Scheidungsklage in der Schweiz: Gesetzeslage, Ablauf und Kosten

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Kalender Icon 15. Januar 2022

Eine Scheidungsklage muss immer dann eingereicht werden, wenn ein Ehepartner sich partout nicht scheiden lassen will und dementsprechend kein einvernehmlicher Scheidungsantrag zustande kommt. Dennoch müssen hierfür einige Voraussetzungen erfüllt sein, damit ein rechtsgültiger Grund für die Klage vorliegt. In diesem Artikel erfahren Sie, wie die Gesetzeslage bei Scheidungsklagen in der Schweiz ist und wie diese ablaufen.

Auf einen Blick

  • Eine Scheidungsklage wird von einem Ehepartner eingeleitet, wenn eine einvernehmliche Scheidung nicht möglich ist.
  • Scheidungsklagen können erst nach mindestens zwei Jahren Trennung oder aufgrund von Unzumutbarkeit eingereicht werden.
  • Scheidungsklagen dauern zwischen einigen Monaten bis hin zu mehreren Jahren.

Welche Voraussetzungen gibt es für eine Scheidungsklage?

Die Schweiz möchte scheidende Ehepaare dazu anhalten, sich gemeinsam mit ihren Konflikten auseinanderzusetzen und auf diesem Weg eine einvernehmliche Lösung für ihre Scheidung in der Schweiz zu finden. Aus diesem Grund ist es von Gesetzes wegen schwieriger, eine Scheidung auf einseitiges Begehren – also eine Scheidungsklage – durchzusetzen, als eine einvernehmliche Scheidung zu beantragen. Konkret bedeutet dies vor allem, dass eine Scheidungsklage gemäss Zivilgesetzbuch nur eingeleitet werden kann, wenn das Paar entweder eine bestimmte Zeit getrennt gelebt hat oder die Fortsetzung der Ehe für den klagenden Partner unzumutbar geworden ist.

Scheidungsklage nach Trennung

Per Artikel 114 ZGB können Sie eine Scheidung verlangen bzw. einklagen, nachdem Sie und Ihre Partnerin mindestens zwei Jahre getrennt gelebt haben. Das bedeutet, dass Sie einerseits räumlich getrennt voneinander gelebt haben müssen und ausserdem während dieser Zeit ein Trennungswille bestanden haben muss. Eine mehrwöchige Geschäftsreise Ihrer Partnerin gilt in diesem Sinne beispielsweise nicht als freiwillige Trennungszeit.

Was gilt als Trennung?

Die Trennungszeit beginnt mit der Trennungsentscheidung sowie der Auflösung des gemeinsamen Haushalts. Bedingung für das „Getrenntleben“ ist, dass Sie nicht mehr in einer wirtschaftlichen, körperlichen oder geistigen Gemeinschaft leben. Dennoch dürfen Sie innerhalb der Trennungszeit miteinander Kontakt haben und sich beispielsweise auch vereinzelt finanziell unterstützen. Auch ein Versuch der Versöhnung bedeutet vor Gericht in der Regel keinen Neustart der Trennungszeit. Wenn Sie sich unsicher sind, wie viel Kontakt während der Trennungszeit erlaubt ist, können Sie vorsorglich eine Familienrechts- oder Scheidungsanwältin konsultieren.

Scheidungsklage wegen Unzumutbarkeit

Artikel 115 des Zivilgesetzbuches erlaubt es Ihnen, die Trennungszeit zu unterschreiten, wenn für Sie schwerwiegende Gründe für eine Unzumutbarkeit der Fortsetzung der Ehe vorliegen. Als schwerwiegende Gründe erkennen Scheidungsgerichte unter anderem die folgenden an:

  • Anwendung körperlicher oder seelischer Gewalt
  • Schwere Ehr- oder Persönlichkeitsverletzungen
  • Heiratsschwindel und Scheineheschliessung
  • Stalking während der Trennung
  • Lasterhaftes Verhalten des Partners, beispielsweise Prostitution oder Zuhälterei
  • Schwerwiegende Straffälligkeit des Partners

Wichtig zu beachten ist hier, dass die Gründe für dieses Verhalten nicht Ihnen als klagende Partei zuzuschreiben sind. Daher prüft das Gericht bei Scheidungsklagen wegen Unzumutbarkeit zunächst die persönliche Geschichte des Paares und gegebenenfalls auch die Schuldfrage bei bestimmten Sachverhalten.

Wie läuft eine Scheidungsklage ab?

Um eine Scheidungsklage einzuleiten, wenden Sie sich mit dieser an das zuständige Zivilgericht in Ihrem Wohnkanton oder im Wohnkanton Ihres Ehepartners. Daraufhin darf sich zunächst Ihr Partner zur Klage äussern. Es folgt eine Vorladung zu einer sogenannten Einigungsverhandlung. Bei dieser wird geprüft, ob die Bedingungen für die Scheidung erfüllt sind. Sind diese erfüllt, wird nun versucht, eine Einigung über die Scheidungsfolgen zu erzielen. Anschliessend folgt die Hauptverhandlung, in der beide Ehegatten ihren jeweiligen Standpunkt anhand von relevanten Belegen darlegen. Auf Basis dieser Verhandlungen fällt das Gericht sein Urteil und kann die Scheidung rechtswirksam aussprechen.

Dauer einer Scheidungsklage

Bei der Dauer einer Scheidungsklage ist zunächst zu beachten, dass dieser in den meisten Fällen die zweijährige „Wartezeit“ vorausgeht. Diese Wartezeit wird im Falle einer Klage aufgrund von Unzumutbarkeit selbstverständlich hinfällig. Anschliessend hängt die Dauer des Klageverfahrens massgeblich davon ab, ob und wie schnell Sie und Ihr Partner sich über die Nebenfolgen einig werden. Dementsprechend kann die Verfahrensdauer mitunter zwischen wenigen Monaten (bei einer schnellen Einigung) und teilweise mehreren Jahren variieren.

Kosten einer Scheidungsklage

Aufgrund der längeren Dauer und meist auch höheren Komplexität von Scheidungsklagen haben diese einen dementsprechend hohen Preis. Dieser kann allerdings kaum pauschal beziffert werden, da jede Scheidungsklage einen anderen Streitwert hat und unterschiedlich schnell geklärt werden kann. Die Kosten für Anwälte sowie für die Gerichtsverfahren variieren ausserdem stark zwischen den einzelnen Kantonen.

Die Prozesskosten setzen sich aus den Gerichts- und Anwaltskosten beider Parteien zusammen. Die Gerichtskosten liegen je nach Kanton durchschnittlich zwischen 1’000 und 4’000 CHF. Die Höhe der Anwaltskosten hängt davon ab, ob die Anwältinnen ein Honorar nach Kantonsvorschrift oder individuelle Gebühren verlangen und ob sie diese nach Zeitaufwand berechnen. Üblich sind hier zwischen 250 und 400 CHF pro Stunde.

Wer trägt die Prozesskosten?

Das Gericht entscheidet darüber, welche Partei die Kosten für das Verfahren übernimmt. Nach Art. 106 ZPO trägt in der Regel die unterlegene Partei die gesamten Prozesskosten. Gibt es keine eindeutig überlegene Partei, beurteilt das Gericht nach eigenem Ermessen.

Übrigens: Kann einer der Partner die Scheidungskosten nachweislich nicht tragen, kann er bzw. sie ein Gesuch auf unentgeltliche Prozessführung und Rechtsvertretung einreichen.

Die Kosten bei Klagerückzug

Zieht die klagende Partei ihre Scheidungsklage zurück, so gilt sie damit automatisch als unterlegen. Dementsprechend müssten Sie die gesamten angefallenen Kosten tragen, wenn Sie Ihre Scheidungsklage zurückziehen würden.

Warum werden manche Scheidungsklagen abgewiesen?

Es passiert öfter als man denken würde, dass Scheidungsklagen zunächst vom Gericht abgewiesen werden. Das kann verschiedene Gründe haben: Meist liegt es daran, dass die zweijährige Trennungszeit noch nicht eindeutig überschritten wurde. Jedoch sind auch formale Fehler ein häufiger Grund für teilweise sogar mehrmals abgewiesene Scheidungsklagen.

In Scheidungsklagen müssen Sie als klagende Partei konkrete Rechtsbegehren nennen und diese detailliert schildern. Darüber hinaus reicht es nicht aus, bloss eine güterrechtliche Auseinandersetzung oder die Zahlung nachehelichen Unterhalts zu fordern. Sie müssen diese finanziellen Forderungen mit genauen Zahlen benennen, damit eine rechtsgültige Klage vorliegt und das Gericht diese anerkennt. Aus diesem Grund ist es dringend empfehlenswert, eine Scheidungsklage gemeinsam mit einer Scheidungs- oder Familienrechtsanwältin aufzusetzen und sich in Ihrem Vorgehen beraten zu lassen.

Wie kann ich eine Scheidungsklage vermeiden?

Aus verständlichen Gründen erfolgen die meisten Scheidungen in der Schweiz auf einvernehmliches Begehren: Sie sind deutlich günstiger, in der Regel schneller abgeschlossen und schonen die Beteiligten auch emotional. Doch manchmal scheint es unmöglich, mit einem ehemaligen Partner eine Einigung zu erzielen. 

Möchten Sie dennoch versuchen, eine Scheidungsklage zu vermeiden und stattdessen ein einvernehmliches Begehren einzureichen, haben Sie zwei Optionen: Einerseits können Sie mithilfe einer Mediatorin versuchen, bestehende Konflikte zunächst aussergerichtlich zu lösen und einen einvernehmlichen Scheidungswillen zu formulieren. Zum anderen müssen Sie sich auch bei einer einvernehmlichen Scheidung keineswegs in allen Punkten über die Nebenfolgen einig sein. Nach Artikel 111 ZGB ist es möglich, eine Teileinigung mit dem Scheidungsantrag einzureichen, sodass das zuständige Gericht lediglich über die ungeklärten Fragen entscheidet.

Wie kann ein Anwalt bei einer Scheidungsklage helfen?

Grundsätzlich gibt es in der Schweiz keine Anwaltspflicht bei Scheidungsklagen. Dennoch ist es ratsam, eine Scheidungsklage nicht gänzlich ohne anwaltliche Hilfe durchzuführen. Ein Anwalt für Familienrecht kann Sie beispielsweise bei Fragen bezüglich der Trennungszeit oder der Unzumutbarkeit in Ihrer individuellen Situation beraten. So können Sie eventuell eine schnellere Einleitung der Klage bewirken.

Ein Anwalt kann Ihnen ausserdem bei der Ausarbeitung einer rechtsgültigen Klage helfen, sodass diese gleich beim ersten Versuch vom Gericht angenommen wird. Anwältinnen sind zu jedem Zeitpunkt ihre fachkundigen Ansprechpartnerinnen und wissen über Ihre besten Handlungsoptionen in allen Phasen eines strittigen Scheidungsprozesses Bescheid.

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FAQ: Scheidungsklage

Eine Scheidungsklage bezeichnet das einseitige Begehren eines Ehegatten auf eine Scheidung, das vor Gericht durchgesetzt werden soll.

In der Regel können Sie eine Scheidungsklage erst nach einer mindestens zweijährigen Trennungszeit einreichen. Damit ist die räumliche und einvernehmliche Trennung der Ehepartner gemeint. Bei schwerwiegenden Gründen können Sie die Klage jedoch auch vor Ablauf der Trennungsfrist einreichen (Scheidungsklage aufgrund von Unzumutbarkeit).

Eine Scheidungsklage müssen Sie beim zuständigen Zivilgericht Ihres Wohnsitzes bzw. des Wohnsitzes Ihres Ehepartners einreichen. Befindet sich dieser nicht in der Schweiz, gilt die Zuständigkeit nach internationalem Privatrecht. Lassen Sie sich im Zweifel in dieser Frage am besten anwaltlich beraten.

Nachdem Sie die Scheidungsklage eingereicht haben, prüft das Gericht diese auf ihre Gültigkeit. Anschliessend werden Sie und Ihr Partner zu einer Einigungsverhandlung vorgeladen, um vor Gericht die Nebenfolgen der Scheidung zu klären. In der Hauptverhandlung legen Sie beide Ihren Standpunkt dar und bringen Belege vor, die diesen unterstützen. Nach einer finalen Einigung über die Scheidungsfolgen spricht das Gericht die Scheidung aus.

Im Regelfall muss die unterlegene Partei einer Verhandlung die gesamten Prozesskosten (Gerichtskosten und Anwaltskosten beider Parteien) übernehmen. Wenn es keine unterlegene Partei gibt, entscheidet das Gericht über die Kostenübernahme.

Nach Ablauf der zweijährigen Trennungszeit kann die Dauer von Scheidungsklagen je nach Komplexität des Falles stark variieren. Bei einer schnellen Einigung über die Nebenfolgen kann der Prozess nach wenigen Monaten abgeschlossen sein. Unter Umständen können strittige Scheidungen aber auch mehrere Jahre dauern.

Einen Scheidungsantrag können Sie nur stellen, wenn die Scheidung auf einvernehmliches Begehren eingereicht wird. Dieser enthält eine Erklärung des Scheidungswillens und eine Scheidungskonvention, in der die Nebenfolgen bereits (weitestgehend) geklärt sind. Eine Scheidungsklage wird dahingegen dann eingereicht, wenn einer der Partner sich nicht scheiden lassen will.

In der Schweiz gibt es keine Pflicht für eine anwaltliche Vertretung bei Scheidungsklagen. Jedoch raten wir dringend davon ab, eine Scheidungsklage ohne Rechtsvertretung durchzuführen. Scheidungs- und Familienrechtsanwälte helfen bei der Formulierung der Klage und können während des gesamten Prozesses Ihre Interessen sachkundig vertreten.

Gesetzesartikel

Scheidungsklage nach Getrenntleben (Art. 114 ZGB)

Scheidungsklage wegen Unzumutbarkeit (Art. 115 ZGB)

Übernahme der Prozesskosten (Art. 106 ZPO)