Mutterschaftsurlaub:Rechte von Müttern während und nach der Schwangerschaft
Schwangere Frauen und neue Mütter gehören zu einer besonders schützenswerten Gruppe im Arbeitsumfeld. Der Gesetzgeber in der Schweiz sieht deshalb neben einem strengen Kündigungsschutz und Sicherheitsmassnahmen am Arbeitsplatz auch Mutterschaftsurlaub vor. Zusammen mit der Mutterschaftsentschädigung werden neue Mütter so abgesichert. Erfahren Sie in diesem Artikel, wer Anspruch auf Mutterschaftsurlaub hat und was Sie zu diesem Thema ansonsten noch beachten sollten.
Mutterschaftsurlaub nach der Geburt
Den meisten erwerbstätigen Frauen steht ein Mutterschaftsurlaub bis zu 14 Wochen nach der Niederkunft zu. Rechtlich ist dies im Obligationenrecht (OR) festgelegt. Muss das Neugeborene nach der Niederkunft im Krankenhaus bleiben, so verlängert sich der Urlaub entsprechend (Artikel 329f OR). In dieser Zeit bleiben neue Mütter regulär unfallversichert. Der Mutterschaftsurlaub ist zusätzlich zu den normalen Ferien zu gewähren und darf davon nicht abgezogen werden. Die regulären Ferien können nur in Ausnahmefällen gekürzt werden, etwa dann, wenn die Arbeitnehmerin während der Schwangerschaft mehr als zwei Monate von ihrer Arbeitsleistung verhindert war (Artikel 329b, Absatz 3 OR).
Darf der Mutterschaftsurlaub verändert werden?
Grundsätzlich gehört der Mutterschaftsurlaub nach Artikel 329f OR zu den zwingenden Voraussetzungen nach Artikel 362 OR. Das bedeutet, dass im Rahmen von Arbeitsverträgen jeglicher Art vom Gesetz nur dann abgewichen werden darf, wenn dies zugunsten der Arbeitnehmerin geschieht. Der Mutterschaftsurlaub darf also verlängert, niemals aber verkürzt werden. Ein Anspruch auf einen längeren Mutterschaftsurlaub kann aber auch entstehen, ohne dass dies im Arbeitsvertrag festgelegt wurde. Das ist etwa dann der Fall, wenn das Neugeborene nach der Geburt hospitalisiert werden muss. Der Mutterschaftsurlaub verlängert sich dann je nach Dauer der Hospitalisierung, höchstens aber um 56 Tage (Artikel 329f, Absatz 2 OR).
Was ist die Mutterschaftsentschädigung?
Um Mutter und Kind abzusichern, sind Arbeitgeber in fast allen Fällen dazu verpflichtet, ihren Arbeitnehmerinnen einen gewissen Lohn auch in den Wochen nach der Niederkunft weiterzuzahlen. Doch auch Selbstständige und Erwerbslose bekommen in den meisten Fällen eine Mutterschaftsentschädigung. Je nach Situation wird sie vom Arbeitgeber oder direkt von der Ausgleichskasse an die Mutter ausbezahlt. Im Erwerbsersatzgesetz (EOG) sind die Bestimmungen zur Entschädigung im Mutterschaftsurlaub festgelegt.
Wer hat Anspruch auf die Mutterschaftsentschädigung?
Die Erwerbsersatzordnung (EO) gehört zu den Sozialversicherungen und ist auch für die Zahlungen während des Mutterschaftsurlaubs zuständig. Nach Artikel 16b EOG sind diejenigen Personen dazu berechtigt, die die folgenden Voraussetzungen erfüllen:
- Alters- und Hinterlassenenversicherung (AHV) während der gesamten neun Monate der Schwangerschaft als obligatorische Versicherung
- Angestellte Arbeitnehmerinnen müssen mindestens fünf Monate während der Schwangerschaft gearbeitet haben, unabhängig davon, wie hoch das Arbeitspensum war (auch die Arbeit im EU- oder EFTA-Ausland zählt)
- Zum Zeitpunkt der Niederkunft besteht ein Arbeitsverhältnis (das gilt sowohl für Arbeitnehmerinnen als auch für Selbstständige und Frauen, die im Betrieb ihres Ehegatten mitarbeiten)
- Alternativ: Bezug von Arbeitslosentaggeld
Der Anspruch auf Mutterschaftsentschädigung entsteht erst ab dem Tag der Geburt und kann auch nach Ablauf der 14 Wochen eingefordert werden – der Anspruch bleibt bis fünf Jahre gültig.
Wie hoch ist die Mutterschaftsentschädigung?
Der Erwerbsersatz für Mütter ist als Taggeld organisiert. Er wird bis höchstens 14 Wochen nach der Geburt (98 Tage) ausbezahlt, beginnend mit dem Tag der Niederkunft. Nach Artikel 16e und Artikel 16f EOG beträgt die Entschädigung 80 % des Lohns der Arbeitnehmerin. Als Grundlage für die Berechnung dient der zuletzt ausbezahlte Lohn oder ein Durchschnitt aus den letzten Monaten vor der Niederkunft. Der Höchstsatz liegt bei 196 CHF pro Tag. Liegt der aus dem Einkommen der Arbeitnehmerin errechnete Satz darüber, so wird dieser auf den zu zahlenden Höchstsatz gekürzt. Konkret bedeutet dies: Wenn der Lohn der Arbeitnehmerin zuvor mehr als 7‘350 CHF monatlich betragen hat, so wird die Entschädigung auf den maximalen Tagessatz von 196 CHF gekürzt.
Zur Veranschaulichung hier ein Rechenbeispiel:
Vor der Geburt ihres Kindes hat die Arbeitnehmerin 5‘100 CHF Lohn pro Monat erhalten.
5‘100 CHF/30 = 170 CHF
80 % von 170 CHF = 136 CHF pro Tag
Maximaler Gesamtanspruch über 98 Tage: 136 CHF*98 Tage = 13‘328 CHF
Bei Selbstständigen wird der Tagessatz auf Basis des Jahreseinkommens berechnet. Allgemein wird der Erwerbsersatz wie Einkommen behandelt. Das bedeutet, dass davon gegebenenfalls AHV-, IV- und EO-Beiträge abgezogen werden.
Mutterschaftsentschädigung bei Hospitalisierung des Neugeborenen
Seit dem 01. Juli 2021 gibt es neue Regelungen zur Ausweitung der Mutterschaftsentschädigung in bestimmten Fällen. Muss das Neugeborene eine längere Zeit (mindestens zwei Wochen) im Krankenhaus verbringen, so kann die Mutterschaftsentschädigung zusammen mit dem Mutterschaftsurlaub verlängert werden. Die Dauer der Verlängerung richtet sich nach der Dauer des Krankenhausaufenthalts, beträgt allerdings maximal 56 Tage und kann nur in Anspruch genommen werden, wenn die Mutter nach dem Ende des Mutterschaftsurlaubs wieder erwerbstätig wird (Artikel 16c, Absatz 3 EOG).
Mutterschaftsentschädigung für Arbeitslose
Auch arbeitslose Frauen haben nach der Geburt ihres Kindes in vielen Fällen Anspruch auf die Zahlung einer Mutterschaftsentschädigung. Dafür müssen sie in den Monaten der Schwangerschaft Arbeitslosentaggeld bezogen haben. Ab dem Tag der Niederkunft wird dieses pausiert und die Zahlung der Mutterschaftsentschädigung beginnt. Die Höhe orientiert sich in der Regel an jenem Lohn, den die Mutter vor ihrer Erwerbslosigkeit erhalten hat (zwischen 70 und 80 % des Lohnes). In jedem Fall ist die Entschädigung mindestens ebenso hoch wie das Arbeitslosentaggeld. Nach Beendigung der Zahlung kann die Mutter erneut das Arbeitslosentaggeld beantragen.
Wiederaufnahme der Tätigkeit vor Ablauf des Mutterschaftsurlaubs
Als neue Mutter haben Sie bis zu einem gewissen Mass selbst Entscheidungsfreiheit darüber, wann Sie wieder in Ihren Beruf zurückkehren möchten. Doch auch hier gibt es gewisse Regelungen. So dürfen Wöchnerinnen bis zu acht Wochen nach der Geburt in keinem Fall beschäftigt werden – auch wenn Sie dies ausdrücklich wünschen. Nach Ablauf dieser acht Wochen und bis zur 16. Woche nach der Geburt liegt die Entscheidung bei Ihnen. Sie können an Ihren Arbeitsplatz zurückkehren, allerdings kann Sie Ihr Arbeitgeber vor Ablauf dieser 16 Wochen nicht dazu zwingen (Artikel 35a Arbeitsgesetz ArG). Nehmen Sie Ihre Tätigkeit wieder auf, bevor die 98 Tage der Mutterschaftsentschädigung verstrichen sind, so verwirken Sie damit Ihren Anspruch. Die Zahlungen werden zu jenem Zeitpunkt gestoppt, an dem Sie wieder an Ihren Arbeitsplatz zurückkehren. Ein Anwalt für Arbeitsrecht kann Sie in einem Gespräch eingehend beraten und Sie auf Wunsch auch im weiteren Prozess unterstützen.
Schwangere und Wöchnerinnen als schützenswerte Gruppe
Schwangere und stillende Frauen gelten als eine Gruppe, der am Arbeitsplatz besonderer Schutz zuteilwird. Allgemein gilt eine Schwangerschaft keineswegs als Krankheit. Sie dürfen also durchaus auch bis kurz vor der Geburt arbeiten – wenn Sie das möchten. Fühlen Sie sich unwohl, so dürfen Sie jedoch auch zu jeder Zeit und ohne ärztliches Zeugnis zu Hause bleiben.
Kündigungsschutz
Sie stehen während der gesamten Schwangerschaft und bis zu 16 Wochen nach der Geburt unter einem strikten Kündigungsschutz. Kündigungen, die zuvor ausgesprochen wurden, werden für diese Zeit pausiert – die Kündigungsfrist läuft erst danach wieder weiter (Artikel 336c OR). Der Kündigungsschutz gilt bis zum Ende des verlängerten Mutterschaftsurlaubs, der aufgrund einer Hospitalisierung des Neugeborenen entstehen kann.
Gesundheitsschutz am Arbeitsplatz
Schwangere Frauen sollen am Arbeitsplatz besonders geschützt werden (Artikel 35 ArG). Tätigkeiten, die Ihr Wohl oder das des Kindes gefährden könnten, sollten Sie demnach während Ihrer Schwangerschaft und in der Stillzeit nicht ausüben. Vor allem das Heben von schweren Gegenständen und lange Zeiten im Stehen sollten Sie vermeiden. Soweit dies möglich ist, muss Ihnen Ihr Arbeitgeber andere Aufgaben übertragen und Ihnen zusätzliche Pausenzeiten gewähren. Wenn Ihre Tätigkeiten vollständig wegfallen, muss Ihr Arbeitgeber mindestens 80 % des Lohns und eine angemessene Vergütung für wegfallenden Naturallohn bezahlen.
Stillende
Es ist Ihnen als Mutter erlaubt, Ihr Kind während seines ersten Lebensjahres im oder ausserhalb des Betriebs zu stillen. Die Zeit, in der Sie stillen, darf nicht von Ihrer Arbeitszeit abgezogen werden und muss somit normal mit dem Lohn abgerechnet werden. Bei einer Teilzeitbeschäftigung bis zu vier Stunden stehen Ihnen 30 Minuten am Tag zu, arbeiten Sie bis zu sieben Stunden, so sind es 60 Minuten. Bei einer Tätigkeit von über sieben Stunden dürfen Sie 90 Minuten Stillzeit in Anspruch nehmen.
FAQ: Mutterschaftsurlaub
Alle Arbeitnehmerinnen, die zum Zeitpunkt der Geburt in einem Arbeitsverhältnis stehen, haben Anspruch auf einen bezahlten Urlaub. Der Anspruch beginnt am Tag der Geburt des Kindes.
Grundsätzlich sind für den Mutterschaftsurlaub 14 Wochen (98 Kalendertage) vorgesehen. Auf Wunsch kann die Arbeitnehmerin noch zwei zusätzliche Wochen zu Hause bleiben, dann aber ohne Entschädigung. In den ersten acht Wochen nach der Niederkunft darf eine Frau in keinem Fall beschäftigt werden.
Ja, denn acht Wochen nach der Niederkunft darf eine Frau nicht bei einem Arbeitgeber tätig sein. Danach entscheiden Sie als Mutter selbst, ob Sie wieder arbeiten möchten. Beachten Sie dabei, dass der Anspruch auf die Mutterschaftsentschädigung verfällt, sobald Sie Ihre Tätigkeit wieder aufnehmen.
Dabei handelt es sich um einen Erwerbsersatz, der Mütter in der Zeit direkt nach der Geburt finanziell unterstützen soll. Sie ist als Taggeld organisiert und wird bis zu 98 Tage gezahlt.
Arbeitnehmerinnen, die mindestens fünf Monate während ihrer Schwangerschaft gearbeitet haben, steht Mutterschaftsentschädigung zu. Auch Selbstständige und Frauen, die im Betrieb ihres Ehegatten tätig sind, haben einen Anspruch. Ebenso steht erwerbslosen Frauen die Zahlung der Entschädigung zu, wenn sie zuvor Arbeitslosentaggeld bezogen haben.
Die Höhe der Mutterschaftsentschädigung richtet sich nach dem durchschnittlichen Lohn, den Sie zuvor bezogen haben, und liegt bei 80 % dieses Betrages, maximal jedoch bei 196 CHF pro Tag.
Muss das Neugeborene direkt nach der Geburt hospitalisiert werden, so gibt es die Möglichkeit, sowohl den Mutterschaftsurlaub als auch die Entschädigung um bis zu 56 zusätzliche Tage zu verlängern.
Beim Mutterschaftsurlaub handelt es sich um eine der sogenannten zwingenden Vorschriften. Diese muss demnach in jedem Arbeitsverhältnis gegeben sein und kann nicht durch eine Klausel im Arbeitsvertrag wegbedungen werden. Zulässig sind lediglich Regelungen zugunsten der Mutter, also beispielsweise ein längerer Mutterschaftsurlaub oder eine höhere Mutterschaftsentschädigung.