Wie sieht ein Arbeitszeugnis aus? Inhalte und rechtliche Grundlagen
Wenn Sie als Arbeitnehmer auf der Suche nach einer neuen Stelle sind, ist ein gutes Arbeitszeugnis von Vorteil. Aus diesem Dokument werden für potenzielle Arbeitgeber Ihre Qualifikationen für einen Beruf ersichtlich. Ausserdem enthalten die meisten Arbeitszeugnisse auch Informationen über das Verhalten einer Person, etwa im Umgang mit Kolleginnen und Vorgesetzten. Welche rechtlichen Grundlagen es zum Thema Arbeitszeugnisse zu beachten gibt, lesen Sie hier.
Was ist ein Arbeitszeugnis?
Ein Arbeitszeugnis ist ein Dokument, das ein Arbeitsverhältnis beschreibt und in den meisten Fällen auch bewertet. Es enthält oft Informationen zu den Qualifikationen und dem Verhalten einer Mitarbeitenden in einem Unternehmen. Doch auch minimalistische Arbeitszeugnisse sind möglich, diese geben lediglich die Dauer und Art des Arbeitsverhältnisses an. Arbeitgeber sind gesetzlich dazu verpflichtet, einer Arbeitnehmerin auf Wunsch ein Arbeitszeugnis auszustellen. Üblich sind Arbeitszeugnisse am Ende von Arbeitsverhältnissen, jedoch können Arbeitnehmer auch Zwischenzeugnisse zu jedem beliebigen Zeitpunkt verlangen.
Wann wird ein Arbeitszeugnis nötig?
Arbeitnehmerinnen beantragen die Ausstellung eines Arbeitszeugnisses häufig dann, wenn sie sich für einen neuen Job bewerben möchten. In diesem Fall ist es sinnvoll, die Ausstellung des Zeugnisses noch vor der Kündigung zu beantragen. Die Anforderung eines Zwischenzeugnisses ist jederzeit legitim. Andererseits kann ein Zeugnis auch als Feedback dienen, durch das die Mitarbeiter sich über ihre Position und Performance klar werden können. Sie bekommen so Aufschluss über ihre Leistungen und die Meinung ihres Arbeitgebers. Das kann bei der Weiterentwicklung helfen und Mitarbeiterinnen motivieren, in Zukunft bessere Leistungen zu erbringen.
Haben Arbeitnehmer das Recht auf ein Arbeitszeugnis?
Die Ausstellung eines Arbeitszeugnisses gehört zu den Pflichten von Arbeitgebern. Dies ist im Obligationenrecht (OR) geregelt. Einen Grund müssen die Arbeitnehmerinnen dafür nicht nennen. In Artikel 330a, Absatz 1 OR steht zu diesem Thema wörtlich: «Der Arbeitnehmer kann jederzeit vom Arbeitgeber ein Zeugnis verlangen, das sich über die Art und Dauer des Arbeitsverhältnisses sowie über seine Leistungen und sein Verhalten ausspricht.»
Typische Arbeitszeugnisse werden in der Regel am Ende eines Arbeitsverhältnisses ausgestellt. Im Laufe der Berufstätigkeit ausgestellte Zeugnisse bezeichnet man eher als Zwischenzeugnisse. Aufgrund der Gesetzeslage ist der Arbeitgeber zu beiden Varianten verpflichtet, da eine Arbeitnehmerin zu jedem Zeitpunkt ein Arbeitszeugnis verlangen kann.
Übrigens: Das Arbeitszeugnis gehört zu den zwingenden Voraussetzungen von Arbeitsverträgen (Artikel 362 OR). Das bedeutet, dass es nicht durch Arbeitsverträge oder Abreden weggebunden werden darf. Das wäre lediglich dann zulässig, wenn die betreffende Klausel zugunsten der Arbeitnehmer ausfallen würde. Findet sich in Ihrem Arbeitsvertrag eine Klausel, die die Ausstellung von Zwischenzeugnissen ausschliesst, so ist diese nichtig.
Haben lernende Personen ein Recht auf ein Arbeitszeugnis?
Auch Berufslernende haben ein Recht auf ein Zeugnis. Das ist in Artikel 346a OR festgelegt. Demnach sind Arbeitgeber dazu verpflichtet, Personen nach Abschluss der Berufslehre ein Lehrzeugnis über die Dauer der Lehre und die dabei erlernte Berufstätigkeit auszustellen. Auf Wunsch der lernenden Person muss das Lehrzeugnis ausserdem Informationen zu den Fähigkeiten, den Leistungen und zum Verhalten der betreffenden Person enthalten.
Arten von Arbeitszeugnissen
Arbeitszeugnisse werden immer schriftlich ausgestellt. Dabei gibt es allerdings unterschiedliche Formen, die Anwendung finden können. Allgemein unterscheidet man zwischen den folgenden zwei Arten von Arbeitszeugnissen.
Einfaches Zeugnis
Bei einem einfachen Zeugnis handelt es sich im Grunde lediglich um eine Arbeitsbestätigung. Synonym wird dafür auch der Begriff Teilzeugnis verwendet. Dieses Dokument ist sehr minimalistisch gehalten und enthält nur die wichtigsten Angaben über das Arbeitsverhältnis. Meist findet sich dort lediglich die Dauer und die Art des Arbeitsverhältnisses. Auf Verlangen des Arbeitnehmers muss der Arbeitgeber ein Zeugnis ausstellen, das nur diese minimalen Details enthält. Rechtlich stützt sich dies auf die Grundlage von Artikel 330a, Absatz 2 OR, der festlegt:
«Auf besonderes Verlangen des Arbeitnehmers hat sich das Zeugnis auf Angaben über die Art und Dauer des Arbeitsverhältnisses zu beschränken.»
Vollzeugnis
Das Vollzeugnis ist das typische Arbeitszeugnis, das auch Aufschluss über die Qualifikation einer Person gibt. In den meisten Fällen ist dieses Zeugnis für Arbeitnehmerinnen sinnvoller. Damit können sie sich für offene Stellen bewerben und potenziellen neuen Arbeitgebern ihre Eignung belegen. Nach Artikel 330a, Absatz 1 OR enthält diese Art von Zeugnis die folgenden Informationen:
- Art des Arbeitsverhältnisses (also auch die Position der Person)
- Dauer des Arbeitsverhältnisses (Eintritts- und gegebenenfalls Kündigungsdatum)
- Leistungen (auch besondere Milestones)
- Verhalten gegenüber Kolleginnen, Kundschaft, Vorgesetzten, Geschäftspartnerinnen
Aufbau und Inhalt von Arbeitszeugnissen
Gesetzlich ist die Form und der Inhalt von Arbeitszeugnissen nicht konkret geregelt. Einige Informationen und Details haben sich jedoch in der Vergangenheit als typische Inhalte für ein Arbeitszeugnis durchgesetzt. Unter anderem gehören dazu die folgenden Aspekte:
Personalien des Mitarbeiters
- Beginn des Arbeitsverhältnisses: Datum des Arbeitseintritts und bei einem Arbeitszeugnis nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses auch das Enddatum
- Unternehmenszusammenfassung: Kurze Beschreibung des Unternehmens und dessen Aufgaben und Mission
- Position, Aufgaben und Verantwortlichkeiten: Funktion und Tätigkeit der Person im Unternehmen und welche regelmässigen oder besonderen Aufgaben sie dabei übernommen hat
- Beurteilung der Arbeitsleistung und des Verhaltens: Wie verhält sich die Person im Umgang mit Kolleginnen, Vorgesetzten und Kundschaft
- Unterschrift des Vorgesetzten, eventuell auch Unternehmensstempel
Im Endeffekt ist jedes Arbeitszeugnis individuell und sollte auf die Arbeitnehmerin und deren Charakteristiken und Leistungen abgestimmt sein.
Müssen Zeugnisse eine bestimmte Form haben?
Ein Arbeitszeugnis wird immer in schriftlicher Form überreicht – alles andere würde kaum sinnvoll sein. Strafrechtlich wird das Arbeitszeugnis als Urkunde eingeordnet. Nach dem Schweizerischen Strafgesetzbuch (StGB) steht die Fälschung einer Urkunde oder eines Zeugnisses jeglicher Art unter Strafe. Nach Artikel 251 StGB können dafür Geldstrafen oder Freiheitsstrafen von bis zu fünf Jahren auferlegt werden.
Der Ton von Arbeitszeugnissen
Arbeitszeugnisse unterliegen einigen Grundsätzen, die sie erfüllen sollten. Diese sind zwar nicht direkt im Gesetz festgelegt, haben sich allerdings durch die Rechtsprechung und das allgemeine Verständnis etabliert. So soll ein Arbeitszeugnis wohlwollend und klar formuliert, wahrheitsgemäss und vollständig sein.
Bekannt sind die verschlüsselten Formulierungen und Codes, die Arbeitgeber in der Vergangenheit mitunter benutzt haben. Dabei handelt es sich um Aussagen, die auf den ersten Blick positiv aussehen, allerdings als Code für eigentlich schlechtere Leistungen stehen. Damit wird gewissermassen der Grundsatz der Wahrheit umgangen, um dem Zeugnis einen wohlwollenden Anschein zu geben. Die Verwendung von solchen Codes ist mittlerweile grösstenteils nicht mehr zulässig. Immer mehr Unternehmen gehen dazu über, transparentere und ehrliche Zeugnisse zu erstellen. Diese können durchaus auch negative Punkte enthalten, sollten aber konstruktiv bleiben. Manche Arbeitgeber versehen diese Kritikpunkte beispielsweise mit Verbesserungsvorschlägen.
Tipp: Findet sich in Ihrem Arbeitszeugnis eine codierte Formulierung, die Missverständnisse hervorrufen könnte, so machen Sie Ihren Arbeitgeber oder Ihre Vorgesetzte darauf aufmerksam. Sie haben das Recht auf eine Berichtigung Ihres Zeugnisses, damit es die vier genannten Grundsätze erfüllt.
Das darf nicht ins Zeugnis
Ein Arbeitszeugnis sollte die allgemeine Leistung einer Person am Arbeitsplatz widerspiegeln. Dinge, die nichts mit dem Arbeitsverhältnis zu tun haben, gehören nicht in ein Zeugnis. Darunter fallen unter anderem persönliche politische oder religiöse Ansichten oder andere private Dinge. Auch einmalige Vorfälle haben in den meisten Fällen nichts mit der Gesamtarbeitsleistung einer Person zu tun (z. B. wenn die Person einmal zu spät zur Arbeit erschienen ist). Ein Arbeitszeugnis sollte ein möglichst vollständiges und professionelles Bild der Arbeitnehmerin zeichnen.
Wie lange besteht Anspruch auf ein Arbeitszeugnis?
Im Gesetz ist nicht abschliessend geregelt, wie lange nach Beendigung eines Arbeitsverhältnisses ein Arbeitszeugnis eingefordert werden kann. Oft wird dafür die allgemeine Verjährungsfrist von Forderungen von zehn Jahren als Anhaltspunkt verwendet (Artikel 127 OR). Demgegenüber steht andererseits die Frist von fünf Jahren, die unter anderem auf Forderungen von Arbeitnehmern und Arbeitnehmerinnen aus Arbeitsverhältnissen entstehen (Artikel 128, Absatz 3 OR).
In der Praxis: In einem Urteil vom 28.12.2020 entschied das Bundesgericht, dass für Arbeitszeugnisse die zehnjährige Frist anzuwenden ist (Urteil 4A_295/2020).
Wann muss ein beantragtes Arbeitszeugnis ausgestellt werden?
Es gibt keine rechtliche Grundlage, die den Arbeitgeber dazu verpflichtet, ein Arbeitszeugnis innerhalb einer bestimmten Frist zu erstellen. Allgemein können Sie davon ausgehen, dass zwei Wochen ausreichend Zeit sind, um ein Arbeitszeugnis zu verfassen. Nach dieser Frist können Sie Ihren Vorgesetzten nochmals an das Arbeitszeugnis erinnern. Betrachten Sie immer auch die individuellen Umstände. Befindet sich das Unternehmen gerade in der Hochsaison oder geht die Vorgesetzte zwei Tage nach Antragstellung in die Ferien, so sollten sie wahrscheinlich etwas mehr Zeit einplanen. Lassen Sie sich im Zweifel von einem Anwalt für Arbeitsrecht fachkundig beraten, um Ihre Rechte genau zu kennen und geltend machen zu können. Wenn Sie ihr Arbeitzeugnis von einer Fachstelle gegenprüfen möchten, empfehlen wir unseren Partner arbeitszeugnishilfe.ch.
FAQ: Arbeitszeugnis
Ja, Arbeitgeber sind gesetzlich dazu verpflichtet, ihren Angestellten ein Arbeitszeugnis auszustellen. Die Mitarbeitenden können dies zu jeder Zeit verlangen. Einen besonderen Grund müssen sie dafür nicht angeben.
Allgemein sollten darin die Personalien des Arbeitnehmers und Informationen zum Unternehmen und zur Stelle stehen. Wie viele und welche zusätzlichen Details das Dokument enthält, kommt vor allem darauf an, ob es sich um ein einfaches Zeugnis oder um ein Vollzeugnis handelt.
Vollzeugnisse enthalten Informationen zu den Fähigkeiten, den Leistungen und dem Verhalten der betreffenden Person. Auf Wunsch kann alternativ ein einfaches Zeugnis ausgestellt werden. Dieses wird eher als Arbeitsbestätigung bezeichnet und enthält nur die nötigsten Informationen.
Ein Zwischenzeugnis ist im Prinzip dasselbe wie ein Arbeitszeugnis. Allgemein wird der Begriff Arbeitszeugnis für ein Zeugnis verwendet, das am Ende eines Arbeitsverhältnisses ausgestellt wird. Verlangt die Arbeitnehmerin ein Zeugnis ohne eine anstehende Beendigung des Arbeitsverhältnisses, so spricht man eher von einem Zwischenzeugnis.
Der Anspruch auf die Ausstellung eines Arbeitszeugnisses verjährt nach zehn Jahren. Arbeitgeber sind während dieses Zeitraums verpflichtet, auch nach der Beendigung des Arbeitsverhältnisses ein Zeugnis auszustellen.
Neben Angaben zur Arbeitnehmerin und dem Unternehmen enthält ein Arbeitszeugnis ausserdem Informationen zum Arbeitsverhältnis. Dort wird die Arbeitsleistung der Person beschrieben und deren Verhalten am Arbeitsplatz. Es soll so einen möglichst guten Überblick über das professionelle Verhalten und die Qualifikationen der betreffenden Person geben.
Weder für die äussere Form noch für die Inhalte von Arbeitszeugnissen gibt es gesetzliche Vorgaben. Arbeitgeber sollten sich allerdings an vier Grundsätze halten und ein Zeugnis folgendermassen verfassen: wahrheitsgemäss, vollständig, klar und wohlwollend. Allgemein sollte ein Arbeitszeugnis ein umfassendes und ehrliches Bild von den Qualifikationen und dem Verhalten der betreffenden Person zeichnen.
Offiziell gibt es keine bestimmte Frist, in der Ihr Arbeitgeber Ihnen das Arbeitszeugnis zur Verfügung stellen muss. In der Praxis muss zwar die individuelle Situation betrachtet werden, im Regelfall geht man allerdings von zwei Wochen als einer angemessenen Zeitspanne aus.