Erbe ausschlagen
in der Schweiz

Uhr Icon 7 min. Lesedauer
Kalender Icon 07. Februar 2022

Nicht in jedem Fall wollen Erben ihr Erbe auch antreten. Zu Lebzeiten der Erblasserin funktioniert dies über den Erbverzicht. Doch auch bei einem bereits eingetretenen Erbfall ist es Erbinnen noch möglich, das Erbe abzulehnen. Wenn Sie Ihr Erbe ausschlagen, geben Sie sämtliche damit einhergehenden Rechte und Pflichten ab. Doch in welchen Fällen ist es sinnvoll, die Ausschlagung eines Erbes in Betracht zu ziehen? Und wie ist dabei vorzugehen?

Auf einen Blick

  • Jeder gesetzliche oder eingesetzte Erbe kann eine Erbschaft ausschlagen. Dies ist meist der Fall, wenn davon ausgegangen wird, dass die Erbschaft mehr Schulden als Vermögen enthält.
  • Im Gegensatz zum Erbverzicht erfolgt die Ausschlagung des Erbes erst, wenn der Erbfall eintritt, also nach dem Tod der Erblasserin.
  • Ein Erbe können Sie in der Regel bis zu drei Monate nach dem Eintreten des Erbfalls ausschlagen.

Ein Erbe ausschlagen – warum eigentlich?

Jeder Erbe kann sich dagegen entscheiden, eine Erbschaft anzunehmen. Ihr Erbe ausschlagen können sowohl von der Erblasserin eingesetzte Erben als auch gesetzliche Erbinnen. Die Ausschlagung ist im Schweizerischen Zivilgesetzbuch (ZGB) unter Artikel 566 ZGB geregelt.

In der Regel wird eine Erbschaft ausgeschlagen, wenn die Erbinnen dabei Schulden auf sich nehmen würden. Denn eine Erbschaft enthält nicht immer nur Geld und wertvolle Gegenstände – auch Verbindlichkeiten können vererbt werden. Wenn Erben also wissen, dass die Hinterlassenschaften hohe Schulden beinhalten, so können sie die Erbschaft ablehnen. Entscheidet sich ein Erbe dazu, sein Erbe auszuschlagen, so betrifft das seinen gesamten Teil der Erbschaft. Die Person hat dabei nicht die Wahl, zum Beispiel nur die Verbindlichkeiten auszuschlagen, sondern tritt mit der Ausschlagung auch die Rechte für etwaige mit der Erbschaft einhergehende Vermögenswerte ab.

Auch wenn der Erbe selbst Schulden hat, kann es sinnvoll sein, die Erbschaft auszuschlagen. Das ist etwa dann der Fall, wenn die verstorbenen Eltern ihren Kindern ihr Wohnhaus vererben. Nimmt eine verschuldete Erbin diese Erbschaft an, dann kann es sein, dass das Haus verkauft werden muss, um die Schulden zu begleichen. Mit der Ausschlagung stellt die verschuldete Person sicher, dass das Elternhaus in die Hände ihrer nächsten Verwandtschaft fällt und somit bewahrt werden kann.

Sonderfall: Wenn zum Zeitpunkt des Erbfalls amtlich festgestellt wurde, dass die Hinterlassenschaft lediglich aus Schulden besteht, so wird eine Ausschlagung vermutet. In diesem Fall muss die fragliche Erbin die Erbschaft ausdrücklich annehmen (Artikel 566, Absatz 2 ZGB).

Welche Gründe gibt es, ein Testament anzufechten?

Ein Erbe kann gegen die testamentarischen Verfügungen Einspruch erheben, wenn er sich benachteiligt fühlt. Die Erfolgsaussichten sind allerdings nur dann gut, wenn ein rechtlich zulässiger Grund für die Anfechtung des Nachlasses vorliegt. Es gibt in der Schweiz laut  Zivilgesetzbuch (ZGB) mehrere rechtliche Gründe, die die Ungültigkeit eines Testaments bzw. dessen Anfechtung durch die Erben vor einem Gericht rechtfertigen können. Grundsätzlich kann eine jede Person eine Klage gegen das Testament einreichen, die ein Interesse daran hat, dass dieses für ungültig erklärt wird (Artikel 519 Absatz 2 ZGB).

Ein Erbe kann ausserdem sein Recht auf eine Ausschlagung verwirken. Das ist dann der Fall, wenn sich die Person in die Erbschaft einmischt. So darf sie nach dem Eintreten des Erbfalls zwar Verwaltungs- und Organisationsaufgaben übernehmen, ansonsten allerdings nichts von der Erbschaft anfassen. Es dürfen keine wertvollen Gegenstände aus dem Erbe entfernt werden, unabhängig davon, ob die Person diese selbst behalten oder verschenken möchte.

Vorsicht mit Schenkungen

Der häufigste Grund, warum ein Erbe ausgeschlagen wird, liegt darin, wenn mit der Erbschaft Verbindlichkeiten und Schulden einhergehen. Somit wollen die Erbinnen vermeiden, dass sie für diese Schulden aufkommen und die Gläubiger des Erblassers bezahlen müssen. Haben die Erben allerdings innert der letzten fünf Jahre Zuwendungen von der Erblasserin erhalten, so kann es sein, dass sie mit diesen Werten für Forderungen von Gläubigern aufkommen müssen. Konkret kann es sich bei den Zuwendungen beispielsweise um Schenkungen oder Erbvorbezüge handeln. Im Grunde sollten Sie bei allem vorsichtig sein, das mit einer Ausgleichspflicht einhergeht.

Wann kann ein Erbe ausgeschlagen werden – Fristen und Termine

Ein Erbe muss innerhalb einer bestimmten Frist ausgeschlagen werden. Diese liegt laut Artikel 567 ZGB bei drei Monaten. Gesetzliche Erbinnen werden in der Regel nicht ausdrücklich über ihre Erbschaft informiert. Für sie beginnt die Frist deshalb ab dem Zeitpunkt, an dem sie vom Tod des Erblassers erfahren. Für eingesetzte Erben beginnt die dreimonatige Frist erst dann, wenn sie die amtliche Mitteilung über die Erbschaft erhalten. Die Frist kann in Ausnahmefällen von der Behörde verlängert werden, um den Erbinnen mehr Zeit zu geben.

Inventaraufnahme

Erben dürfen ein Erbe nicht nur ausschlagen, sondern können auch ein öffentliches Inventar verlangen (Artikel 580 ZGB). Dies muss innerhalb eines Monats nach dem Bekanntwerden des Erbfalls geschehen. Bei einer Inventaraufnahme werden die Vermögenswerte und Verbindlichkeiten in einer Erbschaft geschätzt. Gläubiger werden dazu aufgerufen, sich zu melden und über Schulden des Erblassers zu informieren. So wissen die Erbinnen Bescheid und können danach entscheiden, ob sie das Erbe ausschlagen oder annehmen möchten. Nach der Veröffentlichung des Inventars muss dies innert einer Frist von einem Monat geschehen. Ein öffentliches Inventar ist nicht nur für jene Person einsehbar, die es angefragt hat, sondern für alle Erbinnen. Grundsätzlich bleiben Erbinnen die folgenden Entscheidungsmöglichkeiten:

Ausschlagung des Erbes: Das gesamte Erbe wird von der betroffenen Person abgelehnt.

Amtliche Liquidation: Die Behörde liquidiert die Erbschaft mitsamt ihrem Vermögen und ihren Forderungen.

Annahme unter öffentlichem Inventar: Die Schulden und Vermögenswerte aus dem Erbe, die im Inventar verzeichnet sind, werden vom Erben angenommen. Für daraus entstehende Verbindlichkeiten haftet er sowohl mit dem Erbe als auch mit seinem privaten Vermögen. Gläubiger, die nicht in das Inventar eingetragen wurden, müssen vom Erben nicht bezahlt werden.

Vorbehaltlose Annahme: Die Erbschaft wird vorbehaltlos und vollkommen angenommen.

Meldet sich die Antragstellerin nicht, so wird davon ausgegangen, dass sie das Erbe unter öffentlichem Inventar annimmt. Beachten Sie unbedingt, dass ein öffentliches Inventar mit teilweise hohen Kosten verbunden sein kann. Diese werden mit der Erbschaft bezahlt, wenn dies möglich ist. Sind die nötigen finanziellen Mittel nicht vorhanden, so müssen Sie sich als Antragsteller um die Deckung der Kosten kümmern.

Übergang des Erbes

Verstirbt ein Erbe, bevor er die Erbschaft annehmen oder ausschlagen kann, so geht die Entscheidung darüber auf die nächsten Erbinnen über. Die Fristen verschieben sich in diesen Fällen in der Regel nach hinten. So beginnt die Frist für die neuen Erben zu dem Zeitpunkt, an dem sie vom Sachverhalt Kenntnis erhalten (Artikel 569 ZGB).

Amtliche Liquidation

Im Rahmen einer Liquidation erfolgt ein öffentlicher Rechnungsruf. Es wird ein Inventar über Vermögen und Schulden der Erbschaft erstellt. Forderungen werden so gut wie möglich ausgeglichen und laufende Geschäftsprozesse werden beendet. Die Erbinnen haften nicht mehr für die Schulden aus dem Erbe, können aber etwaige Überschüsse zugesprochen bekommen.

Eine Liquidation kann von der Erbengemeinschaft gefordert werden – allerdings nur, wenn alle Erbinnen damit einverstanden sind. Nimmt nur ein Erbe die Erbschaft an, kann keine Liquidation erfolgen. Auch die Gläubiger des Erblassers haben die Möglichkeit, eine Liquidation zu verlangen, vor allem dann, wenn sie berechtigte Annahme dazu haben, dass die Forderungen in der Zukunft nicht bezahlt werden. Dies muss innerhalb von drei Monaten nach dem Bekanntwerden des Erbfalls erfolgen. Stellt sich heraus, dass die Erbschaft überschuldet ist, so geht die Liquidation an das Konkursamt über. Dieses nimmt anschliessend eine konkursamtliche Liquidation vor.

Wer erbt, wenn ein Erbe ausgeschlagen wird?

Entscheidet sich ein Erbe für die Ausschlagung seiner Erbschaft, so wird so vorgegangen, als wäre dieser nicht existent. Das Erbe geht dann an die nächste Erbin in der gesetzlichen Erbfolge. Auch diese hat wiederum die Möglichkeit, die Erbschaft auszuschlagen. Für diese neuen Erben ist ebenfalls eine dreimonatige Frist angesetzt, in der sie das Erbe ausschlagen können.

Schlagen sowohl alle gewillkürten Erben als auch die gesetzlichen Erbinnen die Erbschaft aus, so tritt eine konkursamtliche Liquidation in Kraft. Ergibt sich am Ende ein Überschuss, wird dieser an die Erben ausgezahlt, auch wenn sie das Erbe ausgeschlagen haben (Artikel 573 ZGB).

Erbe ausschlagen – so geht es

Nach Artikel 570 ZGB kann ein Erbe entweder schriftlich oder mündlich ausgeschlagen werden. Dies geschieht meist mit einem Brief an die jeweils zuständige Behörde, in der Regel an das jeweilige Bezirksgericht am letzten Wohnsitz des Erblassers. Der Prozess kann sich je nach Wohnort und Kanton unterscheiden – in vielen Kantonen entsteht dafür eine Gebühr. Viele Behörden bieten für die Ausschlagung eines Erbes ein Formular an, das ausgefüllt werden kann.

Die Konsultation eines Anwalts für Erbrecht ist zwar nicht zwingend notwendig, kann allerdings bei der Klärung der Umstände helfen. Besonders wenn Sie sich nicht sicher sind, ob Sie ein Erbe ausschlagen oder annehmen sollten, ist es empfehlenswert, eine Anwältin hinzuziehen. Diese kann Details in Erfahrung bringen, die die Entscheidungsfindung unterstützen können.

So geht Rechtsberatung heute – einfach, sicher, transparent

Sie finden hier kostenlos ohne aufwendige Recherche die richtige Anwältin oder den richtigen Anwalt.

  1. Anfrage platzieren
  2. Offerten vergleichen
  3. Zusammenarbeit starten
  4. Kosten überwachen
Anfrage starten Download Icon

FAQ: Erbe ausschlagen

Nicht jede Erbschaft enthält wertvolle Gegenstände und Vermögenswerte. Manche Hinterlassenschaften beinhalten zusätzlich oder sogar ausschliesslich Verbindlichkeiten, die mit vererbt werden. Die Erbinnen müssen in diesem Fall für die Schulden des Erblassers aufkommen. Um dies zu vermeiden, kann eine Erbschaft ausgeschlagen werden.

Es gibt mehrere Gründe, warum ein Testament angefochten werden kann. Diese Gründe müssen jedoch eine bestimmte Rechtsgrundlage haben, um gültig zu sein. Sie können beispielsweise ein Testament anfechten, wenn der Erblasser bei der Abfassung des Testaments nicht urteilsfähig war, wenn der Pflichtteil der gesetzlichen Erben nicht beachtet wird oder wenn ein Formfehler vorliegt.

 

Grundsätzlich darf jeder Erbe seine Erbschaft ausschlagen. Das gilt sowohl für gesetzliche als auch für von der Erblasserin eingesetzte Erben.

 

Hat sich der Erbe bereits in die Erbschaft eingemischt, so hat er sein Recht auf eine Ausschlagung verwirkt. Das ist etwa der Fall, wenn die Person wertvolle Gegenstände aus den Hinterlassenschaften an sich nimmt oder verschenkt. Ehegatten müssen innerhalb einer Gütergemeinschaft einer Ausschlagung ausserdem zustimmen.

 

Dies ist erst möglich, wenn der Erbfall bereits eingetreten ist, also nach dem Tod der Erblasserin. Sobald der erbenden Person diese Tatsache bekannt wird, hat sie drei Monate Zeit, um das Erbe abzulehnen. Die Frist kann nur in Sonderfällen verlängert werden.

 

Hat die Erbin in den letzten fünf Jahren Zuwendungen vom Erblasser bekommen, so kann es sein, dass sie trotz der Ausschlagung des Erbes für Schulden aufkommen muss. Dabei kann alles infrage kommen, was einer Ausgleichspflicht unterliegt, zum Beispiel Schenkungen oder Erbvorbezüge.

 

Rechtlich gesehen können Sie ein Erbe auf mündlichem oder schriftlichem Wege ausschlagen. Am gebräuchlichsten ist die Versendung eines Briefes an die zuständige Behörde. Viele bieten dafür Online-Formulare an.

 

Ist von vornherein klar, dass die Erbschaft verschuldet ist, so werden wahrscheinlich alle Erbinnen das Erbe ausschlagen. In diesem Fall tritt die amtliche Liquidation in Kraft. Ist die Erbschaft überschuldet, spricht man von der konkursamtlichen Liquidation.

 

Wissen Erbinnen nicht genau, ob die Erbschaft hohe Schulden enthält, so können sie eine Inventaraufnahme anfordern. Im Rahmen derer werden die Vermögenswerte und Schulden in der Erbschaft offengelegt. Auf dieser Grundlage können sie dann entscheiden, ob sie das Erbe ausschlagen oder annehmen möchten. Achtung: Die Kosten für die Inventaraufnahme gehen vom Erbe ab oder müssen vom Antragsteller übernommen werden.

 

Gesetzesartikel

Erbausschlagung (Artikel 566 ZGB)

Form der Ausschlagung (Artikel 570 ZGB)

Liquidation (Artikel 573 ZGB)

Diese Artikel könnten Sie ebenfalls interessieren

Erben & Erbgang
Pflichtteil Erbe
Erben & Erbgang
Nutzniessung Erbrecht
Erben & Erbgang
Erbengemeinschaft
Erben & Erbgang
Testament anfechten