Wann kann ich einen Mitarbeiter fristlos kündigen?

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Kalender Icon 01. Dezember 2021

Als Arbeitgeber muss man für viele Situationen gewappnet sein. Einige davon sind zwar weniger schön, dennoch müssen Sie die rechtlichen Gegebenheiten kennen. Dazu zählt auch die fristlose Kündigung eines Mitarbeiters. Wir geben Ihnen in diesem Artikel einen Überblick über die Rechtslage innerhalb des Privatrechts.

Begriffsdefinition

Bei einer fristlosen Kündigung endet das Arbeitsverhältnis zum sofortigen Zeitpunkt ohne Rücksicht auf die im Vertrag ursprünglich vereinbarte Kündigungsfrist. Wird ein Mitarbeiter fristlos gekündigt, muss er seinen Arbeitsplatz noch am selben Tag räumen. In der Schweiz ist eine fristlose Kündigung sowohl von Arbeitgeber als auch von Arbeitnehmerseite möglich. Eine fristlose Kündigung wird auch ausserordentliche Kündigung genannt. 

Kündigungsform: schriftlich oder mündlich?

Eine fristlose Kündigung kann mündlich erfolgen. Dabei sollte man sich jedoch den Erhalt dieser schriftlich bestätigen lassen. Die Gegenseite bestätigt dabei mit ihrer Unterschrift lediglich den Erhalt der Kündigung. Diese Bestätigung ist unabhängig davon, ob der Betroffene die Kündigung akzeptiert oder nicht. Das Gesetz spricht hier von einer einseitigen Willenserklärung. 

Haben Sie als Arbeitgeber die Unterschrift des Mitarbeiters, muss dieser das Unternehmen unter der von Ihnen gesetzten Frist noch am selben Tag verlassen. Eine schriftliche Begründung der Kündigung muss in der Schweiz generell nur dann erfolgen, wenn die Gegenpartei diese verlangt. 

Voraussetzungen einer fristlosen Kündigung

Nun kommen wir zum spannendsten Teil und damit der Frage, wann Sie Ihrem Mitarbeiter überhaupt fristlos kündigen dürfen. Auf die inhaltliche Interpretation von Artikel 337 OR gestützt, muss für eine fristlose Kündigung ein wichtiger Grund vorliegen, der eine weitere Zusammenarbeit nicht mehr tragbar macht. Andernfalls ist eine fristlose Kündigung nicht gerechtfertigt. 

Leider ist der Begriff «wichtiger Grund» dehnbar. In der Regel werden Fälle, die vor Gericht landen, individuell untersucht. Nichtsdestotrotz möchten wir Ihnen im Folgenden einige Beispiele zur Orientierung an die Hand geben. Diese können grob in drei Kategorien eingeteilt werden. 

1. Schwerwiegende Verfehlungen

Die erste Kategorie sind schwerwiegende Verfehlungen, die im Betrieb durch den Mitarbeiter verursacht wurden bzw. werden. Beispiele sind:

  • Straftaten (z. B. Diebstahl)
  • gewalttätige Übergriffe 
  • sexuelle Belästigung
  • Beleidigungen (mit Ausschluss von Bagatellfällen)
  • parallele Tätigkeit in einem konkurrierenden Unternehmen
  • Arbeitsverweigerung auch nach mehrmaligen Gesprächen und Abmahnung 
  • Missbrauch des Geschäftsgeheimnisses 
  • Annahme von Schmiergeldern 
  • Betrug

2. Weniger schwerwiegende Verfehlungen

Als Beispiele weniger schwerwiegender Verfehlungen am Arbeitsplatz können eingestuft werden:

  • Nichterscheinen am Arbeitsplatz (ohne guten Grund)
  • mehrmalige Arbeitsverweigerung 
  • Verstösse gegen vertragsrechtliche Punkte (z. B. private Internetnutzung, Verstoss gegen datenschutzrelevante Aspekte)

3. Sonderfall: ungenügende Arbeitsleistung

Ist die Ausführung oder sind die Ergebnisse der Arbeit Ihres Angestellten zu schlecht, können Sie ihm nach der Gesetzeslage nicht so einfach fristlos kündigen. Hier gibt es nur sehr wenige, individuelle Ausnahmen, bei denen das Gericht eine fristlose Kündigung für gerechtfertigt hält. Zudem sollten Sie in vielen Fällen eine ordentliche Kündigung der fristlosen Kündigung vorziehen. 

Wichtig hierbei ist auch, dass der Arbeitnehmer überhaupt die Möglichkeit hat, seine Tätigkeiten ordnungsgemäss auszuführen. Mehr dazu erfahren Sie unter dem Punkt «unverschuldete Verhinderung» in Artikel 337 OR.

Kündigungszeitpunkt

Der Kündigungszeitpunkt einer fristlosen Kündigung unterscheidet sich je nach Verfehlungsart.

Bei schwerwiegenden Verfehlungen

Als Arbeitgeber sollten Sie bei schwerwiegenden Fällen rasch reagieren. Andernfalls könnte das Recht auf eine fristlose Kündigung nichtig werden. Einen klassischen Richtwert gibt es hierbei nicht. In der Praxis halten die meisten Gerichte bei kleineren Betrieben etwa 1-2 Tage und bei grösseren Betrieben mehrere Tage für angemessen. Insgesamt wird es Ihnen aber auch nicht negativ ausgelegt, wenn Sie den Fall erst intern prüfen und bestätigen lassen. 

Gerade bei grösseren Betrieben, in denen zuerst andere Gremien wie Abteilungsleiter oder die Arbeitnehmervertretung involviert werden müssen, gibt es vom Gericht meist eher einen Pluspunkt für die professionelle Vorgehensweise. Wichtig ist hierbei aber, dass Sie alle nötigen Schritte sofort einleiten, um den Sachverhalt zu prüfen. Die Grundvoraussetzung für die Kündigung ist natürlich, dass die Verfehlung der Wahrheit entspricht und sich nicht nur lediglich auf einen Verdacht stützt.

Bei weniger schwerwiegenden Verfehlungen

Weniger schwerwiegende Fälle bedürfen in jedem Fall einer vorangegangenen Abmahnung, bevor eine fristlose Kündigung rechtens ist. Behalten Sie dies stets im Hinterkopf, um spätere Probleme zu vermeiden.

Einspruch durch den Arbeitnehmer

Wenn Ihr Mitarbeiter den Eindruck hat, dass die fristlose Kündigung keine gerechtfertigte Grundlage habe, kann er Einspruch erheben. Ob der Angestellte hierbei im Vorfeld ein Gespräch mit Ihnen sucht oder ob er sich sofort an das Gericht wendet, stellt ihm das Gesetz prinzipiell frei. 

Folgen einer fristlosen Kündigung

Gerechtfertigte fristlose Kündigung

Bei Aussprache einer gerechtfertigten fristlosen Kündigung nach Artikel 337b OR endet das Arbeitsverhältnis sofort. Der Mitarbeiter hat in diesem Fall keinerlei Rechtsansprüche auf die weitere Zahlung seines Gehaltes. Können Sie als Arbeitgeber zudem einen entstandenen Schaden nachweisen, der durch das Fehlverhalten Ihres Mitarbeiters entstanden ist, können Sie ihn mitunter sogar auf Schadensersatz verklagen. 

Ungerechtfertigte fristlose Kündigung

Eine ungerechtfertigte fristlose Kündigung tritt ein, wenn sich der Schuldverdacht des Mitarbeitervergehens nach dessen Einspruch nicht bestätigt oder etwa das Gericht entscheidet, dass es sich um eine ungerechtfertigte Kündigung handelt. In diesem Fall ist das Arbeitsverhältnis zwar ebenfalls zum sofortigen Zeitpunkt beendet, der Arbeitnehmer hat allerdings Rechte, deren Inanspruchnahme Sie kräftig zur Kasse bitten kann. 

Zunächst müssen Sie dem Mitarbeiter bis Ablauf der regulären Kündigungsfrist weiterhin Gehalt inklusive lohnbestandteilrelevante Spesenausgleiche zahlen. Je nach vorliegendem Vertrag kommt noch das 13. Monatsgehalt oder eine Umsatzbeteiligung hinzu. Unter Umständen müssen sie zudem damit rechnen, dass Sie eine Entschädigungszahlung an den Arbeitnehmer leisten müssen. Diese kann bis zu 6 volle Monatsgehälter betragen. Genauere Angaben und die Berechnungsgrundlagen hierzu finden Sie in Artikel 337c Abs. 2 und 3 OR

Zusatzwissen zu fristlosen Kündigungen durch Arbeitnehmer

Kann auch mein Angestellter fristlos kündigen und unter welchen Voraussetzungen?  

Ja. Die Voraussetzungen sind im Grossen und Ganzen dieselben wie bei einer Kündigung von Arbeitgeberseite: Die Gründe müssen wahr und eine Weiterbeschäftigung nach Treu und Glauben nicht mehr zumutbar sein.

Aus welchen Gründen kann ein Arbeitnehmer fristlos kündigen? 

Beispiele für eine fristlose Kündigung durch Arbeitnehmer sind, wenn der Lohn über einen langen Zeitraum ausbleibt, der Arbeitgeber grob fahrlässig gegen den Gesundheitsschutz verstösst oder schwerwiegende Delikte wie Mobbing, sexuelle Belästigung oder Übergriffe anderer Art vorliegen.

Welche Konsequenzen drohen mir als Arbeitgeber im Fall einer gerechtfertigten fristlosen Kündigung durch meinen Angestellten?

Meist müssen Sie mit Lohnersatzzahlungen und unter Umständen einer Genugtuung rechnen. Eine Entschädigung wie bei der Kündigung durch den Arbeitgeber ist in der Regel nicht fällig. Schwerwiegende Delikte können bei entsprechender Anzeige darüber hinaus strafrechtlich verfolgt werden. 

Unterstützung bei fristlosen Kündigungsverfahren

Liegen gerechtfertigte Gründe vor, die Sie erwägen lassen, einem Mitarbeiter fristlos zu kündigen, ist ein Rechtsbeistand in jedem Fall sehr zu empfehlen. Ein Fachspezialist des Arbeitsrechts kann Ihnen die vollumfängliche Beratung und rechtliche Absicherung bieten, die Sie in diesem Fall benötigen. GetYourLaywer unterstützt Sie bei der Suche. Stellen Sie Ihre Anfrage einfach online und finden Sie einen Anwalt für Arbeitsrecht, der zu Ihnen und Ihrem speziellen Fall passt.

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