Erbvertrag anfechten:
Unter diesen Voraussetzungen ist es möglich

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Kalender Icon 02. Februar 2024

Eine Erbschaft ist nicht immer eine einfache Angelegenheit. Insbesondere wenn mehrere Personen beteiligt sind, kann es zu Streitigkeiten und Uneinigkeiten kommen. Ist eine erbberechtigte Person mit einem Erbvertrag nicht einverstanden, kann sie diesen unter bestimmten Voraussetzungen anfechten. In diesem Artikel erfahren Sie mehr über die Gründe, die eine Anfechtung rechtfertigen können, und über die gesetzlichen Grundlagen.

Auf einen Blick

  • Ein Erbvertrag regelt das Vermächtnis einer Person. Der Erblasser legt darin zu Lebzeiten fest, was nach seinem Tod mit seinem Vermögen geschehen soll.
  • Die Anfechtung eines Erbvertrages hat zum Ziel, den Erbvertrag oder einzelne Bestimmungen des Erbvertrages für ungültig zu erklären.
  • Um einen Erbvertrag erfolgreich anfechten zu können, muss ein wichtiger Grund vorliegen. Es gibt verschiedene Gründe für eine Anfechtungsklage.

Was ist ein Erbvertrag?

Ein Erbvertrag regelt den Nachlass einer Person. Er ist eine besondere Form der letztwilligen Verfügung. Damit gehört der Erbvertrag in die gleiche Kategorie wie das Testament, unterscheidet sich aber in einigen wichtigen Punkten. So kann ein Testament vom Erblasser allein errichtet werden und ist auch ohne notarielle Beurkundung gültig. Ein Erbvertrag hingegen bedarf der Zustimmung beider Vertragsparteien, also des Erblassers und der unmittelbar betroffenen Erbinnen. Bei der Errichtung eines Erbvertrages müssen nicht nur beide Vertragsparteien anwesend sein, sondern auch zwei unabhängige Zeuginnen und ein Notar. Auch eine Änderung des Erbvertrags ist nur mit Zustimmung aller Beteiligten möglich.

Warum einen Erbvertrag anfechten?

Wenn eine Person einen Erbvertrag anfechten möchte, dann in der Regel mit dem Ziel, ihn für ungültig zu erklären. Dabei kann es sich entweder um die gesamte Verfügung handeln, die für ungültig erklärt werden soll, oder nur um bestimmte Paragraphen oder Teile des Vertrages. Die Anfechtung erfolgt in der Regel durch Personen, die vom Erbvertrag betroffen, aber mit diesem nicht einverstanden sind. Dafür muss aber zwingend ein nachvollziehbarer Grund vorliegen, also einer der Anfechtungsgründe erfüllt sein. Ob eine Anfechtung zulässig ist, entscheidet das zuständige Gericht.

 

Wer kann einen Erbvertrag anfechten?

Ein Erbvertrag kann von verschiedenen Personen angefochten werden, die ein berechtigtes Interesse daran haben. In den meisten Fällen ist dies eine Person, die durch ein früheres Testament oder durch die gesetzliche Erbfolge begünstigt worden wäre. Es muss sich also nicht um die gesamte Erbengemeinschaft handeln - auch Einzelpersonen können anfechten. Grundsätzlich können Erbverträge von drei verschiedenen Personengruppen angefochten werden:

  • Erben: Einzelne gesetzliche oder vom Erblasser eingesetzte Erben können einen Erbvertrag unter Angabe von Gründen anfechten.
  • Dritte: Dritte können einen Erbvertrag nur anfechten, wenn sie vom Erblasser in einer früheren Verfügung (z.B. in einem Testament) bedacht worden sind.
  • Der Erblasser selbst: Der Erblasser selbst kann ihren Erbvertrag nur in Ausnahmefällen anfechten. Dies ist zum Beispiel bei Täuschung oder Irrtum der Fall.

 

Kann ein Erbvertrag verändert werden?

Erbverträge können nur unter bestimmten Voraussetzungen geändert oder aufgehoben werden, grundsätzlich aber nur, wenn beide Vertragsparteien der Änderung zustimmen. Eine Änderung ist daher in der Regel nur zu Lebzeiten des Erblassers möglich. Sie hat in der gleichen Weise wie die Errichtung des Vertrages zu erfolgen, nämlich schriftlich und in Anwesenheit von zwei Zeugen und einer Notarin oder einem Notar.

Unter diesen Voraussetzungen ist eine Anfechtung möglich

Die Anfechtung eines Erbvertrags durch eine Erbin oder einen Dritten ist nur nach dem Tod des Erblassers möglich und muss innerhalb eines Jahres ab Kenntnis des Todesfalls erfolgen. Eine Anfechtung zu Lebzeiten ist nur in besonderen Fällen möglich. So kann die Erblasserin selbst einen Erbvertrag aus bestimmten Gründen anfechten. Nach dem Schweizerischen Zivilgesetzbuch (ZGB) ist dies beispielsweise der Fall, wenn die Verfügung mit Willensmängeln errichtet wurde (Artikel 469 ZGB). Konkret bedeutet dies, dass die Erblasserin den Erbvertrag abgeschlossen hat, weil sie bedroht, dazu gedrängt oder gezwungen wurde. Wurde der Erbvertrag aufgrund einer Täuschung oder eines Irrtums abgeschlossen, so kann der Erblasser den Erbvertrag innerhalb eines Jahres, nachdem er davon Kenntnis erhalten hat, widerrufen.

Unabhängig davon, wer einen Erbvertrag anfechten will, ist Folgendes zu beachten: Es muss zwingend ein gerichtlich durchsetzbarer Anfechtungsgrund vorliegen. Es gibt verschiedene Gründe, aus denen ein Erbvertrag angefochten werden kann. Im Folgenden werden einige der häufigsten Fälle näher erläutert.

Arten der Anfechtung

Um einen Erbvertrag erfolgreich anfechten zu können, müssen bestimmte Anfechtungsgründe vorliegen. Es gibt verschiedene Arten von Gründen, warum ein Erbvertrag ungültig sein soll. In den meisten Fällen geht es darum, dass eine Ungerechtigkeit vorliegt oder eine Verfügung irrtümlich getroffen wurde. Nachfolgend sind einige der häufigsten Anfechtungsgründe aufgeführt:

 

Willensmängel, Sittenwidrigkeit oder Gesetzwidrigkeit

Ein Erbvertrag kann durch Anfechtung für ungültig erklärt werden, wenn er aus Willensmängeln geschlossen wurde. Dies ist zum Beispiel der Fall, wenn die Erblasserin den Erbvertrag unter irrtümlich für wahr gehaltenen Umständen unterschrieben hat. Dieser Irrtum kann auf einem Versehen beruhen oder absichtlich durch einen Täuschungsversuch herbeigeführt worden sein.

Der Erbvertrag ist auch anfechtbar, wenn der Erblasser zum Zeitpunkt der Errichtung geschäftsunfähig war. Dies ist beispielsweise der Fall, wenn der Erblasser noch nicht 18 Jahre alt oder nicht urteilsfähig war. Auch ein unsittlicher oder widerrechtlicher Inhalt oder eine an den Vertrag geknüpfte Bedingung führen zur Anfechtbarkeit des Erbvertrages (Artikel 519 ZGB).

 

Formmangel

Nach Artikel 520 ZGB kann ein Formmangel zur Ungültigkeit einer Verfügung von Todes wegen führen. Für den Erbvertrag gelten die gleichen Formvorschriften wie für die öffentliche letztwillige Verfügung. Dazu gehört unter anderem, dass die Urkunde sowohl vom Erblasser als auch vom Notar unterzeichnet und datiert ist (Artikel 499 f. ZGB). Ist dies nicht der Fall, kann ein Anfechtungsgrund vorliegen.

 

Herabsetzungsklage

Werden in einem Erbvertrag die gesetzlichen Pflichtteile widerrechtlich ausgeschlossen, so kann der ganze Erbvertrag oder die entsprechenden Paragraphen angefochten werden. Wird der Anfechtung stattgegeben, so werden die betroffenen Bestimmungen nicht direkt unwirksam oder nichtig. Sie müssen lediglich angepasst oder korrigiert werden, um den gesetzlichen Anforderungen zu genügen. Diese so genannte Herabsetzungsklage wird in den Artikeln 522 ff. ZGB geregelt.

Eine Herabsetzungsklage kann auch gestützt auf Artikel 494 Absatz 3 ZGB erhoben werden. Nach dieser Bestimmung können Schenkungen oder letztwillige Verfügungen angefochten werden, wenn sie mit den Verpflichtungen aus dem Erbvertrag nicht vereinbar sind, indem sie die erbvertraglichen Begünstigungen schmälern oder im Erbvertrag nicht explizit vorbehalten worden sind.

 

Erbunwürdigkeit

Erweist sich ein Erbe als erbunwürdig, kann ein zu seinen Gunsten abgeschlossener Erbvertrag für ungültig erklärt werden. Die Erbunwürdigkeit kann in der Regel nur durch schwerwiegende Umstände begründet werden. Dies ist zum Beispiel der Fall, wenn die Erbin den Erblasser getötet oder die Tötung in Auftrag gegeben hat. Auch die Anwendung von Arglist, Drohung oder Zwang kann zur Erbunwürdigkeit führen (Artikel 540 ZGB).

Nichtig oder anfechtbar – was ist der Unterschied?

Eine Verfügung, die Fehler aufweist, wird in der Regel nicht automatisch ungültig, sondern lediglich anfechtbar. Konkret bedeutet dies, dass die Verfügung solange gültig bleibt, bis sie angefochten wird.

Umgekehrt können Beschlüsse auch nichtig sein. Dies ist beispielsweise dann der Fall, wenn es sich nicht um ein ernst gemeintes Testament (sogenanntes Scherztestament) handelt oder das Dokument nur zu Demonstrations- oder Lehrzwecken errichtet wurde. Dies ist mitunter schwierig zu beurteilen und muss daher im Einzelfall von einem Anwalt oder vor Gericht geprüft werden.

 

Wie kann ein Erbvertrag angefochten werden?

Um einen Erbvertrag erfolgreich anfechten zu können, müssen triftige Gründe vorliegen. Dabei ist die individuelle Situation zu berücksichtigen. Ein auf Erbrecht spezialisierter Anwalt kann am besten entscheiden, ob die vorliegenden Gründe für eine Anfechtung ausreichen. Die Anfechtungs- oder Herabsetzungsklage wird vom Anwalt beim Gericht eingereicht. Dort wird entschieden, ob die Anfechtungsgründe anerkannt werden. Ist die Klage erfolgreich, erklärt das Gericht den gesamten Erbvertrag oder die entsprechenden Paragraphen für ungültig.

 

Erbvertrag erfolgreich angefochten - was nun?

Wird dem Antragsteller recht gegeben und die Anfechtung des Erbvertrags wird anerkannt, so wird dieser unwirksam. Standen lediglich bestimmte Teile oder Absätze aus dem Vertrag zur Debatte, so werden diese gestrichen oder entsprechend angeglichen, um den gesetzlichen Vorschriften gerecht zu werden. An die Stelle des unwirksamen Erbvertrags treten dann andere Regelungen, um die Erbschaft auf die Erbengemeinschaft zu verteilen. Sind anderweitige letztwillige Verfügungen des Erblassers vorhanden, so hält man sich zuerst an diese. Ansonsten tritt die gesetzliche Erbfolge in Kraft (Artikel 457 ff. ZGB).

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FAQ: Erbvertrag anfechten

Ein Erbvertrag ist eine besondere Form der letztwilligen Verfügung von Todes wegen. Die betreffende Person bestimmt darin, wer nach ihrem Tod welche Anteile von ihrem Vermächtnis erhalten soll. Der Erbvertrag wird gemeinsam von der betreffenden Person und den Erbinnen beschlossen und unterzeichnet.

Ein Erbvertrag wird meistens dann angefochten, weil eine Person nicht mit dessen Inhalten einverstanden ist. Liegen wichtige Gründe vor, die eine Anfechtung legitim machen, so kann diese vorgenommen werden.

Ein Erbvertrag kann von einer Erbin angefochten werden. Auch dritte Personen, die in einem etwaigen Testament oder einer anderen Verfügung bedacht worden wären, können eine Anfechtung vornehmen. In Ausnahmefällen kann auch der Erblasser selbst zu Lebzeiten seinen Erbvertrag anfechten.

 

Im Regelfall kann ein Erbvertrag erst nach dem Tod des Erblassers angefochten werden. Dies muss innerhalb von einem Jahr erfolgen. Die Frist beginnt dabei an jenem Zeitpunkt, an dem die Erbin vom Tod des Erblassers erfahren hat oder sich über den Anfechtungsgrund bewusst wurde.

 

Es gibt verschiedene Gründe, aus denen Erbverträge oder Verfügungen angefochten werden können. Zu den gängigsten gehören Formmängel, unsittlich oder rechtswidrige Inhalte und ein fehlender Willen aufseiten des Erblassers.

 

Das Ziel einer Herabsetzungsklage liegt nicht darin, eine Verfügung als gänzlich ungültig zu erklären. Sie wird zum Beispiel eingesetzt, wenn in einem Erbvertrag die gesetzlich festgelegten Pflichtteile nicht bedacht wurden. Wird der Klage stattgegeben, so muss die Verfügung entsprechend angepasst werden, die einzelnen Erbteile werden dann neu verteilt, um die Pflichtteile einzuhalten.

 

Wird dem Antrag stattgegeben und die Anfechtung als rechtskräftig erklärt, werden die entsprechenden Abschnitte aus dem Erbvertrag oder der gesamte Vertrag als unwirksam erklärt. Dann treten entweder anderweitige letztwillige Verfügungen in Kraft oder es greifen die gesetzlichen Regelungen (z. B. die gesetzliche Erbfolge).

 

Gesetzesartikel

Ungültige Verfügungen aus mangelhaftem Willen (Artikel 469 ZGB)

Formmängel (Artikel 520 ZGB)

Herabsetzungsklage (Artikel 522 ZGB)

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