Die Erbfolge im Testament
in der Schweiz: allgemeine Informationen

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Kalender Icon 07. Februar 2022

Die gesetzliche Erbfolge in der Schweiz unterliegt ganz bestimmten Regeln, im Gegensatz zur Erbfolge im Testament, die vom Testator frei bestimmt werden kann. Dieser Willensfreiheit sind jedoch Grenzen gesetzt, insbesondere durch den Pflichtteil der gesetzlichen Erben. In diesem Artikel erfahren Sie, wie Sie die Regeln der gesetzlichen Erbfolge durch ein Testament ändern können, welche Beschränkungen gelten und wann die gesetzliche Erbfolge relevant ist.

Auf einen Blick

  • Die testamentarische Erbfolge wird in der Schweiz auch als gewillkürte Erbfolge bezeichnet.
  • Prinzipiell kann der Erblasser in einem Testament frei entscheiden, wer erben soll.
  • Die Freiheit des Testaments wird durch den Pflichtteil der gesetzlichen Erben eingeschränkt. 

Gesetzliche Erbfolge und Erbfolge im Testament: Was sind die Unterschiede?

In der Schweiz gibt es im Wesentlichen zwei Möglichkeiten, seinen Nachlass zu regeln: die gesetzliche Erbfolge oder die testamentarische Erbfolge (auch gewillkürte Erbfolge genannt). Damit eine Erbfolge "legal" ist, muss sie den Regeln folgen, die nach dem Erbrecht der Schweiz für alle gelten. Sämtliche gesetzlichen Regulationen über das Erbrecht finden sich im dritten Teil des schweizerischen Zivilgesetzbuchs (ZGB) ab Artikel 457.

Die gesetzliche Erbfolge ist hierin ein System, das den Nachlass auf die gesetzlichen Erben eines Erblassers verteilt, die gemäss Artikel 457 bis 462 ZGB in verschiedene Ränge (Parentelen) eingeteilt sind. Gibt es mehrere gesetzliche Erben, so entsteht automatisch eine sogenannte Erbengemeinschaft. Dann erfolgt die Verteilung des Erbes auf der Grundlage einer Berechnung der Erbquote, die sich nach der Anzahl der Mitglieder der Erbengemeinschaft richtet.

Wird hingegen ein Testament errichtet, gelten die Regeln der gesetzlichen Erbfolge nicht, und das Erbe kann nach den Wünschen des Erblassers verteilt werden. Auch hier müssen Erblasserinnen und Erblasser dennoch den sogenannten Pflichtteil der gesetzlichen Erben beachten. Darüber hinaus gibt es keine weiteren Beschränkungen, und der Erblasser kann den verbleibenden Nachlass, freie Quote genannt, jedermann vermachen - sei es einer juristischen Person, einem Verein oder einer gemeinnützigen Organisation (Artikel 470 und 471 ZGB).

Wann tritt die testamentarische Erbfolge ein? 

Wie die gesetzliche Erbfolge tritt auch die testamentarische Erbfolge in Kraft, sobald das Testament eröffnet wird, d. h. nach dem Tod des Erblassers. Nur im Falle eines Erbvertrags können die Erbschaftsregeln vor dem Tod angewendet werden.

Welche Formen von Testamenten gibt es? 

Es gibt mehrere Möglichkeiten, seinen letzten Willen in Bezug auf das Erbe in einem Testament festzulegen. Die gebräuchlichste Form des Testaments ist das eigenhändige Testament gemäss Artikel 505 ZGB, das handschriftlich verfasst ist. Dieses Dokument muss deutlich als "Testament" gekennzeichnet sein, die Identität der Person nennen, die das Testament verfasst hat, und es muss datiert und unterzeichnet sein, um rechtsgültig zu sein. Sie kann in der Wohnung des Erblassers aufbewahrt oder bei einem Amtsträger oder einem Notar hinterlegt werden.

Wird das Testament von einem öffentlichen Amtsträger oder einer Notarin aufgesetzt, spricht man von einem öffentlichen Testament. Der Notar nimmt die Verfügungen des Erblassers auf, und das Dokument wird in Anwesenheit von zwei Zeugen unterzeichnet und anschliessend vom Amtsträger aufbewahrt (Artikel 499 bis 504 ZGB). Schliesslich ist es auch möglich, ein mündliches Testament zu hinterlassen, allerdings nur, wenn aussergewöhnliche Umstände ein öffentliches oder eigenhändiges Testament verhindern (Artikel 506 ZGB). Aus diesem Grund wird diese Art des Testaments auch „Nottestament“ genannt. Es kann beispielsweise dann errichtet werden, wenn sich der Erblasser in unmittelbarer Todesgefahr befindet. Das mündliche Testament muss an zwei Zeugen weitergegeben werden, die es so schnell wie möglich niederschreiben und bei einer Gerichtsbehörde vorlegen müssen (Artikel 507 ZGB).

Welche Grenzen hat die Erbfolge im Testament?

Obwohl die Erbfolge im Testament es Ihnen ermöglicht, Ihren Nachlass an die Personen zu verteilen, die Sie wünschen, sieht das schweizerische Erbrecht einen Pflichtteil für die gesetzlichen Erben vor, der nicht durch ein Testament umgangen werden kann. So haben die Erbinnen und Erben, auch wenn sie nicht im Testament aufgeführt sind, Anspruch auf einen Teil des Vermögens: Dies wird als Pflichtteil oder Erbschaftsreserve bezeichnet. Dieser Pflichtteil ist eine Garantie für Nachkommen, Eltern und den Ehegatten oder eingetragene Lebenspartnerin der verstorbenen Person.

Der Pflichtteil ist den Angehörigen des Verstorbenen vorbehalten, die als seine gesetzlichen Erben gelten. So haben grundsätzlich Ehegatten, eingetragene Lebenspartnerinnen und -partner, die Nachkommen und die Eltern der verstorbenen Person unabhängig von den Bestimmungen im Testament Anspruch auf ihren Pflichtteil (Artikel 471 ZGB). Die Aufteilung des Nachlasses erfolgt in einer bestimmten Reihenfolge unter den verschiedenen Familienmitgliedern, je nach ihrem Parentel.

  • Ehegatten und eingetragene Lebenspartner: Der Ehegatte oder eingetragene Partner sind die Erben des ersten Parentels. In diesem ersten Rang wird dem verbliebenen Partner das verfügbare Erbe zu 50 % zugesprochen.
  • Die direkten Nachkommen: Die Nachkommen, d.h. die Kinder oder Enkel der verstorbenen Person, haben einen Pflichtteilanspruch auf 75 % des gesetzlichen Erbanspruchs.
  • Die Eltern: Auch die Eltern des Erblassers oder der Erblasserin haben einen gesetzlichen Anspruch auf das verfügbare Erbe. Ihnen steht je 50 % des gesetzlichen Erbanspruch zu.

Wie hoch ist die freie Quote? 

Der Teil des Erbes, den der Erblasser nach Belieben verteilen kann, wird als freie Quote oder auch verfügbarer Teil bezeichnet. Die freie Quote wird durch eine einfache Berechnung ermittelt: das verfügbare Vermögen abzüglich des Pflichtteils an die jeweiligen gesetzlichen Erbinnen und Erben (Artikel 470 ZGB). Gibt es keine gesetzlichen Erben, so kann der Testator oder die Testatorin über den gesamten Nachlass frei verfügen.

Im Todesfall wird der verfügbare Anteil gemäss den Bestimmungen des Testaments frei vererbt. Die Höhe der freien Quote ist dabei variabel und hängt in erster Linie von der Grösse der Erbengemeinschaft und der Höhe der Erbschaftsreserve ab. Der verfügbare Anteil ist dementsprechend kleiner, wenn die Zahl der Erben und die Höhe der Erbschaftsreserve hoch sind. Ausserdem werden gemäss Artikel 474 ZGB etwaige Schulden des Erblassers sowie Kosten für das Begräbnis von der Erbschaft abgezogen. 

Tipp: Um spätere Erbstreitigkeiten zu vermeiden, ist es empfehlenswert, sich bereits zu Lebzeiten ausführlich mit den Bestimmungen über den eigenen Nachlass auseinanderzusetzen. Anwältinnen und Anwälte für Erbrecht können Ihnen dabei helfen, die richtigen Pflichtteile sowie die freie Quote für Ihr Vermögen zu errechnen und gemeinsam mit Ihnen ein rechtsgültiges und eindeutiges Testament errichten.

Ist es möglich, einen gesetzlichen Erben im Testament zu enterben? 

Mit einem Testament kann man nicht nur das eigene Vermögen vererben, sondern auch Personen mit einem Anspruch auf den gesetzlichen Pflichtteil in gewissem Masse enterben. Es ist in der Tat möglich, bestimmte Personen unter strengen Voraussetzungen testamentarisch von der Erbfolge auszuschliessen. Der einzige Fall, in dem ein gesetzlicher Erbe enterbt werden kann, ist, wenn er als erbunwürdig angesehen wird (Artikel 477 ZGB). Für die Unwürdigkeit des Erben muss ein rechtlicher Grund vorliegen: Es muss sich um eine Straftat handeln, die gegen den Erblasser oder gegen den Nachlass begangen wurde, oder um eine Straftat gegen eine dem Erblasser nahestehende Person.

Es ist auch möglich, dass eine gesetzliche Erbin keine Erbschaft erhält, wenn diese von sich aus auf ihren Anteil an der Erbschaft verzichtet. Dazu ist es erforderlich, dass zu Lebzeiten des Erblassers ein einvernehmlicher Erbvertrag zwischen dem jeweiligen Erblasser und der Erbin abgeschlossen wird (Artikel 495 ZGB). Die Erbin erklärt sich damit offiziell einverstanden, auf ihr Erbe zu verzichten. Im Allgemeinen führt der Verzicht auf den Pflichtteil zu einer finanziellen Entschädigung.

Wie hoch sind die Steuern auf das Erbe aus einem Testament?

Wer ein Erbe oder eine Schenkung erhält, muss in der Regel darauf auch eine Erbschaftssteuer zahlen. Die Höhe dieser Steuer hängt von mehreren Faktoren ab, z. B. von der Beziehung zwischen dem Erblasser und dem Erben sowie von der Höhe des Erbes. Nur Ehegatten und eingetragene Lebenspartner sind von der Erbschafts- und Schenkungssteuer befreit. Darüber hinaus werden direkte Nachkommen der verstorbenen Person in vielen Kantonen nicht oder zu einem niedrigeren Satz besteuert. Die Erbschaftssteuer ist wie die Schenkungssteuer im Wohnsitzkanton des Erblassers zu entrichten, und die Steuersätze sind daher von Kanton zu Kanton unterschiedlich.

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FAQ: Erbfolge im Testament

In der Schweiz gibt es drei Gruppen von Personen, die einen Anspruch auf einen Pflichtteil haben. In erster Linie die direkten Nachkommen (Kinder), dann der Ehegatte oder der eingetragene Partner. Ausserdem haben die Eltern der verstorbenen Person einen Pflichtteilanspruch.

Bei der gewillkürten Erbfolge handelt es sich um eine Erbfolge im Testament, d. h. der Erblasser entscheidet selbst, wie er den Nachlass auf die Erbinnen und Erben seiner Wahl verteilt. In diesem Fall gelten die Regeln der gesetzlichen Erbfolge nicht, mit Ausnahme des Pflichtteils der gesetzlichen Erben.

Die gesetzliche Erbfolge tritt ein, wenn der Erblasser stirbt, ohne ein Testament oder einen Erbvertrag verfasst zu haben. In diesem Fall ist im schweizerischen Erbrecht klar definiert, wer in welchem Umfang erbberechtigt ist.

 

Das hängt davon ab, ob die Geschwister der verstorbenen Person im Testament erwähnt werden oder nicht. Nennt der Erblasser beispielsweise nur seine Schwester und nicht seinen Bruder, erbt nur die Schwester. Der Bruder hat dann keinen Anspruch auf einen Anteil am Erbe und wird stillschweigend ausgeschlossen. Er kann auch nicht auf ein Pflichtteilsrecht hinweisen.

Grundsätzlich kann ein Kind nicht vom Erbe ausgeschlossen werden, auch wenn es nicht im Testament erwähnt ist, da es einen Pflichtteilanspruch hat. Nur ein Nachkomme, der als erbunwürdig angesehen wird, kann vom Erbe ausgeschlossen werden. Hierfür muss jedoch ein rechtlicher Grund vorliegen, warum dieser als erbunwürdig angesehen wird. Ein Kind kann auch in einem Erbvertrag freiwillig auf seinen Pflichtteil verzichten.

Ein Testament kann handschriftlich oder per Computer verfasst werden. Es gibt keine formalen Anforderungen, jedoch muss das Dokument den Titel "Testament" tragen, datiert und unterzeichnet sein und die Identität des Erblassers nennen. Ein Testament muss nicht zwingend von einem Notar aufgesetzt werden und kann in bestimmten Ausnahmefällen auch mündlich verfasst werden.

Der Pflichtteil ist der Teil des Erbes, der an die gesetzlichen Erben ausgezahlt werden muss. Dieser Pflichtteil kann auch nicht durch ein Testament umgangen werden. Es gibt drei Ränge von gesetzlichen Erben, die Anspruch auf den jeweiligen Pflichtteil haben.

Hinterlässt ein Erblasser einen Ehegatten und Kinder, so erhalten diese unabhängig von den testamentarischen Bestimmungen einen Pflichtteil am Nachlass. In diesem Fall wird das Erbe zu 50 % zwischen den Ehegatten und zu gleichen Teilen unter den Kindern aufgeteilt.

 

Gesetzesartikel

Gesetzlicher Pflichtteil (Artikel 471)

Verfügbarer Teil (Artikel 470)

Enterbung (Artikel 477)

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