Der Einfluss des Güterstands auf eine Scheidung

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Kalender Icon 15. Januar 2022

In der Schweiz können Sie in einem Ehevertrag einen Güterstand festlegen. Dieser regelt während und vor allem auch nach einer Ehe, welche Vermögenswerte und Gegenstände welchem Partner gehören. Es gibt drei Güterstände, die im Falle einer Scheidung unterschiedliche Auswirkungen auf die Vermögensteilung haben. In diesem Artikel erhalten Sie einen Überblick über die verschiedenen Güterstände und deren Einfluss auf eine Scheidung und Haftungsfälle.

Auf einen Blick

  • In der Schweiz regeln drei verschiedene Güterstände die Verteilung des Vermögens innerhalb einer Ehegemeinschaft: die Errungenschaftsbeteiligung, die Gütertrennung oder die Gütergemeinschaft.
  • Als ordentlicher Güterstand gilt per Zivilgesetzbuch Art. 196 ff. für alle Ehepaare die Errungenschaftsbeteiligung. Sie können in einem beglaubigten Ehevertrag einen anderen Güterstand auswählen.

Was versteht man unter einem Güterstand?

Der Güterstand ist Teil des Schweizer Güterrechts und bezeichnet sämtliche Regelungen, die innerhalb einer Ehe den Besitz der verschiedenen Vermögenswerte und Gegenstände beider Partner festlegen. Der jeweilige Güterstand regelt ausserdem, ob etwaige Schulden gemeinsam getragen werden oder nicht.

Wie greift das Güterrecht im Falle einer Scheidung?

Im Falle einer Auflösung der Ehe oder auch bei Eintritt eines Todesfalls hat der Güterstand einen erheblichen Einfluss darauf, wie die Güter anschliessend aufgeteilt werden und wem welche Erträge aus der Ehe zustehen. Der Vorgang, in dem die Ansprüche ermittelt und durchgesetzt werden, wird als güterrechtliche Auseinandersetzung bezeichnet und läuft je nach Güterstand unterschiedlich ab. Einen Anwalt berät Sie gerne über den Sachverhalt auf.

Welche Güterstände gibt es in der Schweiz?

In der Schweiz unterscheidet das Güterrecht grundsätzlich zwischen drei verschiedenen Güterständen: Es gibt die Errungenschaftsbeteiligung, die Gütertrennung und die Gütergemeinschaft. Als eine Art vierten Güterstand gibt es ausserdem die sogenannte modifizierte Errungenschaftsbeteiligung. Sie können vor oder während Ihrer Ehe einen dieser Güterstände wählen und in einem Ehevertrag festhalten. Dieser muss immer notariell beglaubigt werden, um rechtlich wirksam zu sein. Wenn Sie keinen Ehevertrag schliessen, legt das Gesetz in Art. 196 ff. ZGB die Errungenschaftsbeteiligung als ordentlichen Güterstand fest.

Errungenschaftsbeteiligung

In der Errungenschaftsbeteiligung wird zwischen dem Eigengut beider Ehepartner und den sogenannten Errungenschaften unterschieden. Bei diesem Güterstand geht man zunächst von keinem gemeinsamen Vermögen aus, sondern betrachtet die Gütermassen beider Ehepartner unabhängig voneinander. Das Eigengut bezeichnet nach Art. 198 ZGB alle Gegenstände und Vermögenswerte, die Sie und Ihr Partner jeweils unabhängig von der Ehe besitzen und verwalten. Als Eigengut zählen demnach beispielsweise persönliche Besitzgegenstände oder auch Erbschaften, die Sie mit in die Ehe gebracht haben.

Unter die Kategorie der Errungenschaften fallen gemäss Art. 197 ZGB die Erträge, die Sie während der Ehe individuell oder gemeinsam erzielt haben. Dazu gehören unter anderem Ihr Gehalt, Leistungen aus Ihrer Sozialversicherung oder Gewinne aus Investitionen und daraus entstandene Zinsen. Erst bei einer güterrechtlichen Auseinandersetzung wird es hier relevant, ob und welche Errungenschaften Sie und Ihr Ehepartner gemeinsam erzielt haben.

Sonderfall: Modifizierte Errungenschaftsbeteiligung

Sie haben die Möglichkeit, innerhalb eines Ehevertrages bestimmte Änderungen an der Errungenschaftsbeteiligung als gesetzlicher Güterstand vorzunehmen (Artikel 199 ZGB). So könnten Sie beispielsweise Ihren Arbeitserwerb dezidiert als Ihr Eigengut erklären oder eine Mehrwertbeteiligung ausschliessen. Solche vertragliche Änderungen haben unter anderem einen Einfluss auf erbrechtliche Fragen im Todesfall oder können der wirtschaftlichen Absicherung Ihres Unternehmens dienen. Daher ist es immer ratsam, sich anwaltlich beraten zu lassen, bevor Sie einen Ehevertrag für eine modifizierte Errungenschaftsbeteiligung aufsetzen.

Was passiert bei einer Errungenschaftsbeteiligung im Falle einer Scheidung?

Insofern Sie keine weiteren Modifikationen der Errungenschaftsbeteiligung vorgenommen haben, läuft die güterrechtliche Auseinandersetzung im Falle einer Scheidung in der Regel in sechs Schritten ab:

  • Trennung der Güter: Zuerst werden die Güter beider Ehepartner voneinander getrennt und jeweils dem Mann oder der Frau zugeteilt (Art. 205 ZGB).
  • Aussonderung: Die jeweiligen Eigengüter werden als Gütermasse ausgesondert, damit anschliessend die Errungenschaften separat betrachtet werden können. Auch eventuelle Schulden werden möglichst einem der Ehepartner zugeordnet (Art. 209 ZGB).
  • Bewertung: Nun werden die Errungenschaften in ihrem aktuellen Ist-Zustand bewertet und gegenständlich fixiert. Mögliche Wertänderungen können dabei bis zum Ende der Auseinandersetzung berücksichtigt werden (Art. 211 ZGB).
  • Hinzurechnung: Im vierten Schritt werden eventuelle unentgeltliche Zuwendungen an Dritte der letzten fünf Jahre auf den fixierten Wert hinzugerechnet. Auch eventuelle Umgehungsgeschäfte, die den Beteiligungswert schmälern sollten, können hier angerechnet werden (Art. 208 ZGB).
  • Vorschlag: Ist der Gesamtwert aller Errungenschaften inklusive Schulden und Hinzurechnungen positiv (auch Aktivsaldo genannt), gilt dieser nun als Vorschlag. Sofern nicht anders vereinbart, steht jedem Partner die Hälfte des Vorschlagbetrags zu (Art. 210 und 215 ZGB).

Gütertrennung

Wie es der Name bereits anklingen lässt, werden bei diesem Güterstand, der in Art. 247 ff. ZGB geregelt ist, sämtliche Vermögenswerte getrennt betrachtet. Es gibt keine gemeinsamen Errungenschaften, nur das Eigengut beider Partner. Denkbar einfach läuft daher bei der Auflösung einer Ehe die güterrechtliche Auseinandersetzung ab: Sie und Ihr Partner nehmen Ihr jeweiliges Eigengut wieder zurück. Mögliche Schulden werden anschliessend separat geklärt. Im Normalfall sind Schulden in diesem Güterstand nicht übertragbar – jeder Ehepartner haftet für seine eigenen Schulden.

Tipp: Führen Sie ein Inventar

Damit es bei einer Scheidung in der Schweiz nicht zu unfairen Lösungen oder Uneinigkeit kommt, ist es sinnvoll, dem Ehevertrag eine beglaubigte Inventarliste beizufügen. In Artikel 195a ZGB ist festgelegt, dass Ehegatten die Erstellung einer gemeinsamen Inventarliste vom jeweils anderen Partner verlangen können – denn im Zweifelsfall müssen Sie beweisen können, dass Sie einen Gegenstand oder einen Vermögenswert wirklich besitzen. Mit einem Inventar halten Sie den Bestand Ihrer beider Vermögen wahrheitsgemäss fest und sichern ab, dass diese bei einer Auseinandersetzung auch getrennt betrachtet werden.

Gütergemeinschaft

In diesem dritten Güterstand gibt es einerseits das jeweilige Eigengut beider Ehepartner sowie das Gesamtgut (Art. 221 ff. ZGB). Als Eigengut werden in diesem Fall nur diejenigen Güter betrachtet, die Sie alleinig benutzen und verwalten. Damit sind in diesem Sinne beispielsweise Alltagsgegenstände wie Kleidungsstücke gemeint, teilweise können aber auch persönliche Erbanteile oder Schenkungen als Eigengut betrachtet werden. Das sämtliche restliche Vermögen gilt, wenn nicht anders im Vertrag geregelt, als Gesamtgut und gehört Ihnen beiden ungeteilt.

Was passiert bei einer Gütergemeinschaft im Falle einer Scheidung?

Wird eine Gütergemeinschaft aufgelöst, erfolgt die güterrechtliche Auseinandersetzung im Regelfall in drei Schritten:

  • Zuordnung: Als erste Massnahme wird der Wert Ihres Gesamtguts, inklusive Schulden, ermittelt und die jeweiligen Vermögenswerte Ihnen oder Ihrem Partner zugeordnet.
  • Teilung der Vermögensansprüche: Anschliessend formulieren beide Ehepartner ihre Ansprüche auf die verschiedenen Vermögenswerte innerhalb des Gesamtguts.
  • Durchsetzung der Forderungen: Zuletzt werden die Forderungen nach einer Einigung durchgesetzt und beide Partner erhalten die Ihnen zustehenden Vermögenswerte zurück.

Welchen Einfluss hat der Güterstand auf Haftungsfälle?

Viele Menschen gehen davon aus, dass sie sich innerhalb einer Ehe nur durch eine vertraglich festgelegte Gütertrennung vor der Haftung für die Schulden ihres Ehepartners schützen können. Tatsächlich aber sind Schulden auch innerhalb einer Ehe nicht übertragbar. In der Schweiz gilt unabhängig vom Güterstand eines Ehepaares, dass jede Person selbst für ihre Schulden haftet (Art. 203 ZGB). Dabei ist es unerheblich, ob die Schulden vor oder während der Ehe entstanden sind. Ist in einer Gütergemeinschaft Ihr Gesamtgut überschuldet, werden die Schulden gleichwertig auf beide Ehepartner aufgeteilt.

Der Haftungsschutz vor Schulden greift selbst dann, wenn beispielsweise gegen Ihren Partner eine Betreibung vorliegt. In diesem Fall können Gläubiger nur Vermögenswerte aus dem Eigengut oder Errungenschaften Ihres Ehepartners gepfändet werden – Ihr eigenes Vermögen bleibt dabei unberührt.

Welcher Güterstand ist für meine Ehe am besten geeignet?

In einer familienrechtlichen Beratung können zunächst beide Ehepartner ihre Wünsche und Vorstellungen äussern und darauf basierend einen passenden Güterstand wählen. So können Sie sichergehen, dass alle Konditionen und Bedingungen rechtskräftig und für beide Partner möglichst fair sind. Haben Sie einmal einen Güterstand vertraglich festgelegt und beglaubigen lassen, so ist dieser rechtswirksam. Das bedeutet, dass Sie erst nach einem beidseitigen Einverständnis Änderungen daran vornehmen können. Es kann sich daher insbesondere bei komplexen Vermögenslagen lohnen, einen Anwalt für Familienrecht in Anspruch zu nehmen, um einen Vertrag für Ihren Güterstand zu formulieren.

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MLaw Livio Stocker

Rechtsanwalt Notar

Fachanwalt SAV Familienrecht

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FAQ: Güterstand

Innerhalb des Schweizer Güterrechts (Art. 181-251 ZGB) gibt es verschiedene Güterstände, die die Aufteilung des individuellen und geteilten Vermögens zwischen zwei Ehepartnern regeln. Sie können Ihren Güterstand vor oder während der Ehe in einem Ehevertrag festlegen oder ändern. Auch im Falle des Todes eines Ehepartners hat der Güterstand Einfluss auf die erbrechtlichen Folgen und Anteile, die der verbleibende Partner erhält.

Das Schweizer Zivilgesetzbuch unterscheidet zwischen drei verschiedenen Güterständen: der Errungenschaftsbeteiligung, der Gütertrennung und der Gütergemeinschaft. Sowohl die Konditionen der Errungenschaftsbeteiligung als auch der Gütergemeinschaft können Ehepartner per Vertrag modifizieren und an ihre individuellen Wünsche anpassen.

Das Schweizer Zivilgesetzbuch legt fest, dass als ordentlicher Güterstand für alle Ehepaare die Errungenschaftsbeteiligung gilt (Art. 196 ff. ZGB). Wenn Sie keinen Ehevertrag aufgesetzt haben, werden Ihre Vermögenswerte daher automatisch in Ihr Eigengut, das Eigengut Ihres Partners sowie in Ihre jeweiligen Errungenschaften eingeteilt. Im Falle einer güterrechtlichen Auseinandersetzung bei einer Scheidung wird nach der Bewertung Ihrer beider Errungenschaften ein Vorschlag zur Teilung erarbeitet.

Sie können Ihren Güterstand jederzeit ändern beziehungsweise auflösen. Allerdings muss dies immer im Einvernehmen mit Ihrem Partner geschehen und in einem beglaubigten Ehevertrag festgehalten werden (Art. 187 ZGB). In bestimmten Fällen kann auch ein Gericht die Auflösung Ihres Güterstandes bzw. eine Gütertrennung anordnen, beispielsweise, wenn einer der Partner Konkurs eröffnet (Art. 188 ZGB).

Der grösste Vorteil des Güterstands ist, dass bei einer güterrechtlichen Auseinandersetzung beide Ehepartner im Besitz ihres eigenen Vermögens bleiben. Dies ist besonders wichtig, um die finanzielle Unabhängigkeit nach einer Trennung oder auch nach einem Todesfall zu garantieren. Ausserdem entscheiden sich viele Ehepaare für einen vertraglich geregelten Güterstand, um beispielsweise den wirtschaftlichen Bestand ihres Unternehmens nachhaltig abzusichern.

Hat Ihr Partner Schulden gegenüber Dritten, so müssen Sie unabhängig von Ihrem Güterstand niemals für diese haften. Auch bei einer Scheidung gilt, dass beide Partner Ihre Schulden selbst regeln und lediglich gegenseitige Schulden untereinander ausgleichen.

Es gibt keinen Güterstand, der pauschal für alle Ehepaare zu empfehlen ist. Je nach individueller Vermögenssituation ist es am besten, sich familienrechtlich beraten zu lassen, um gegebenenfalls einen Ehevertrag im Sinne beider Ehegatten aufsetzen zu können.

Gesetzesartikel

Errungenschaft (Artikel 181 ZGB)

Gütergemeinschaft (Artikel 221 ZGB)

Gütertrennung (Artikel 185 ZGB)

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