Antrag auf elterliche Sorge: Verfahren, Kosten und Bedingungen

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Kalender Icon 15. Januar 2022

In Fragen des elterlichen Sorgerechts stehen die Interessen des Kindes im Vordergrund und bestimmen die Rechte und Pflichten der Eltern gegenüber ihren Kindern. In der Schweiz sieht das Gesetz vor, dass die elterliche Sorge bei beiden Elternteilen liegt. In einigen Fällen ist es jedoch möglich, das alleinige elterliche Sorgerecht zu beantragen. Erfahren Sie hier, was das Schweizer Recht zur elterlichen Sorge sagt, wie Sie die alleinige Sorge beantragen können und welche Kosten ein solches Verfahren mit sich bringt.

Auf einen Blick

  • Ob verheiratet, geschieden oder getrennt lebend: In der Regel haben beide Eltern das gemeinsame Sorgerecht. 
  • Ein unverheiratetes Paar muss die gemeinsame elterliche Sorge mit einer Erklärung beantragen.
  • Anträge auf elterliche Fürsorge müssen bei einem Standesbeamten für Geburten, Eheschliessungen und Sterbefälle gestellt werden.

Grundsatz des elterlichen Sorgerechts

Nach schweizerischem Recht (Artikel 296 ZGB) steht die elterliche Sorge beiden Elternteilen eines in der Schweiz geborenen Kindes gleichermassen zu. Dieses Recht auf elterliche Sorge gilt für alle Ehepaare und bleibt auch nach einer Scheidung bestehen. Bei unverheirateten Paaren hat die leibliche Mutter jedoch die alleinige elterliche Sorge, bis ein Antrag gemäss 298a ZGB auf gemeinsames Sorgerecht beim Standesamt gestellt wird.

Elterliche Gewalt und Sorgerecht

Um das elterliche Sorgerecht zu erhalten, muss ein Elternteil zwangsläufig auch Inhaber der elterlichen Sorge sein. Im Falle einer Trennung oder Scheidung behalten beide Elternteile die elterliche Sorge, doch kann das elterliche Sorgerecht  in bestimmten Fällen auch nur einem Elternteil zugesprochen werden.

Das elterliche Sorgerecht bedeutet, dass Sie für Ihr Kind in allen Bereichen des täglichen Lebens verantwortlich sind. Aber was bedeutet das in der Praxis? Wenn ein Elternteil das Sorgerecht für sein Kind hat, hat das Kind auch bei ihm seinen hauptsächlichen Wohnsitz. Sorgeberechtigte Elternteile sind dann für Entscheidungen über die Erziehung des Kindes, seine Betreuung, die Verwaltung seines Vermögens oder seine rechtliche Vertretung zuständig (Art. 301-305 ZGB).

Im Falle des gemeinsamen Sorgerechts sind beide Elternteile für diese Angelegenheiten zuständig. Dies kann manchmal kompliziert sein, insbesondere bei geschiedenen Eltern. Die Eltern müssen sich dann immer gemeinsam auf Entscheidungen einigen. Hat dagegen nur ein Elternteil das alleinige Sorgerecht, so ist dieser auch der alleinige Entscheidungsträger in allen Angelegenheiten.

Wie beantragt man die gemeinsame elterliche Sorge?

Für Ehepaare ist es grundsätzlich nicht erforderlich, die gemeinsame elterliche Sorge zu beantragen. Dieses gilt nämlich standardmässig ab Geburt des Kindes. Für unverheiratete Paare ist es hingegen erforderlich, die gemeinsame elterliche Sorge zu beantragen. In diesem Fall gehen die elterliche Sorge und das Sorgerecht  bei Geburt des Kindes zunächst automatisch und ausschliesslich auf die biologische Mutter zurück. Mit einer gemeinsamen Erklärung gemäss Artikel 298a ZGB kann das Paar jedoch die gemeinsame elterliche Sorge beantragen, damit auch die Rechte und Pflichten des Vaters gegenüber dem Kind anerkannt werden.

Bedingungen für den Antrag

Voraussetzung für die Anerkennung eines Antrags auf gemeinsame elterliche Sorge ist zunächst, dass zwischen Vater und Kind eine Eltern-Kind-Beziehung besteht. Die Vaterschaft kann daher erst nach der Geburt anerkannt werden. Darüber hinaus können Sie den Sorgeantrag stellen, wenn die folgenden Bedingungen erfüllt sind:

  • Sie waren zum Zeitpunkt der Geburt nicht verheiratet.
  • Es besteht ein Vater-Kind-Verhältnis, das durch eine Anerkennungsurkunde vor dem Standesbeamten festgestellt wurde.
  • Sie sind bei Antragstellung volljährig.
  • Nach der Geburt muss das Kind seinen gewöhnlichen Aufenthalt in der Schweiz haben.
  • Der Antrag wird ab dem Zeitpunkt der Geburt innerhalb eines Jahres gestellt.

Verfahren und Kosten

Um einen Antrag auf gemeinsame elterliche Sorge zu stellen, müssen Sie Ihre Bereitschaft zur Übernahme der gemeinsamen Verantwortung für das Kind durch Ausfüllen des Formulars "Antrag auf Anerkennung der Vaterschaft" erklären. In dieser Erklärung bestätigen Sie, dass Sie bereit sind, gemeinsam die Verantwortung für das Kind zu übernehmen und dass Sie sich über die Aufteilung der Verantwortung und die Gewährung eines Bonus für Erziehungsaufgaben geeinigt haben. 

Den Antrag reichen Sie dann zusammen mit einer Kopie des Personalausweises des Vaters und der Urkunde über die Anerkennung der Abstammung beim Standesbeamten ein. Für den Antrag auf gemeinsame elterliche Sorge wird eine geringe Gebühr von 30 CHF erhoben, die beim Standesamt zu entrichten ist. Diese Kosten decken die Kosten für die Entgegennahme der Anmeldung und die Ausstellung der vier Exemplare der Anmeldung. 

Wie beantragt man die alleinige elterliche Sorge?

Die alleinige elterliche Sorge ist eine Ausnahme in der Schweiz, da selbst geschiedene Paare nach der Trennung weiterhin die gemeinsame elterliche Sorge innehaben. Das schweizerische Recht sieht bei der Entscheidung darüber, ob einem Elternteil die alleinige elterliche Sorge übertragen werden soll, bestimmte Einschränkungen vor und beurteilt jeden Fall gemessen am Wohl des Kindes. 

Voraussetzungen für den Antrag

Die Bedingungen für die Beantragung der ausschliesslichen elterlichen Sorge bei der Kindesschutzbehörde sind streng und in Artikel 311 des Schweizer Zivilgesetzbuchs festgelegt. Artikel 312 ZGB regelt das vereinfachte Verfahren für den Fall, dass beide Elternteile dem jeweiligen Entzug des Sorgerechts zustimmen. In einem solchen Fall reicht es aus, dass beide Elternteile den formlosen Antrag unterschreiben und Ihr Einverständnis zu dieser Massnahme erklären.

Bei einem Antrag auf alleinige elterliche Sorge müssen Sie nachweisen können, dass diese Entscheidung dem Wohl des Kindes zugute kommt. In Fällen, in denen das Kindeswohl gefährdet ist, kann nur als letztes Mittel ein Sorgerechtsentzug erwirkt werden. Nach Artikel 311 des Zivilgesetzbuches kann das Sorgerecht einem Elternteil aufgrund von Missbrauch, Gewalt, Vernachlässigung oder Pflichtverletzung gegenüber dem Kind entzogen werden. In einem einseitigen Antrag auf Sorgerechtsentzug müssen Sie demnach ausführlich schriftlich begründen, inwiefern diese schwerwiegenden Gründe vorliegen und Ihr Gesuch ausserdem mit stichhaltigen Beweisen und Belegen bekräftigen.

Es sei darauf hingewiesen, dass ein Elternteil, dem das Sorgerecht entzogen wird und der seine elterliche Gewalt verliert, dennoch seine Eltern-Kind-Beziehung zu dem Kind beibehält. Daher hat er oder sie ein Recht auf Information oder Kontaktaufnahme, es sei denn, ein Gerichtsurteil schränkt dieses Recht ein. Darüber hinaus gilt das Recht auf Unterhalt weiter. Schliesslich kann es ausserdem vorkommen, dass beiden Eltern das Sorgerecht für das Kind entzogen wird. In diesem Fall wird vom Gericht ein gesetzlicher Vormund bestellt, der die elterliche Sorge für das Kind übernimmt (Artikel 311 Absatz 2 ZGB).

Verfahren und Kosten

Um die alleinige elterliche Sorge zu beantragen, müssen Sie sich  an die Kindes- und Erwachsenenschutzbehörde wenden, wie in Artikel 315 ZGB vorgesehen. Diese Behörde ist für die Anordnung, Änderung, Aufhebung und Durchführung von Kinderschutzmassnahmen zuständig.

Wird hingegen bei der Scheidung die alleinige elterliche Sorge angestrebt, muss kein Antrag an die Kindes- und Erwachsenenschutzbehörde gestellt werden. In diesem Fall kann auch das Scheidungsgericht über diese Fragen entscheiden.

Wie kann ein Familienanwalt Ihnen helfen?

Fragen des elterlichen Sorgerechts sind für das Kind und sein Wohlergehen von entscheidender Bedeutung und ist in solchen Fällen immer ratsam, sich von einem Anwalt für Familienrecht beraten zu lassen. Vor allem bei Anträgen auf die alleinige elterliche Sorge gibt es viele Einschränkungen und rechtliche Hürden zu überwinden. Ein Anwalt kann Sie beraten und Ihnen helfen, die beste Handlungsstrategie für Ihre Situation zu finden.

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FAQ: Antrag auf elterliches Sorgerecht

In der Schweiz haben beide Elternteile eines verheirateten Paares standardmässig die gemeinsame elterliche Sorge für ihr Kind. Dieses gemeinsame Sorgerecht bleibt auch nach einer Scheidung bestehen. Bei unverheirateten Paaren hingegen wird die elterliche Sorge standardmässig der biologischen Mutter zugesprochen, bis eine gemeinsame Erklärung abgegeben wird.

Die Eltern, die das elterliche Sorgerecht haben, sind für Entscheidungen über das tägliche Leben und das Wohlergehen des Kindes verantwortlich. So müssen sie beispielsweise über seine Ausbildung, die Verwaltung seines Vermögens und seine medizinische Versorgung entscheiden. Darüber hinaus bestimmt die elterliche Sorge auch den Wohnsitz des Kindes.

Ein Antrag auf gemeinsame elterliche Sorge ist für Ehepaare nicht erforderlich, da sie dieses Recht von vornherein gleichermassen haben. Andererseits kann auch der biologische Vater eines unverheirateten Paares einen solchen Antrag stellen, um seine elterlichen Rechte anerkennen zu lassen.

Der biologische Vater muss in erster Linie eine Eltern-Kind-Beziehung zu seinem Kind geltend machen. Ausserdem muss er oder sie zum Zeitpunkt der Antragstellung volljährig sein. Damit ein Antrag auf gemeinsame elterliche Sorge anerkannt wird, muss eine gemeinsame Erklärung beider Eltern beim Standesamt eingereicht werden.

Fälle von ausschliesslicher elterlicher Gewalt sind in der Schweiz eine eher seltene Ausnahme. Einem Elternteil kann das Sorgerecht entzogen werden, wenn er oder sie das Wohl des Kindes gefährdet. Dies kann auf Sucht, Vernachlässigung oder Missbrauch zurückzuführen sein.

Ein Antrag auf alleinige elterliche Sorge fällt unter die Massnahmen zum Schutz des Kindes. Daher ist die Kinderschutzbehörde in dieser Angelegenheit zuständig. Wird der Antrag zum Zeitpunkt der Scheidung gestellt, kann auch das Scheidungsgericht über Fragen der elterlichen Sorge entscheiden.

Der Antrag auf alleiniges Sorgerecht unterliegt keinen bestimmten Formregelungen. Bei einem einvernehmlichen Antrag müssen beide diesen unterschreiben und somit Ihr Einverständnis erklären. Stimmt ein Elternteil nicht zu, bedarf es einer ausführlichen Erklärung des Antrags sowie handfester Beweise über diese Gründe.

Die elterliche Autorität besteht aus einer Reihe von Rechten und Pflichten der Eltern gegenüber ihren Kindern. Es gehört in der Regel beiden biologischen Elternteilen, bis das Kind die Volljährigkeit erreicht. Das elterliche Sorgerecht regelt die Gesamtsorge für das Kind. Das elterliche Sorgerecht ist Teil der elterlichen Gewalt.

Gesetzesartikel

Elternrechte und -pflichten gegenüber dem Kind (Art. 133 ZGB)

Gemeinsame elterliche Sorge (Art. 296 ZGB)

Alleiniges Sorgerecht  (Art. 298 ZGB)

Entzug des Sorgerechts (Art. 311 ZGB)

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