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Möchten Sie als Schweizer Bürger oder Bürgerin Ihr Erbe in guten Händen wissen, haben Sie die Möglichkeit, zwischen einem Testament oder einem Vermächtnis zu wählen. In diesem Artikel erklären Ihnen den Unterschied und Ihre wichtigsten Rechte und Pflichten in diesem Zusammenhang.
Innerhalb eines Vermächtnisses kann laut dem Schweizerischen Zivilgesetzbuch (ZGB) ein Erblasser oder eine Erblasserin einer Person Geld- oder Sachwerte überlassen, obwohl diese nach dem Schweizer Erbrecht nicht zwingend in der Erbreihenfolge berücksichtigt ist (Artikel 562 ZGB). Ein Vermächtnis entspricht dem letzten Willen einer Person und wird durch die Erwähnung im Testament oder Erbvertrag festgelegt. In der Schweiz wird ein Vermächtnis auch häufig als Legat bezeichnet.
Artikel 563 ZGB beinhaltet keine Vorgabe, welche Gegenstände, Geld- oder Sachwerte innerhalb eines Vermächtnisses vererbt werden dürfen oder welche nicht. Häufig handelt es sich zum Beispiel um Kunstgegenstände, Schmuck oder persönliche Dokumente. Es ist jedoch auch möglich, Rechte zu vererben. Darunter kann beispielsweise das Wohnrecht in Ihrem Haus zählen.
Als Person, die zum Erhalt eines Vermächtnisses infrage kommen kann, definiert das Gesetz sowohl natürliche Personen als auch beispielsweise Vereine, Museen oder soziale Einrichtungen. Der Vermächtnisempfänger wird auch als Vermächtnisnehmer bezeichnet.
Ein Vorausvermächtnis vor allem dann sinnvoll, wenn Sie sicherstellen möchten, dass bestimmte Gegenstände in bestimmte Hände gelangen, oder wenn Sie verhindern möchten, dass ein Erbgegenstand verkauft werden müsste, um den Gegenstandswert danach als Geldwert zwischen Ihrer Erbengemeinschaft aufteilen zu können.
Bestimmt der Erblasser laut Artikel 488 ff. ZGB in seinem Testament einen Nachvermächtnisnehmer, so bedeutet dies, dass der vererbte Gegenstand zuerst an einen Vorvermächtnisnehmer geht und dieser dann den Nachlass nach einer bestimmten Zeit an eine andere Person – in diesem Fall den Nachvermächtnisnehmer – übergibt. Mit einer solchen Festsetzung in Ihrem Testament ist es Ihnen somit möglich, einen für Sie wertvollen Gegenstand zum Beispiel zuerst an Ihren Sohn oder Ihre Tochter und später an Ihre Enkelin oder Ihren Enkel zu vermachen. Auch andere gewünschte Konstellationen sind hier möglich.
Möchten Sie, dass eine Person etwas Bestimmtes mit vollem Recht nutzen oder weiternutzen darf, obgleich ihr das entsprechende Hab und Gut nicht oder nicht mehr gehört, können Sie das innerhalb einer Nutzniesserschaft in Ihrem Testament festlegen. Nach Artikel 745 ff. ZGB wird hierbei von einer Personaldienstbarkeit gesprochen. Zum Einsatz kommen kann eine Nutzniessung im Erbrecht zum Beispiel dann, wenn Sie Ihr Wohneigentum Ihrem Kind vererben, aber sicherstellen möchten, dass Ihr Ehepartner bis zu seinem Tode weiterhin darin wohnen bleiben darf.
Die Art des nutzniessenden Gegenstandes ist gesetzlich geregelt. Es muss sich um eine unbewegliche Sache in Form eines Grundstücks, einer Immobilie, einem Teil einer Immobilie oder um einen bestimmten Gegenstand handeln. Es kann auch das Recht auf ein Vermögen oder Teilvermögen sein.
Die entsprechende Person mit Wohnrecht darf nicht vermieten. Das ist bei einer Nutzniesserschaft anders. Dafür muss laut Artikel 766f. ZGB eine Person mit Nutzniesserschaft für Hypotheken, Versicherungen und Nebenkosten aufkommen. Beim Wohnrecht fallen eine mögliche Miete an den Eigentümer und Nebenkosten an. Hinsichtlich der Steuern hat eine Person mit Nutzniesserschaft den amtlichen Immobilienwert sowie etwaige Mieteinkommen selbst zu versteuern. Beim Wohnrecht fällt eine Versteuerung der bezahlten Miete an. Bestimmte Abzüge sind möglich und eine Schenkung kann unter Umständen sinnvoll sein. Sind Sie sich nicht sicher, welche Option in Ihrer Situation günstiger ist, empfiehlt es sich, einen Anwalt für Erbrecht zurate zu ziehen.
Ein Vermächtnisnehmer kann die Herausgabe seines Nachlasses als Nichtmitglied einer Erbengemeinschaft nicht beim Nachlassgericht einfordern, da er rechtlich gesehen Gläubiger der Erbengemeinschaft ist. Daher gilt es, die Erbengemeinschaft zunächst zur Herausgabe aufzufordern. Falls diese auf die Forderung nicht reagiert, kann der Vermächtnisnehmer die Erbengemeinschaft schriftlich abmahnen – dies ist der letzte Schritt, bevor es zur Klage kommt. In diesem Fall ist es ratsam, einen Rechtsbeistand zu konsultieren – am besten bereits, bevor die Klage eingereicht wird.
Wenn eine Person sowohl rechtliche Erbin als auch Vermächtnisnehmerin ist, kann es bei nicht eindeutigen Formulierungen im Testament zu Unklarheiten kommen, ob es sich beim vererbten Gegenstand um ein Vermächtnis oder eine Teilungsvorschrift handelt. In diesem Fall wird der geldwerte Gegenstand vom Pflichterbteil abgezogen. Achten Sie deshalb auf klare Formulierungen.
Beispiel für eine unklare Formulierung:
«Ich möchte, dass Mark meine Uhrensammlung bekommt.»
Beispiel für eine klare Formulierung:
«Ich vererbe Marie meine Uhrensammlung im Rahmen eines Vermächtnisses.»
Eine Fachanwältin für Erbrecht kann Sie beim Aufsetzen Ihres Testaments oder Erbvertrags entsprechend unterstützen.
Wie bereits erwähnt, sind exakte Formulierungen bei einem Vermächtnis besonders wichtig. Allein dadurch lassen sich mögliche Erbstreitigkeiten bereits vermeiden. Auf folgende Dinge sollten Sie besonders achten:
Wenn über den Erfüllungszeitpunkt eines Vermächtnisses im Testament nichts erwähnt ist, kann ihn die Erbengemeinschaft selbst bestimmen. Ein Vermächtnisnehmer kann die Herausgabe des Vermächtnisses gegenüber der Erbengemeinschaft einklagen. Um mögliche Erbstreitigkeiten von Vornherein zu vermeiden, ist es empfehlenswert, den entsprechenden Zeitpunkt im Testament vorab festzulegen.
Ebenso wie bei einer Erbschaft erfolgt die Besteuerung von jeder Einzelperson des Vermächtnisses selbst. Die tatsächliche Höhe der Erbschaftssteuer richtet sich nach dem Wert des Vermächtnisses sowie nach dem Verwandtschaftsgrad der jeweiligen Person. In der Regel zahlen enge Verwandte weniger Steuern als Familienmitglieder der nächsten Verwandtschaftsgrade. Je höher der Besitzwert ist, umso mehr Steuern kommen auf die Erbinnen zu. Ein Aufschub der Besteuerung ist unter bestimmten Voraussetzungen möglich.
Sonderfall – wohltätige Organisationen: Handelt es sich beim Vermächtnisnehmer um eine wohltätige Einrichtung oder soziale Organisation, entfällt die Besteuerung in diesem speziellen Fall.
Ein Vermächtnis erlischt durch den Tod des Vermächtnisnehmers, es sei denn, er ist Vorvermächtnisnehmer. In diesem Fall geht das Vermächtnis an die Nachvermächtnisnehmerin über. Stirbt diese Person ebenfalls, gilt das ursprüngliche Vermächtnis wieder als sonstiger Nachlass.
Kettenvermächtnisse sind in der Schweiz verboten (Artikel 488 ZGB). Das heisst, die Erblasserin darf höchstens einen Nachvermächtnisnehmer bestimmen. Kommt die Erbengemeinschaft zu einer entsprechenden Einigung, dann ist es dem Nachvermächtnisnehmer zu Lebzeiten möglich, gegebenenfalls aus eigenen Stücken ein entsprechendes Testament aufsetzen. Im Zweifelsfall kann Sie ein Anwalt für Erbrecht beraten.
Ein Vermächtnis ist insbesondere dann sinnvoll, wenn Sie eine Person begünstigen möchten, die nicht in der gesetzlichen Erbfolge vorgesehen wäre. Der Vorteil ist, dass Sie mit einem Vermächtnis nicht auch die Schulden vererben, wie es bei einer regulären Erbschaft der Fall ist. Ein Vermächtnis ist auch die Lösung, wenn Sie eine gemeinnützige Organisation an Ihrem Erbe teilhaben lassen möchten.
Als Schweizer Bürger dürfen Sie Ihr Testament grundsätzlich allein aufsetzen, es bedarf gesetzlich weder eines Notars noch einer Anwältin. Um möglich rechtliche Probleme zu vermeiden und sicherzustellen, dass Ihr Erbe auch tatsächlich jene Personen erhalten, die Sie begünstigen möchten, ist die Konsultation eines Rechtsbeistandes empfehlenswert.
Innerhalb eines Vermächtnisses hat der Erblasser die Möglichkeit, jemanden an seinem Erbe teilhaben zu lassen, der in der gesetzlichen Erbfolge nicht vorgesehen ist. Das kann eine bestimmte Person oder auch eine wohltätige Organisation sein.
Bei einem Vorausvermächtnis ist der Vermächtnisempfänger gleichzeitig einer der rechtlichen Erben. Mit einem Vorausvermächtnis kann einer gewünschten Person ein bestimmter Gegenstand vererbt werden.
Mit einem Nachvermächtnis ist zuerst der Vorausvermächtnisnehmer Empfänger des Vermächtnisses, danach wird es dem Nachvermächtnisempfänger zugeteilt. Eine beispielhafte Konstellation wäre, dass ein Kind als Vorausvermächtnisnehmer und ein Enkelkind als Nachvermächtnisempfänger bestimmt wird.
Innerhalb einer Nutzniesserschaft berechtigt die Erblasserin eine bestimmte Person dazu, einen Gegenstand weiter nutzen zu dürfen, obwohl sie nicht der Eigentümer ist. Ein typisches Beispiel ist das weitere Wohnrecht in einem Haus.
Die Herausgabe eines Vermächtnisses hat der Vermächtnisnehmer bei der Erbengemeinschaft zu stellen. Gesetzlich gesehen ist er Gläubiger der Erbengemeinschaft.
Für die Versteuerung eines Vermächtnisses kommt jeder Vermächtnisnehmer selbst auf. Hier gilt dieselbe Regelung wie bei einer Erbschaft.
Ein Vermächtnis erlischt automatisch mit dem Tod der Vermächtnisnehmerin.
Ein Vermächtnis ist insbesondere dann sinnvoll, wenn Sie eine Person beerben möchten, die nicht in der gesetzlichen Erbfolge vorgesehen ist oder wenn Sie Ihr Erbe einer wohltätigen Organisation zukommen lassen möchten.