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Kalender Icon 15. Januar 2022

Kindesunterhalt: Alimente richtig berechnen

Die Zahlung von Kindesunterhalt ist eine wichtige Garantie für die finanzielle Sicherheit des Kindes, weshalb ihre Berechnung sorgfältig erfolgen muss. Aber wer bestimmt bei einer Trennung oder Scheidung die Höhe der sogenannten Alimente und wie setzt sich diese zusammen? In diesem Artikel erläutern wir die Grundprinzipien der Unterhaltsberechnung für Kinder, damit Sie diese besser nachvollziehen können und einen Überblick darüber erhalten, wie viel Geld Ihnen bzw. Ihrem Kind rechtmässig zusteht.

Auf einen Blick

  • Über die endgültige Höhe des Kindesunterhalts entscheidet bei einer Scheidung oder Trennung das Gericht. 
  • Dafür reichen beide Eltern diverse Dokumente beim Gericht ein, die ihre persönliche und finanzielle Situation sowie die Betreuungsanteile darlegen.
  • Der Kindesunterhalt wird in der Regel mindestens gezahlt, bis das Kind 18 Jahre alt ist.

Berechnung des Kindesunterhalts: allgemeine Informationen und Rechtslage

Die Berechnung der Alimente (Kinderunterhalt) hängt von vielen Faktoren ab, weshalb bei einer Scheidung in der Schweiz ein Gericht die endgültige Entscheidung über deren Höhe trifft (Art. 133 ZGB). Daher ist es für Laien nicht einfach, fast unmöglich, den genauen Umfang dieser Zahlungen auf eigene Faust zu bestimmen. Bei der Berechnung der Alimente berücksichtigt das Gericht mehrere Faktoren:

  • die Bedürfnisse des Kindes 
  • das Einkommen, die Ausgaben und den Beschäftigungsstatus des unterhaltspflichtigen Elternteils(Artikel 285 ZGB)

Um Alimente zu berechnen, sind die auf die Bedürfnisse des Kindes bezogenen Beträge und das Einkommen des unterhaltspflichtigen Elternteils die wichtigsten Faktoren. Um den Bedarf des Kindes zu ermitteln, können Sie sich zunächst an der Zürcher Kinderkostentabelle orientieren. Dabei handelt es sich um ein statistisches Raster, mit dem die jährlichen Kosten für den Unterhalt eines Kindes je nach Alter ermittelt werden. Je nach Kanton können diese Gebühren jedoch auch variieren. Hinsichtlich des Einkommens des unterhaltspflichtigen Elternteils gilt: je höher sein Lebensstandard, desto höher der Unterhaltsbeitrag. 

Was ist die Definition von Kindesunterhalt?

Gemäss Artikel 176 ZGB umfasst der Kindesunterhalt in der Schweiz drei Bereiche:

  • Die Pflege und Betreuung des Kindes
  • Die Erziehung des Kindes
  • Geldzahlungen für Erziehungs-, Betreuungs- und Lebenshaltungskosten des Kindes

In der Regel sind beide Eltern gleichermassen dafür verantwortlich, für den ausreichenden Kindesunterhalt zu sorgen. Sind Sie verheiratet, so besteht die Unterhaltspflicht gemäss dem Eherecht (Art. 278 ZGB). Ändern sich die familiären Verhältnisse und die Aufteilung der elterlichen Sorge jedoch aufgrund einer Scheidung oder Trennung, so werden diese Verantwortlichkeiten in der Regel neu aufgeteilt. Bei Scheidungen auf gemeinsames Begehren einigen sich die Eltern in der Regel untereinander darüber, wie die elterliche Obhut und Sorge von nun an geregelt wird und wie hoch Unterhaltszahlungen ausfallen. Bei strittigen Scheidungen werden diese Fragen vom Scheidungsgericht und im Sinne des Kindeswohls beurteilt (Artikel 133 ZGB).

Wer zahlt den Kindesunterhalt?

Die Unterhaltspflicht gegenüber einem Kind besteht bis zu dessen Volljährigkeit bzw. bis zum Abschluss seiner ersten Berufsausbildung (Art. 277 ZGB). Leben die Eltern getrennt, so ist derjenige Elternteil in diesem Zeitraum zu Unterhaltszahlungen verpflichtet, der nicht für die hauptsächliche Betreuung (elterliche Obhut) des Kindes verantwortlich ist. Bei gemeinsamem Sorgerecht und alternierender elterlicher Obhut fallen die jeweiligen Betreuungsanteile beider Eltern bei der Berechnung der Alimente mit ins Gewicht. (Art. 276 Absatz 1 und 2 ZGB) Hat jedoch beispielsweise nur die Mutter die elterliche Obhut und Sorge inne, so kann der Vater in Bezug auf die Alimente keine Betreuungszeiten gültig machen – es gelten nur Geldzahlungen. Wird der Unterhalt nicht bezahlt, können Sie bei den kantonalen Behörden ein Betreibungsverfahren einleiten oder sich an einen Anwalt für Familienrecht wenden. Letztere können auch einen Unterhaltsvorschuss gewähren, während die Betreibung eingeleitet wird (Art. 290 ZGB).

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Wie werden Alimente berechnet?

In der Schweiz ist es im Gegensatz zu anderen europäischen Ländern sehr schwierig, den korrekten Unterhaltsbeitrag für Ihr Kind oder Ihre Kinder zu berechnen. Es handelt sich hierbei um eine komplexe Berechnung, bei der viele Kriterien und zahlreiche Unterlagen geprüft und berücksichtigt werden müssen. Seit 2017 setzen sich die Alimente aus zwei Teilen zusammen: dem Barunterhalt (regulärer Kindesunterhalt) sowie dem Betreuungsunterhalt. Letzterer ist dafür gedacht, einen eventuellen Erwerbsausfall des sorgeberechtigten Elternteils aufgrund der Kindesbetreuung auszugleichen.

Die Höhe der Alimente richtet sich nach der tatsächlichen Vermögenssituation der Eltern, den Ausgaben und Einkünften des sorgeberechtigten und des unterhaltspflichtigen Elternteils, nach deren Betreuungsanteilen und nicht zuletzt auch nach den Bedürfnissen und dem Vermögen des Kindes.

Wie hoch ist der Unterhaltsbeitrag pro Kind?

Idealerweise sollte die Höhe der Alimente zwischen 15 % und 17 % des Nettoeinkommens des Elternteils liegen, der das Kind nicht hauptsächlich betreut. Bei zwei Kindern steigt sie auf eine Höhe von 25 % bis 27 % und bei drei Kindern von 30 % auf 35 %. Die Beträge variieren jedoch je nach Situation der Eltern und sind ausserdem nach Altersgruppen gestaffelt.

Gemäss der Zürcher Kinderkostentabelle betrug beispielsweise der monatliche Unterhaltsbeitrag für ein 14-jähriges Kind im Jahr 2020 durchschnittlich 1765 Schweizer Franken pro Monat. Darin enthalten sind die Kosten für die Unterkunft (565 CHF), die Verpflegung (350 CHF), die Kleidung (125 CHF), die Krankenversicherung (115 CHF) und andere Zusatzkosten (610 CHF). Bei der Berechnung wird auch die Höhe der Inflation berücksichtigt, die auf dem vom Statistischen Bundesamt ermittelten nationalen Verbraucherpreisindex beruht. Wenn ein Gericht die Höhe der Alimente ermittelt, berücksichtigt es ausserdem die Höhe des vom Statistischen Bundesamt ermittelten Landesindexes der Verbraucherpreise.

Neubeurteilung der Unterhaltszahlungen

Die Höhe des Unterhalts wird zum Zeitpunkt der Scheidung bzw. der Trennung festgelegt. Dieser Betrag kann jedoch je nach der jeweiligen Situation und den Lebensverhältnissen der Eltern  angepasst werden (Art. 134 ZGB). 

Ändern sich die Lebensverhältnisse der Eltern oder die Bedürfnisse des Kindes massgeblich, kann der Unterhaltsbetrag angemessen erhöht oder gesenkt werden. Diese Neubeurteilung kann einvernehmlich zwischen den beiden Elternteilen erfolgen oder von einem Gericht entschieden werden. So kann beispielsweise eine Neuzuteilung der elterlichen Sorge oder ein Einkommensverlust eines Elternteils der Grund für eine Neuberechnung der Alimente sein.

Wenn das Kind einen aussergewöhnlichen Bedarf hat (z. B. medizinische Versorgung), der bei der erstmaligen Berechnung nicht berücksichtigt wurde, können die Alimente ebenfalls neu festgesetzt werden

Fragen zu Alimenten?

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Ich beraten Sie gerne persönlich.

 

 

Dominic Rogger

Rechtsanwalt, lic. iur., LL.M.

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FAQ: Alimente berechnen

Die Berechnung des Kindesunterhalts ist komplex und erfordert eine gerichtliche Entscheidung. Letztere basiert auf drei Hauptkriterien: dem Bedarf des Kindes, der anhand der Zürcher Kinderbedarfskosten-Tabelle ermittelt wird, dem Einkommen und den Lebenshaltungskosten des sorgeberechtigten Elternteils und dem Einkommen des unterhaltspflichtigen Elternteils.

Im Allgemeinen ist es nicht vollständig möglich, die Höhe der Alimente pro Kind als Laie selbst zu bestimmen. Die Berechnung erfordert die Berücksichtigung vieler Faktoren und muss durch zahlreiche Unterlagen belegt werden. Ein Anwalt für Familienrecht kann Ihnen helfen, den Betrag für einen Vorschlag zu ermitteln, über den anschliessend ein Gericht entscheiden wird

Die Unterhaltspflicht für ein Kind besteht bis zur Volljährigkeit, d. h. bis zum Alter von 18 Jahren. Hat das Kind jedoch bis zu diesem Alter noch keine Berufsausbildung abgeschlossen, müssen die Unterhaltszahlungen bis zum Abschluss einer ersten Ausbildung verlängert werden.

Wenn Sie keine Unterhaltszahlungen erhalten, sind Sie dazu berechtigt, ein Betreibungsverfahren einzuleiten. Das Gesuch ist an das Betreibungsamt am Wohnsitz des Schuldners zu richten. Die Person mit Anspruch auf Alimente kann in einem solchen Fall auch staatliche Unterstützung beantragen, um die ausstehenden Beträge zurückzuerhalten und während dieses Zeitraums finanziell unterstützt zu werden.

Alimente, also monatliche Zahlungen des Kindesunterhalts, erhält diejenige Person, die das Sorgerecht und die Hauptbetreuung des gemeinsamen Kindes innehat. Der Kindesunterhalt soll die finanzielle Sicherheit des Kindes gewährleisten und einen Ausgleich für den betreuenden Elternteil schaffen. Der Anspruch auf Alimente ist nicht daran gebunden, ob die Eltern verheiratet waren oder nicht.

Der Kindesunterhalt ist eine finanzielle Unterstützung, die mehrere Aspekte im Zusammenhang mit der elterlichen Sorge für das Kind abdecken soll. Alimente müssen prinzipiell die Lebenshaltungskosten für das Kind decken (Betreuung, Ernährung, Kleidung, Wohnung, Bildung, Freizeit, Krankenversicherung). Sie soll aber auch den finanziellen Verlust ausgleichen, der durch die Kinderbetreuung und daraus möglicherweise resultierende Arbeitsunfähigkeit entsteht.

Ja, der Unterhaltsbeitrag kann sowohl nachträglich erhöht als auch verringert werden. Diese Neubeurteilung kann einvernehmlich zwischen den Eltern erfolgen oder von einem Gericht entschieden werden. In der Regel sind es Veränderungen im Lebensstandard eines Elternteils oder in den Bedürfnissen des Kindes, die zu einer Anpassung der Alimente führen. Die Höhe der Alimente kann sich auch aufgrund der Inflation ändern.

Gesetzesartikel

Dauer der Unterhaltspflicht (Art. 277 ZGB)

Unterhalt während der Ehe (Art. 278 ZGB)

Berechnung des Unterhaltsbeitrages (Art. 285 ZGB)

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