Die Gesetzeslage bei Scheidungen in der Schweiz

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Kalender Icon 15. Januar 2022

Um eine Scheidung in der Schweiz möglichst reibungslos abwickeln zu können, ist es immer empfehlenswert, sich mit den rechtlichen Bestimmungen und der aktuellen Gesetzeslage auseinanderzusetzen. Je besser Sie über diese Bescheid wissen, desto schneller können Sie auch die nötigen Schritte einleiten und Ihre Interessen in Auseinandersetzungen besser vertreten. In diesem Artikel stellen wir Ihnen die wichtigsten Aspekte des Schweizer Scheidungsrechts vor und erklären, wann Sie anwaltliche Hilfe in Anspruch nehmen sollten.

Auf einen Blick

  • In der Schweiz wird per Gesetz zwischen einvernehmlichen Scheidungen und Scheidungen auf Klage eines Ehegatten unterschieden.
  • Bei einer Scheidung in der Schweiz regelt das Gesetz insbesondere Fragen bezüglich Unterhaltszahlungen, Sorgerecht sowie der Aufteilung des ehelichen Vermögens.
  • Bei einer einvernehmlichen Scheidung können Sie und Ihr Partner mit einer Scheidungskonvention die Folgen der Scheidung eigenständig regeln.

Wie ist die gesetzliche Lage bei Scheidungen in der Schweiz?

Das Schweizer Scheidungsrecht hat das Ziel, die Folgen einer Scheidung sowohl für beide ehemaligen Ehepartner als auch für deren Kinder so gerecht wie möglich zu regeln. Dabei geht es einerseits um die wirtschaftliche Unabhängigkeit beider Partner nach der Ehe sowie um die Aufteilung gemeinsamer Besitztümer wie beispielsweise der Familienwohnung. Gibt es in der Ehe ein oder mehrere minderjährige Kinder, steht ausserdem die Wahrung des Kindeswohls durch Unterhaltszahlungen und sorgerechtliche Bestimmungen im Zentrum der Auseinandersetzungen.

Generell gilt: Keine Scheidung ist wie die andere. Dennoch gibt es rechtliche Grundbedingungen, die bestimmen, wie der scheidungsrechtliche Prozess ablaufen kann und wird. Einen massgeblichen Einfluss hat dabei, unter welchen Voraussetzungen Sie die Scheidung einreichen.

Voraussetzungen für die Scheidung

Das Schweizer Zivilgesetzbuch unterscheidet zwischen zwei verschiedenen Voraussetzungen für eine Scheidung: Zunächst gibt es die Scheidung auf gemeinsames Begehren nach Artikel 111ff. ZGB, bei der diese einvernehmlich von beiden Partnern beim Gericht beantragt wird. Unterschieden wird hier zwischen: 

  • Der umfassenden Einigung (Art. 111 ZGB): Die Partner haben sich über sämtliche Folgen der Scheidung geeinigt und legen die entsprechenden Belege und Anträge (Scheidungskonvention) dem Gericht zur Prüfung vor.
  • Der Teileinigung (Art. 112 ZGB): Die Scheidung wird einvernehmlich beantragt, jedoch gibt es Uneinigkeiten über die Scheidungsfolgen, die das Gericht entscheidet.

Als zweiten Grund gibt es Scheidung auf Klage eines Ehegatten. Auch hier gibt es zwei Varianten:

  • Die Scheidung nach Getrenntleben (Art. 114 ZGB): Ein Ehepartner verlangt die Scheidung, nachdem die Ehegatten mindestens zwei Jahre getrennt gelebt haben.
  • Die Scheidung wegen Unzumutbarkeit (Art. 115 ZGB): Die Zweijahres-Frist kann unterschritten werden, wenn die Ehe aufgrund schwerwiegender und nicht selbstverschuldeter Gründe für einen der Ehepartner unzumutbar geworden ist.

Wie regelt das Gesetz die Folgen einer Scheidung?

Eine Scheidung hat für alle Beteiligten, insbesondere auch für die Kinder des Ehepaares, grosse Konsequenzen. So müssen Sie über den Verbleib der gemeinsamen Wohnung entscheiden und die Aufteilung des ehelichen Vermögens sowie mögliche Unterhaltszahlungen und die Verteilung des Sorgerechts klären. Während manche Paare dies einvernehmlich regeln, kann es bei anderen mitunter zu Uneinigkeiten und Konflikten kommen. Daher gibt das Schweizer Zivilgesetzbuch einige Richtlinien vor, die die Folgen einer Scheidung und nachfolgende Verpflichtungen für alle Beteiligten so fair wie möglich regeln sollen.

Unterhalt: Ehepartner

In der Regel sind beide Ehepartner nach einer Scheidung dafür verantwortlich, ihren Lebensunterhalt selbst zu bestreiten. Unter Umständen kann es jedoch sein, dass beispielsweise die Partnerin zur Betreuung der Kinder während der Ehe ihre Erwerbstätigkeit aufgegeben hat – und es nun für sie schwer oder nicht möglich ist, den direkten beruflichen Wiedereinstieg zu schaffen. In einem solchen Fall kann die Partnerin gemäss Artikel 125 ZGB einen Anspruch auf nacheheliche Unterhaltszahlungen einfordern.

Das zuständige Gericht prüft in einem solchen Fall die genauen finanziellen Mittel und Bedürfnisse beider Partner während und nach der Ehe. Darauf basierend kann es eine Rente festlegen, die die Partnerin für einen festgesetzten Zeitraum bekommt. Auch eine einmalige Abfindungszahlung ist möglich (Art. 126 ZGB).

Unterhalt: Kinder

Haben Sie minderjährige Kinder, so sind beide Partner zur Fortzahlung des Kindesunterhalts nach der Scheidung verpflichtet. Das zuständige Gericht entscheidet über die Höhe der Unterhaltszahlungen. Diese richtet sich einerseits nach den Bedürfnissen des Kindes sowie nach den Vermögensverhältnissen des unterhaltspflichtigen Partners (Art. 133 ZGB).

Leben Sie beispielsweise mit dem Kind zusammen, so ist Ihr Beitrag zum Lebensunterhalt grösstenteils durch Ihre Betreuungsleistung abgedeckt. Im Gegensatz dazu ist der andere Partner zur Zahlung von monatlichen Unterhaltsleistungen verpflichtet, insofern er selbst ein Einkommen hat, das sein eigenes Existenzminimum abdeckt. Die Höhe der Zahlungen wird allerdings an den entsprechenden Anteil an der Kindesbetreuung angepasst.

Sorgerecht

In der Schweiz gilt seit 2014 als Regelfall bei Scheidungen das gemeinsame Sorgerecht. Das Scheidungsgericht oder auch die zuständige Kindes- und Erwachsenenschutzbehörde ist für die gleichmässige Aufteilung der elterlichen Rechte und Pflichten zuständig – also für Unterhaltszahlungen, die Unterkunft des Kindes, die Betreuungsanteile sowie den persönlichen Kontakt mit beiden Elternteilen.

Im Fokus stehen hier immer das Wohl und die Interessen des Kindes. So kann das Kind beispielsweise auch verlangen, im Wechsel bei beiden Eltern zu wohnen. Nur wenn das Gericht das Kindeswohl durch einen Elternteil gefährdet sieht, kann es nach Artikel 198 ZGB dem anderen Partner das alleinige Sorgerecht zusprechen.

Aufteilung des Vermögens und der Familienwohnung (Güterrecht)

Nicht zuletzt ist auch die Aufteilung der ehelichen Vermögenswerte Bestandteil eines Scheidungsprozesses. Hier greift das Schweizer Güterrecht (Art. 181-251 ZGB). Im Güterrecht wird insbesondere durch die Wahl eines der drei verschiedenen Güterstände geregelt, ob und wie Eheleute ihre Vermögenswerte während und nach einer Ehe aufteilen. Dazu gehören neben dem jeweiligen Arbeitseinkommen beider Partner auch gemeinsamer Besitz, wie beispielsweise die Familienwohnung. Es gibt die folgenden drei Güterstände:

  • Die Errungenschaftsbeteiligung nach Artikel 181 ZGB
  • Die Gütertrennung nach Artikel 247 ZGB
  • Die Gütergemeinschaft nach Artikel 221 ZGB

Der Güterstand hat einen erheblichen Einfluss darauf, wie eine güterrechtliche Auseinandersetzung bei Auflösung der Ehe abläuft. Besitzen Sie eine Immobilie bzw. die Familienwohnung gemeinsam, gilt bei allen Güterständen jedoch in der Regel, dass der Besitz jenem Partner zugeteilt wird, der das grössere Interesse daran nachweisen kann. Der andere Partner wird wertmässig für seinen Anteil an der Immobilie entschädigt.

Was kostet eine Scheidung in der Schweiz?

Die Kosten einer Scheidung in der Schweiz hängen zunächst vor allem davon ab, ob Sie die Scheidung einvernehmlich oder auf einseitiges Begehren einreichen. Im Falle einer einvernehmlichen Scheidung mit umfassender Einigung ist der Aufwand für das Gericht sowie für Anwälte am niedrigsten – und somit auch die anfallenden Kosten für das Verfahren.

Je komplexer die Lage ist und je mehr Entscheidungen das Gericht treffen muss, desto höher sind auch die Scheidungskosten. Aus diesem Grund ist es kaum möglich, einen Pauschalbetrag für die Kosten einer Scheidung anzugeben. Hinzu kommt ausserdem die Tatsache, dass die Gerichtskosten in jedem Kanton unterschiedlich hoch sind.

Wie lange dauert eine Scheidung in der Schweiz?

Auch die Dauer einer Scheidung in der Schweiz hängt von der Komplexität des Sachverhaltes ab. Grundsätzlich dauert eine einvernehmliche Scheidung in der Regel zwischen einem und sechs Monate. Im Gegensatz dazu müssen Sie bei einem einseitigen Begehren im Normalfall mindestens zwei Jahre von Ihrem Partner getrennt gelebt haben, bevor Sie die Scheidung einreichen können. Nur wenn die Fortsetzung der Ehe absolut unzumutbar ist, können Sie diese Frist unterschreiten und die Scheidung früher einreichen. Mit einer Scheidungskonvention mit umfassender oder Teileinigung haben Sie in der Schweiz somit die besten Chancen auf eine möglichst kurze Scheidungsdauer.

Wann sollte ich mich bei einer Scheidung rechtlich vertreten lassen?

Scheidungen sind in der Regel nicht nur emotional aufgeladene, sondern auch bürokratisch komplexe Prozesse. Selbst bei einer einvernehmlichen Scheidung ist es wichtig, die Bedingungen für das Aufsetzen einer Scheidungskonvention zu kennen, um diese ohne weitere Komplikationen vor Gericht durchsetzen zu können. Je strittiger eine Scheidung ist, desto wichtiger ist es, eine sachkundige Beratung an Ihrer Seite zu haben, die Sie und Ihre Interessen vor Gericht vertritt.

In diesem Sinne empfehlen wir, bei Beschluss einer Scheidung eine Beratung durch einen Anwalt für Familienrecht in Anspruch zu nehmen. Mit ihrer Expertise kann sie Ihnen einen Überblick über die geltende Rechtslage sowie Ihre Handlungsoptionen in Ihrer individuellen Situation geben. Insbesondere bei strittigen Scheidungen ist die rechtliche Hilfe eines Anwalts besonders wertvoll und kann einen erheblichen Einfluss auf die Scheidungsfolgen haben.

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FAQ: Scheidung in der Schweiz

Scheidungen sind hoch individuelle Prozesse, für deren genauen Ablauf es keine allgemeine Struktur gibt. Grundsätzlich gilt, dass Sie sich mit einem Scheidungsbegehren an das zuständige Zivilgericht in Ihrem Wohnsitzkanton wenden müssen. Lassen Sie sich am besten familienrechtlich beraten, um die notwendigen formalen Bestimmungen einzuhalten und eine Scheidungskonvention aufzusetzen.

Die Kosten einer Scheidung in der Schweiz hängen massgeblich davon ab, ob Sie diese einvernehmlich einreichen oder nicht. Die Gerichtskosten variieren ausserdem zwischen den verschiedenen Kantonen. Bei einer einvernehmlichen Scheidung können die Kosten durchaus unter CHF 1.000 liegen.

Eine einvernehmliche Scheidung dauert in der Regel zwischen einem Monat und bis zu einem halben Jahr. Je komplexer der Sachverhalt ist, desto länger können die Verhandlungen jedoch dauern. Bei einem einseitigen Begehren müssen in der Regel mindestens zwei Jahre der Trennung verstrichen sein, bevor Sie die Scheidung einreichen können.

Die Aufteilung des ehelichen Vermögens und auch der Familienwohnung wird in der Schweiz insbesondere durch das Güterrecht geregelt. Je nachdem, welchen Güterstand Sie während der Ehe hatten, steht Ihnen immer mindestens Ihr Eigengut zu, während eventueller gemeinsamer Besitz in der Regel gleichberechtigt und wertmässig unter den Partnern aufgeteilt wird. Eine Anwältin des Familienrechts kann Sie in Ihrer individuellen Situation beraten und in einer güterrechtlichen Auseinandersetzung vertreten.

Prinzipiell sollen beide Ehepartner nach einer Scheidung Ihren Unterhalt selbst zahlen. Wird jedoch die unverschuldete (bzw. aufgrund der Ehe entstandene) Bedürftigkeit einer Partnerin festgestellt, kann diese vor Gericht Ansprüche auf zeitlich begrenzte Unterhaltszahlungen geltend machen.

Seit 2014 gilt, dass auch bei einer Scheidung das gemeinsame Sorgerecht bestehen bleiben soll. Nur wenn das Kindeswohl dadurch gefährdet sein würde, kann das Scheidungsgericht einem Elternteil das alleinige Sorgerecht zusprechen.

Wird eine Scheidung auf Wunsch beider Partner eingereicht, gibt es diesbezüglich keine gesetzlichen Vorgaben. Wenn Sie eine Scheidungsklage einreichen möchten und dafür keine schwerwiegenden Gründe vorliegen, gilt jedoch eine Trennungsfrist von mindestens zwei Jahren.

 

Gesetzesartikel

Scheidung auf gemeinsames Begehren (Art. 111 ZGB)

Scheidung auf Klage eines Ehegatten (Art. 114 ZGB)

Nachehelicher Unterhalt (Art. 125 ZGB)

Elternrecht und -pflichten gegenüber dem Kind (Art. 133 ZGB)

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