Änderungskündigung: Allgemeines, Rechtmässigkeit und Folgen

Uhr Icon 7 min. Lesedauer
Kalender Icon 05. März 2022

Ein Arbeitsvertrag kann in der Schweiz nicht einseitig geändert werden, insbesondere, wenn die Änderung für den Arbeitnehmer ungünstigere Bedingungen vorsieht. Es gibt jedoch bestimmte Situationen, in denen der Arbeitgeber einen Arbeitsvertrag betriebsbedingt schnell ändern muss oder möchte und dann die Möglichkeit hat, eine Änderungskündigung auszusprechen. Eine solche Kündigung kann sich jedoch schnell als missbräuchlich erweisen und den Arbeitgeber einem Gerichtsverfahren aussetzen. In diesem Artikel erfahren Sie, wie ein Arbeitsvertrag geändert werden, was eine Änderungskündigung ist und unter welchen Bedingungen sie zulässig ist.

Auf einen Blick

  • Ein Arbeitsvertrag kann in der Schweiz nicht einseitig geändert werden und bedarf der Zustimmung beider Parteien.
  • Eine Änderungskündigung liegt vor, wenn ein Arbeitgeber die Beendigung des laufenden Arbeitsvertrags zugunsten eines neuen Arbeitsvertrags vorschlägt.
  • Ein Änderungsurlaub kann als rechtswidrig angesehen werden, wenn er den Arbeitnehmer zu einer für ihn ungünstigen Vertragsänderung zwingt.

Was ist eine Änderungskündigung? 

In der Schweiz kann ein Arbeitsvertrag in der Regel nur unter Zustimmung beider Parteien, des Arbeitgebers und des Arbeitnehmers, geändert werden. Die stillschweigende Annahme der Vertragsänderung kann jedoch wirksam sein und die Änderung kann sofort in Kraft treten, wenn die jeweilige Änderung für beide Parteien günstig ist.

Betreffen diese Änderungen jedoch wesentliche Punkte des Arbeitsverhältnisses, wie Wochenarbeitszeit, Gehalt, Arbeitsort, Funktion, und gehen sie zulasten der betreffenden  Arbeitnehmerin, muss der Arbeitgeber auf eine sogenannte Änderungskündigung zurückgreifen. Von einer Änderungskündigung spricht man, wenn ein Arbeitgeber einen Arbeitsvertrag kündigt und seinem Arbeitnehmer gleichzeitig einen neuen Arbeitsvertrag mit geänderten Bedingungen anbietet. Der Zweck der Änderungskündigung besteht also weniger in der Beendigung des Arbeitsverhältnisses als vielmehr in dessen Aufrechterhaltung zu geänderten Bedingungen.

Betrifft die Änderungskündigung eine grosse Zahl von Arbeitnehmern, muss der Arbeitgeber ein Massenentlassungsverfahren einschliesslich eines Anhörungsverfahrens mit der Arbeitnehmervertretung durchführen.

Annahme oder Ablehnung einer Änderungskündigung

Lehnt der Arbeitnehmer die Bedingungen des neuen Arbeitsvertrags ab, muss in der Änderungskündigung darauf hingewiesen werden, dass der derzeitige Vertrag des Arbeitnehmers dennoch gekündigt wird. Änderungskündigungen können als Druckmittel angesehen werden, um den Arbeitnehmer zur Annahme ungünstigerer Arbeitsbedingungen zu bewegen. Das Bundesgericht hat jedoch entschieden, dass es sich dabei um eine gesetzliche Regelung handelt, die nicht unter das Obligationenrecht fällt, welches normalerweise Kündigungen regelt.

Nimmt der Arbeitnehmer die Bedingungen des ihm angebotenen neuen Arbeitsvertrags an, so tritt sein neuer Vertrag nach Einhaltung einer Kündigungsfrist in Kraft. Es ist hierbei zu beachten, dass das Arbeitsverhältnis auch bei einem neuen Vertrag nicht bei null anfängt und die Dienstjahre des jeweiligen Arbeitnehmers im Unternehmen weiter angerechnet werden. 

Die verschiedenen Formen der Änderungskündigung

Es gibt verschiedene Formen der Änderungskündigung. Eine davon ist, dass der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis kündigen und seiner Arbeitnehmerin einen neuen Vertrag vorlegen kann. Akzeptiert die Arbeitnehmerin die neuen Arbeitsbedingungen, so gelten diese nach Ablauf der Kündigungsfrist. Weigert sich die Arbeitnehmerin, die neuen Arbeitsbedingungen zu akzeptieren, so ist die Kündigung von Rechts wegen wirksam. Ein Arbeitgeber kann auch eine bedingte Änderungskündigung aussprechen. In diesem Fall gilt die Kündigung nur, wenn der Arbeitnehmer mit der Vertragsänderung nicht einverstanden ist. 

Schliesslich kann der Arbeitgeber auch ein erstes Angebot zur Vertragsänderung machen und erst dann kündigen, wenn der Arbeitnehmer dieses Angebot ablehnt. Allerdings ist die Kündigungsdrohung oft schon vorhanden, wenn dem Arbeitnehmer das neue Angebot vorgelegt wird, sodass er weiss, dass eine Ablehnung zur Kündigung führen kann bzw. wird.

Wann ist eine Änderungskündigung zulässig?

Mit einer Änderungskündigung übt der Arbeitgeber Druck auf den Arbeitnehmer aus: Entweder der Arbeitnehmer akzeptiert die neuen Arbeitsbedingungen oder das Arbeitsverhältnis endet. Aber auch wenn das Obligationenrecht keine Änderungskündigungen vorsieht, erachtet die schweizerische Rechtsprechung diese Praxis als rechtmässig.

Allerdings darf die Inanspruchnahme der Änderungskündigung seitens des Arbeitgebers nicht gegen bestimmte Bedingungen verstossen, sonst wird sie als missbräuchlich angesehen. Dies gilt insbesondere in Bezug auf die Einhaltung einer angemessenen Kündigungsfrist.

Im Allgemeinen wird die Änderungskündigung als rechtmässig angesehen, wenn sie auf eine Verschlechterung der wirtschaftlichen Lage des Unternehmens folgt. So hat das Bundesgericht beispielsweise eine Änderungskündigung als nicht missbräuchlich eingestuft, die eine Reduktion der Arbeit eines Arbeitnehmers aufgrund der schlechten Geschäftslage des Unternehmens und der Belastung seines Lohns in diesem ungünstigen wirtschaftlichen Kontext beinhaltete (Bundesgerichtsentscheid 4A_555/2021 vom 23. Februar 2012).

Wann ist eine Änderungskündigung missbräuchlich?

Es ist gemeinhin bekannt, dass eine Änderungskündigung Druck auf Arbeitnehmer ausübt, die damit gezwungen werden, ungünstigere Arbeitsbedingungen zu akzeptieren oder den Verlust ihres Arbeitsplatzes zu riskieren. Dieser Druck ist innerhalb einer bestimmten Grenze akzeptabel. 

Ist ein Gericht der Ansicht, dass der auf den Arbeitnehmer ausgeübte Druck das zulässige Mass übersteigt, kann die Änderungskündigung als missbräuchlich angesehen werden und ein betroffener Arbeitnehmer kann eine Entschädigung in Höhe von bis zu sechs Nettomonatsgehältern verlangen. Die missbräuchliche Kündigung bleibt jedoch gültig, d. h. der Arbeitnehmer kann keinen Anspruch auf Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses geltend machen.

Nach einer Rechtsprechung des Bundesgerichts (BGE 13 III 246) kann auch eine Änderungskündigung unter bestimmten Voraussetzungen als missbräuchlich angesehen werden. Eine Änderungskündigung wird somit beispielsweise als unzulässig angesehen, wenn...

  • die neuen Bedingungen die Situation des Arbeitnehmers verschlechtern
  • eine Verschlechterung der Arbeitsbedingungen als unzumutbar angesehen wird
  • keine wirtschaftlichen Gründe im Zusammenhang mit dem Betrieb des Unternehmens oder den Marktbedingungen vorliegen, die eine Änderung des Vertrags rechtfertigen
  • der Zweck von Änderungskündigung darin besteht, die Annahme von Vertragsänderungen vor Ablauf der Kündigungsfrist zu erreichen
  • der Arbeitnehmer einen Arbeitsvertrag ablehnt, der gegen das Gesetz, einen Tarifvertrag oder einen Standardarbeitsvertrag verstösst

Diese Aufzählung ist jedoch nicht abschliessend und soll an dieser Stelle nur einen Eindruck davon vermitteln, in welchen Fällen eine Änderungskündigung als missbräuchlich angesehen werden kann. Insbesondere ist es bei dieser Art von Kündigung wichtig, dass die Kündigungsfristen eingehalten werden, da eine Änderung rechtlich erst zum Zeitpunkt der Beendigung des Vertrags wirksam werden kann. Versucht der Arbeitgeber, eine Änderung zu einem früheren Zeitpunkt durchzuführen, stellt dies einen unangemessenen Druck dar.

Es sei jedoch darauf hingewiesen, dass ein Unternehmen nicht warten muss, bis seine Existenz durch ungünstige wirtschaftliche Bedingungen gefährdet ist, bevor es seinen Arbeitnehmern eine Änderungskündigung anbietet. Im Allgemeinen gilt: Je weniger bedeutend die Vertragsänderung ist, desto weniger wichtig sind die ihr zugrunde liegenden betrieblichen oder marktbezogenen Begründungen. 

Beendigung des Arbeitsvertrags zur Unzeit

Wenn ein Arbeitgeber seinen Arbeitnehmern eine Änderungskündigung anbieten möchte, muss er auf den Zeitpunkt der Änderung achten. Es gibt nämlich bestimmte Zeiträume, in denen der Arbeitgeber nicht berechtigt ist, eine Änderung des Vertrags vorzuschlagen.

Diese Schutzfristen (auch Sperrfristen genannt), während derer eine Änderung oder Beendigung des Arbeitsvertrags nicht zulässig ist, sind in Artikel 336c des schweizerischen Obligationenrechts (OR) aufgeführt. So darf ein Arbeitgeber einer Arbeitnehmerin nicht kündigen, wenn diese krankgeschrieben ist, wenn sie schwanger ist, Militärdienst leistet oder unter militärischem Schutz steht. Eine Kündigung nach Ablehnung einer Vertragsänderung während einer Schutzfrist ist demnach unwirksam. Andererseits ist es möglich, mit einem Arbeitnehmer während der Schutzfrist bestimmte Änderungen seines Arbeitsvertrags zu vereinbaren.

Wenn der Arbeitgeber die Arbeitsverträge innerhalb des Unternehmens umgestalten und harmonisieren möchte, muss er möglicherweise mehrere Arbeitsverträge ändern. Je nach der Anzahl der von diesen Änderungen betroffenen Arbeitnehmer kann der Arbeitgeber verpflichtet sein, ein Massenentlassungsverfahren durchzuführen (Art. 335d - 335k OR). In diesem Fall spricht man einer Massenänderungskündigung. Auch hierbei muss der Arbeitgeber den Grundsatz beachten, dass er zuvor die Arbeitnehmer bzw. deren Vertretung konsultieren muss, um die Folgen der Massenentlassung zu mildern oder abzuwenden. Falls Sie bei der Durchsetzung Ihrer Rechte auf Hilfe angewiesen sind, dann können Sie sich von einem Anwalt für Arbeitsrecht beraten lassen.

Was passiert, wenn ich eine Änderungskündigung ablehne?

Wenn Sie als Arbeitnehmerin oder Arbeitnehmer eine Änderungskündigung ablehnen, können Sie entlassen werden, auch wenn die Kündigung nicht rechtmässig ist. Die korrekte Einschätzung der Rechtmässigkeit oder Missbräuchlichkeit der Kündigung hat dann einen erheblichen Einfluss auf Ihren Anspruch auf eine Entschädigung sowie auf Gelder aus der Arbeitslosenversicherung.

Auswirkungen auf die Arbeitslosenversicherung

Möchten Sie nach einer Änderungskündigung Zahlungen aus der Arbeitslosenversicherung beantragen, muss die Arbeitslosenkasse zunächst den Grund für die Entlassung prüfen, um festzustellen, ob sie wirklich zu Unrecht erfolgt ist (Artikel 81 Absatz 1a des Bundesgesetzes über die Arbeitslosenversicherung). Trifft Sie als Arbeitnehmer kein Verschulden für die Kündigung, so haben Sie Anspruch auf Arbeitslosengeld nach Massgabe Ihrer geleisteten Dienstjahre.

Möglichkeit einer Entschädigung nach einer missbräuchlichen Kündigung

Gemäss Artikel 336b OR können Sie ausserdem bis zum letzten Tag der Kündigungsfrist Einsprache gegen die Kündigung einlegen, wenn Sie diese als missbräuchlich erachten. Anschliessend haben Sie und Ihr Arbeitgeber die Möglichkeit, zu versuchen, eine aussergerichtliche Einigung über den Konflikt zu erzielen und möglicherweise das Arbeitsverhältnis fortzusetzen oder Entschädigungen zu vereinbaren. Kann hierbei jedoch keine Einigung erzielt werden, so haben Sie 180 Tage lang ab Vertragsende Zeit, beim Gericht eine Klage einzureichen, um Ihren Anspruch auf Entschädigungen geltend zu machen. Diese können gemäss Artikel 336a OR bis zu maximal sechs Monatsgehälter betragen, in der Praxis wird jedoch meist eine Höhe von zwei bis drei Monatsgehältern erzielt.

Tipp: Wenn Sie sich dafür entscheiden, eine missbräuchliche Änderungskündigung anzufechten, so ist die Hilfe eines Fachanwalts für Arbeitsrecht unbedingt ratsam. Dieser kann gemeinsam mit Ihnen die fristgerechte Einsprache gegen die Kündigung umsetzen, Sie über Ihre Rechte und Ansprüche beraten und Sie gegebenenfalls in einem Klageprozess mit seiner Expertise vertreten. 

So geht Rechtsberatung heute – einfach, sicher, transparent

Sie finden hier kostenlos ohne aufwendige Recherche die richtige Anwältin oder den richtigen Anwalt.

  1. Anfrage platzieren
  2. Offerten vergleichen
  3. Zusammenarbeit starten
  4. Kosten überwachen
Anfrage starten Download Icon

FAQ: Änderungskündigung

Nein. In der Schweiz ist es Arbeitgebern nicht gestattet, ohne die Zustimmung des Arbeitnehmers Änderungen am Vertrag vorzunehmen. Änderungen des Vertrags müssen vom Arbeitnehmer entweder stillschweigend oder schriftlich akzeptiert werden.

 

Bietet ein Arbeitgeber einem Arbeitnehmer an, dessen Arbeitsvertrag zu kündigen und gleichzeitig einen neuen Arbeitsvertrag abzuschliessen, spricht man von einer Änderungskündigung. Diese wird in der Regel dazu genutzt, um dem Arbeitnehmer veränderte Arbeitsbedingungen anzubieten, die dringend umgesetzt werden sollen.

 

In den meisten Fällen kann ein Arbeitgeber beschliessen, einem Arbeitnehmer aufgrund ungünstiger wirtschaftlicher Bedingungen eine Änderungskündigung anzubieten. Er muss jedoch darauf achten, dass er hierbei bestimmte Bedingungen erfüllt, damit die Änderungskündigung als rechtmässig angesehen wird.

 

 

Ja, ein Arbeitgeber kann seinen Arbeitnehmern rechtmässig eine Änderungskündigung anbieten, muss aber bestimmte Bedingungen erfüllen. Insbesondere muss dem Arbeitnehmer ein angemessener Zeitraum für die Frist der Änderungskündigung eingeräumt werden, damit diese nicht als missbräuchlich gilt.

 

 

Nein. Der Arbeitgeber darf einem Arbeitnehmer während einer Krankheit keine Änderungskündigung anbieten. Während einer Abwesenheit aufgrund einer Krankheit wird der Arbeitnehmer von einer Sperrfrist geschützt, die eine Kündigung oder Änderung des Vertrags verbietet (Artikel 336c des Obligationenrechts).

 

 

 

Einem Arbeitnehmer, der eine Änderungskündigung ablehnt, wird gekündigt. Stellt sich heraus, dass die Kündigung missbräuchlich war, kann der Arbeitnehmer jedoch Anspruch auf eine Entschädigung von bis zu sechs Monatsgehältern haben.

 

Gesetzesartikel

Kündigungen zur Unzeit (Artikel 336c OR)

Grundsatz missbräuchlicher Kündigungen (Artikel 336 OR)

Entschädigungen Verfahren bei missbräuchlichen Kündigungen (Artikel 336a)

Das könnte Sie ebenfalls interessieren