Alimente in der Schweiz: allgemeine Informationen und Berechnung

Uhr Icon 6 min. Lesedauer
Kalender Icon 15. Januar 2022

Der Kindesunterhalt (Alimente) ist ein wichtiges Instrument zur finanziellen Absicherung eines Kindes, dessen Eltern getrennt leben oder die geschieden sind. Doch wofür sind Alimente eigentlich da und wie hoch sind sie? In diesem Artikel erfahren Sie, nach welchen Grundsätzen und Vorgaben der Kindesunterhalt in der Schweiz berechnet wird und wie die Höhe des anfallenden Unterhalts ermittelt ist.

Auf einen Blick

  • Alimente sind eine finanzielle Unterstützung zur Deckung der Grundbedürfnisse eines Kindes.
  • Alimente stehen dem Elternteil zu, der die Betreuung (elterliche Obhut) des Kindes innehat. 
  • Der Kindesunterhalt gleicht auch den möglichen Einkommensverlust des Elternteils aus, der das Kind betreut.

Wie hängen Alimente mit dem Sorgerecht zusammen?

Die Aufrechterhaltung einer guten Beziehung zu beiden Elternteilen nach der Trennung ist für das Kind von wesentlicher Bedeutung. Doch auch Gewährleistung finanzieller Sicherheit ist wichtig für eine gesunde Entwicklung. Daher gehört die Zahlung des Kindesunterhalts per Gesetz (Art. 276 ZGB) zur Pflichtleistung beider Eltern.

Der Kindesunterhalt, auch als Alimente bezeichnet, ist eine finanzielle Unterstützung zur Deckung der Lebenshaltungskosten eines Kindes. Dies umfasst die laufend anfallenden Kosten für Pflege, Nahrung, Kleidung, Bildung, Erholung und Krankenversicherung. Leben die Eltern eines Kindes getrennt, entspricht die Höhe der Alimente somit der Höhe des Grundbedarfs des Kindes (Barunterhalt), zuzüglich eines finanziellen Ausgleichs für den möglichen Verlust der Erwerbstätigkeit des obhutsberechtigten Elternteils (Betreuungsunterhalt). Ein Elternteil kann nur dann einen Anspruch auf Erwerbsausfall geltend machen, wenn er oder sie das Kind während der normalen Arbeitszeit betreut.

Alimente und unverheiratete Paare

Der Unterhalt steht in Vertretung des minderjährigen Kindes (gemäss Art. 298 ZGB) dem Elternteil zu, der das Kind hauptsächlich betreut, unabhängig vom Familienstand der Eltern vor der Trennung oder Scheidung. Seit einer Gesetzesänderung im Jahr 2017 hat die Tatsache, ob man verheiratet ist oder nicht, keinen Einfluss mehr auf die Zahlung von Unterhalt. Früher begünstigte das Gesetz Kinder von Ehepaaren bei der Zahlung von Unterhalt, was jetzt nicht mehr der Fall ist. Gemäss Artikel 252 ZGB entsteht die Unterhaltspflicht des Vaters als Folge einer Vaterschaftserklärung beim Zivilstandsamt.

Fragen zu Alimenten?

Ihr Ex-Mann zahlt keine Alimente für die gemeinsamen Kinder? Oder Sie haben andere Anliegen rund um das Thema Alimente? Unsere  fachkundigen Anwälte für Familienrecht beraten Sie gerne.

Wie hoch sind die Unterhaltsbeiträge in der Schweiz?

Es ist schwierig, als Laie die Höhe des jeweiligen Kindesunterhalts selbst zu bestimmen, da es sich um eine komplexe Berechnung handelt, bei der viele Faktoren berücksichtigt werden müssen. Die endgültige Höhe der Alimente wird  in der Schweiz daher immer von einem Gericht festgelegt, in der Regel zum Zeitpunkt der Scheidung oder Trennung (Artikel 133 ZGB). Die Berechnung basiert gemäss Artikel 285 ZGB auf der Vermögenssituation der Eltern und den Bedürfnissen ihres Kindes und kann daher nicht verallgemeinert werden. Die Beratung eines Anwalts wäre daher sehr empfehlenswert.

Eine Möglichkeit, die Höhe der anfallenden Alimente grob einzuschätzen, ist die Züricher Kinderkostentabelle zu nutzen. Dabei handelt es sich ein jährlich veröffentlichtest Raster, das die durchschnittlichen monatlichen Kosten für den Grundbedarf eines Kindes je nach Alter anzeigt. Allerdings kann die Höhe der Alimente je nach Kanton etwas variieren. Bei der Unterhaltsberechnung wird ausserdem immer das Einkommen des zahlungspflichtigen Elternteils berücksichtigt. Je höher dessen Lebensstandard und Einkommen sind, desto höher ist auch der Unterhaltsbetrag.

Neuberechnung der Alimente

Die Höhe der Alimente in der Schweiz kann vom Gericht neu festgesetzt werden, wenn sich die Lebensumstände der Eltern oder die Bedürfnisse des Kindes ändern (Art. 134 ZGB). Ändern sich beispielsweise die Sorgerechtsregelungen und übernehmen beide Elternteile abwechselnd die elterliche Obhut für das Kind, kann der Unterhaltsbetrag reduziert werden. Dies liegt daran, dass auch die Betreuungsanteile beider Elternteile in die Berechnung der Alimente mit einfliesst. Hat der sorgeberechtigte Elternteil beispielsweise aussergewöhnliche Ausgaben für das Kind (z. B. für die medizinische Versorgung) oder hat er oder sie einen erheblichen Arbeits- und Einkommensverlust aufgrund der Betreuung, kann der Unterhaltsbetrag auch dementsprechend erhöht werden.

Unterhalt für ein volljähriges Kind

Das schweizerische Recht sieht vor, dass Unterhaltszahlungen bis zur Volljährigkeit des Kindes, d. h. bis zum Alter von 18 Jahren, zu leisten sind (Art. 277 Absatz 1 ZGB). Es gibt hierfür jedoch eine Ausnahme. Die Unterhaltszahlungen können verlängert werden, wenn das Kind zum Zeitpunkt der Volljährigkeit seine (berufliche oder schulische) Ausbildung nicht abgeschlossen hat (siehe Artikel 277 Absatz 2 ZGB). Diese Verlängerung kann jedoch von der Zustimmung eines Gerichts abhängig gemacht werden. Wenn das unterhaltsberechtigte Kind darüber hinaus vor dem Abschluss des Studiums mehrmals den Beruf oder das Studium wechselt, kann die Verlängerung der Alimentenzahlungen ausgesetzt werden.

Wie können Sie nicht bezahlte Alimente einfordern?

Wenn Sie Ihre rechtmässigen Alimente nicht vom anderen Elternteil erhalten, können Sie ein Betreibungsverfahren einleiten, das gegebenenfalls in einer Lohnpfändung münden kann. Sie können dieses Verfahren selbst in die Wege leiten oder die Dienste des Kantons in Anspruch nehmen, um während dieser Zeit kostenlose Unterstützung und einen finanziellen Vorschuss zu erhalten (Art. 290 ZGB). Um Ihren Anspruch auf Alimente geltend zu machen, müssen Sie die folgenden Schritte unternehmen:

1. Mahnschreiben an den unterhaltspflichtigen Elternteil

Der erste Schritt bei Ausbleiben von Unterhaltszahlungen besteht darin, dem unterhaltspflichtigen Elternteil eine schriftliche Mahnung zu schicken. Sie verfügen über eine Frist von 10 Tagen ab dem Datum der Zahlung, um Ihren Antrag schriftlich per Einschreiben zu übermitteln. Setzen Sie in dem Schreiben eine Frist für die Zahlung und teilen Sie dem Vater bzw. der Mutter mit, dass ein Inkassoverfahren eingeleitet wird, wenn er oder sie den Unterhalt nicht innerhalb der neuen Frist zahlt. 

2. Verfahren zur Betreibung

Wenn eine Mahnung keine Wirkung zeigt, können Sie ein Inkassoverfahren einleiten. Dazu müssen Sie sich an das Betreibungsamt am Wohnort des Schuldners wenden. Die Einleitung eines Inkassoverfahrens ist mit Kosten verbunden, die Sie im Voraus zahlen müssen und die von der Höhe der Forderung abhängen. Diese Gebühren liegen in der Regel zwischen 40 und 100 CHF. Wenn die Unterhaltszahlung trotz der Zustellung des Zahlungsbefehls durch das Inkassobüro nach 20 Tagen noch nicht erfolgt ist, können Sie die Pfändung des Vermögens und des Einkommens verlangen.

3. Anweisung an den Schuldner

Um den Schuldner zur Zahlung aufzufordern, müssen Sie ein Zivilverfahren einleiten, indem Sie einen Antrag bei einem Gericht stellen. Dieser Antrag kann es Ihnen  ermöglichen, den Unterhaltsbetrag direkt vom Gehalt des unterhaltspflichtigen Elternteils zu pfänden. Bei diesem Verfahren gilt die Entscheidung des Gerichts nicht nur für ausstehende Beträge, sondern auch für künftige Zahlungen bis auf Weiteres (Art. 291ff. ZGB). 

4. Garantie für künftige Zahlungen

Um die künftige Unterhaltszahlung sicherzustellen, kann beim Gericht eine Bürgschaft beantragt werden. Dieses kann dann beschliessen, den ausstehenden Unterhaltsbetrag auf dem Bankkonto des unterhaltspflichtigen Elternteils zu sperren und eine monatliche Überweisung an Sie anzuordnen.

Unterstützung bei der Einforderung von Alimenten in der Schweiz

Um Alimente zu fordern, können Sie selbst tätig werden, müssen aber gegebenenfalls anfallende Kosten im Voraus bezahlen. In Verbindung mit der Nichtzahlung von Unterhalt kann dies die Situation erschweren. Es besteht dann die Möglichkeit, eine Rückgewinnungshilfe zu beantragen, die einen Unterhaltsvorschuss beinhaltet. Diesen Antrag müssen Sie an Ihre Wohnsitzgemeinde richten. Die Betreibungshilfe ermöglicht es dem Staat, Gelder direkt beim anderen Elternteil zu pfänden, indem er den Schuldner anweist und die Gelder pfändet. Bei Problemen, können Sie auch einen Anwalt für Familienrecht hinzuziehen.

Fragen zu Alimenten?

Ihr Partner zahlt keine Alimente für die gemeinsamen Kinder? Oder Sie haben andere Anliegen rund um das Thema Alimente?
Ich beraten Sie gerne persönlich.

 

 

Rahel Leimgruber

Rechtsanwältin, MLaw

Unverbindlich Anfrage starten Download Icon

FAQ: Alimente in der Schweiz

Die Höhe des Kindesunterhalts ist für den Elternteil bestimmt, der das Kind hauptsächlich betreut. Dieser Betrag soll den Bedarf des Kindes decken und gleichzeitig den möglichen finanziellen Verlust des Elternteils ausgleichen, der sich um das Kind kümmert und deshalb nicht so viel arbeiten kann wie früher.

Ja. Bei der Zahlung von Unterhalt wird der Familienstand der Eltern nicht mehr berücksichtigt. So kann der Elternteil, der für das Kind verantwortlich ist, Unterhalt für sein Kind erhalten, unabhängig davon, ob er mit dem anderen Elternteil verheiratet war oder nicht. Ermöglicht wurde dies durch eine Gesetzesänderung im Jahr 2017.

Beim Unterhalt werden die Beschäftigungssituation des betreuenden Elternteils und auch der mögliche Verlust der Erwerbstätigkeit aufgrund der Kindesbetreuung berücksichtigt. Der Unterhaltsbetrag wird beispielsweise höher sein, wenn der Vater seine Erwerbstätigkeit aufgeben oder reduzieren muss, um das Kind unter der Woche zu betreuen. Um den Erwerbsausfall geltend machen zu können, muss die Kinderbetreuung jedoch während der regulären Arbeitszeit des Elternteils stattfinden.

Der Hauptzweck des Kindesunterhalts besteht darin, den sogenannten Grundbedarf des Kindes finanziell zu decken. Die Höhe des Unterhalts muss daher dem sorgeberechtigten Elternteil ermöglichen, vollständig für sämtliche anfallenden Kosten aufzukommen. Dazu gehören die Kosten für Nahrung, Unterkunft, Kleidung, Bildung, Freizeit und Gesundheit.

Die Berechnung der Höhe der Alimente in der Schweiz ist komplex, da sie auf der tatsächlichen Situation der Eltern und des Kindes beruht und nicht auf einem statistischen Raster. Jeder Fall ist einzigartig und die endgültige Höhe der Alimente muss von einem Gericht nach der ausführlichen Prüfung verschiedener Belege festgelegt werden.

Grundsätzlich endet die Unterhaltspflicht mit Erreichen der Volljährigkeit des Kindes. Es besteht jedoch die Möglichkeit, den Unterhalt bis zum Abschluss der Berufs- oder Hochschulausbildung des Kindes zu verlängern.

Ja. Wenn sich die Bedürfnisse des Kindes oder die finanzielle und berufliche Situation eines Elternteils ändern, kann die Höhe des Unterhalts neu festgelegt werden. Sie kann erhöht oder verringert werden. Diese Anpassung kann einvernehmlich zwischen den Eltern erfolgen oder von einem Gericht beschlossen werden.

Gegen die Nichtzahlung von Kindesunterhalt gibt es Rechtsmittel. Der erste Schritt besteht darin, dem unterhaltspflichtigen Elternteil eine Mahnung zu schicken. Bleibt die Mahnung erfolglos, besteht die Möglichkeit, ein Inkassoverfahren einzuleiten oder zu betreiben. Ein Gericht kann dann anordnen, dass der Betrag direkt vom Gehalt des betreffenden Elternteils gepfändet wird.

Gesetzesartikel

Elternrechte- und pflichten gegenüber dem Kind (Art. 133 ZGB)

Veränderung der Verhältnisse (Art. 134 ZGB)

Gegenstand der Unterhaltspflicht (Art. 276 ZGB)

Diese Artikel könnten Sie ebenfalls interessieren