiteren Partei geschlossen und muss notariell in Anwesenheit von zwei Zeugen beglaubigt werden.

Im Gegensatz zu einem Testament sind bei einem Erbvertrag alle Parteien über den Inhalt des Vertrages und damit über das, was vererbt werden soll, im Bilde. Es sind also mindestens zwei Parteien erforderlich, um einen Erbvertrag abzuschliessen, was bei einem Testament nicht der Fall ist. Ausserdem ist eine Änderung oder Aufhebung der Vereinbarung nur mit Zustimmung aller Parteien möglich.

Der Erbvertrag beruht, wie alle Verträge gemäss dem Schweizer Obligationenrecht, auf dem Vertrauensprinzip. Bei Konflikten über die Auslegung der Bestimmungen des Erbvertrages versucht der Gesetzgeber, eine Einigung in einem normativen Konsens zu finden.

Jeder, der mindestens 18 Jahre alt ist und über eine Erbschaft verfügt, kann sich für den Abschluss eines Erbvertrags entscheiden, um den Übergang seines Vermögens nach dem Tod zu regeln. Der Erbvertrag eignet sich besonders für unverheiratete Paare und gemischte Familien.

Es gibt zwei Arten von Erbverträgen. Der erste wird als Erbzuwendungsvertrag oder Erbeinsatzvertrag bezeichnet und ermöglicht es, eine Person als Haupterben einzusetzen. Der andere Vertragstyp ist der sogenannte Erbverzichtsvertrag, mit dem ein gesetzlicher Erbe auf seinen Pflichtteil am Erbe verzichtet, in der Regel gegen eine finanzielle Entschädigung.

Nein. Ein Erbvertrag muss von einem Notar aufgesetzt und beglaubigt werden, um gültig zu sein. Der Vertragsabschluss muss ausserdem von zwei Zeugen bestätigt werden.

Nach Schweizer Erbrecht haben Ehegatten und Nachkommen eines Erblassers per Gesetz Anspruch auf einen Pflichtteil am Erbe. Es ist jedoch möglich, einen Erbverzicht von einem Kind zu erwirken, indem ein Erbverzichtsvertrag aufgesetzt wird, in dem das betreffende Kind meist gegen eine Entschädigung auf einen Pflichtteil verzichtet.

Gesetzesartikel

Funktion des Erbvertrags (Artikel 494 ZGB)

Erbverzichtsvertrag Artikel (495 ZGB)

Widerruf des Erbvertrags (Artikel 513ff ZGB)

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