Ehe oder Konkubinat: Welcher Status ist vorteilhafter?

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Kalender Icon 15. Januar 2022

Wenn ein unverheiratetes Paar zusammenlebt und unter einem Dach wohnt, wird dies in der Schweiz als Konkubinat bezeichnet. Obwohl die beiden Personen ihr tägliches Leben in der gleichen Weise teilen wie ein Ehepaar, geniessen sie vor dem Gesetz nicht den gleichen rechtlichen und sozialen Schutz wie ein Ehepaar. In diesem Artikel erfahren Sie mehr über die Unterschiede zwischen Ehe und Lebensgemeinschaft sowie über die Vor- und Nachteile des jeweiligen Status.

Auf einen Blick

  • Aus rechtlicher Sicht werden die beiden Personen einer Lebensgemeinschaft als zwei Einzelpersonen betrachtet.
  • Die Altersrente (AHV) und die Pensionskasse von Konkubinatspartner werden getrennt verwaltet und es ist keine Entschädigung im Falle einer Trennung vorgesehen.
  • Alle Paare, ob heterosexuell oder homosexuell, können einen Vertrag über das Konkubinat abschliessen.

Ehe oder Konkubinat: das Drei-Säulen-System

Einer der Hauptgründe für die Eheschliessung in der Schweiz ist die Gewährleistung eines angemessenen sozialen und rechtlichen Schutzes für beide Ehegatten, insbesondere im Falle des Todes oder der Trennung. Bevor die Frage nach der Ehe oder dem Konkubinat gestellt werden kann, ist es daher zunächst wichtig zu wissen, wie das Schweizer "Drei-Säulen-System" der Vorsorge funktioniert.

Was ist das Drei-Säulen-System?

Das Drei-Säulen-Vorsorgesystem ist seit 1972 in Artikel 111 der Schweizer Bundesverfassung verankert. Es handelt sich um eine Kombination aus drei Versicherungen: einer öffentlichen Versicherung, einer Berufsversicherung und einer Einzelversicherung. Die staatliche Versicherung soll das Existenzminimum abdecken, während die betriebliche Altersvorsorge durch den Arbeitgeber entrichtet wird. Die 3. Säule ist eine freiwillige Selbstversicherung und kann individuell gestaltet werden.

1. Säule: Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenversicherung

Die erste Säule fällt in die Zuständigkeit des Staates und soll jedem Einzelnen eine soziale Mindestabsicherung nach dem Eintritt in den Ruhestand, im Todesfall oder bei Invalidität garantieren. Diese Versicherung ist für alle Personen, die in der Schweiz leben und arbeiten, obligatorisch. Die erste Säule umfasst:

die Alters- und Hinterlassenenversicherung (AHV)

  • Invaliditätsversicherung (IV)
  • Arbeitslosenversicherung (ALV)
  • Erwerbsersatz (EO)

2. Säule: berufliche Vorsorge 

Die zweite Säule besteht aus einer betrieblichen Altersversorgung, für die der Arbeitgeber verantwortlich ist. Selbstständige können in diese Säule meist freiwillig einzahlen. Diese Vorsorgemassnahme wird gemeinhin als "Pensionskasse" bezeichnet. Sie soll die Leistungen der ersten Säule ergänzen, um im Falle von Pensionierung, Tod oder Invalidität den gleichen Lebensstandard zu erhalten.

3. Säule: private Vorsorge

Die dritte Säule ist die individuelle Altersvorsorge, die erwerbstätige Bürgerinnen und Bürger auf freiwilliger Basis abschliessen. Hierbei handelt es sich um eine optionale Absicherung, die die Leistungen der ersten und zweiten Säule ergänzt.

Was ist das Konkubinat?

Im juristischen Bereich wird der Begriff "Konkubinat" verwendet, um eine nicht-eheliche Lebensgemeinschaft zu bezeichnen. Im Alltag unterscheiden sich Konkubinatspaare nicht von Ehepaaren und teilen ihr Leben im Allgemeinen auf die gleiche Weise. Vor dem Gesetz werden die beiden Partner jedoch als Einzelpersonen betrachtet, da das Konkubinat nicht im Gesetz verankert ist. Im Falle einer Trennung oder des Todes eines Partners haben sie daher nicht den gleichen sozialen und rechtlichen Schutz wie ein verheiratetes Paar.

Welcher Versicherungsschutz besteht im Falle von Krankheit oder Tod?

Wenn Sie im Konkubinat leben, hat Ihr Partner keinen Anspruch auf gegenseitige Leistungen aus der ersten Säule. Auch die Leistungen der zweiten Säule stehen im Allgemeinen nicht für den anderen Lebenspartner zur Verfügung. Dies hängt jedoch von den einzelnen Rentenregelungen ab, und manchmal ist es möglich, dass eine Rente für den Partner vorgesehen ist. Wir empfehlen Ihnen, sich direkt bei Ihrer Pensionskasse zu erkundigen, ob dies möglich ist und wie es funktioniert.

Dies bedeutet auch, dass der verbleibende Konkubinatspartner im Todesfall keinen Anspruch auf eine Witwen- oder Witwerrente, die AHV oder die Unfallversicherung seines Partners bzw. seiner Partnerin hat. Es gibt kein automatisches Erbe. Es ist möglich, im Testament als Begünstigter benannt zu werden, jedoch haben die Mindestbeträge für die Nachkommen oder Eltern des Verstorbenen haben und müssen zuerst beachtet werden. Wenn Sie eine Erbschaft vom verstorbenen Partner erhalten, können Sie keine Steuerermässigung beantragen.

Welche Vorkehrungen sind im Falle einer Trennung zu treffen?

Bei einer Trennung eines Konkubinatspaares erfolgt keine gegenseitige Aufteilung des Vorsorgekapitals der zweiten Säule. Diese Situation kann für den Partner, der sich während der Beziehung um den Haushalt gekümmert hat, sehr ungünstig sein und kann diesen unter Umständen in eine prekäre, finanzielle Lage bringen.

Leistungen der dritten Säule

Es gibt ebenfalls keine Vorschriften für die Zahlung von Leistungen der dritten Säule, die freiwillig und individuell gestaltet werden können. Die gebundene Vorsorge (Säule 3a) und die freie Vorsorge (Säule 3b) können je nach Versicherungsschutz an einen Lebenspartner ausbezahlt werden oder nicht.

Konkubinat und Kinder

Bei Paaren, die im Konkubinat leben, fällt die elterliche Sorge automatisch der leiblichen Mutter des Kindes zu (Art. 252 ZGB). Um seine Rechte und Pflichten gegenüber seinem Kind anerkennen zu lassen, muss der biologische Vater einen Antrag auf elterliche Sorge beim Zivilstandsamt stellen, vorzugsweise bis zu ein Jahr nach der Geburt (Art. 260 ZGB). Diese Erklärung muss von beiden Elternteilen gemeinsam abgegeben werden, die sich damit einverstanden erklären, gemeinsam die Verantwortung für ihr Kind zu übernehmen und sich über die Modalitäten der Betreuung des Kindes zu einigen. Seit dem 1. Januar 2018 ist es auch möglich, einen Antrag auf Adoption des Kindes eines Lebenspartners zu stellen (Art. 264 ZGB).

Was sind die Vorteile des Konkubinats?

Auch wenn der rechtliche und soziale Schutz des Konkubinats deutlich schwächer ist als bei einer Ehe, hat diese Form des Zusammenlebens doch gewisse Vorteile. So kann beispielsweise jeder Konkubinatspartner eine Einzelrente aus der ersten Säule bis zu einem Höchstbetrag von 4.700 CHF erhalten. Für Ehepaare ist dieser Betrag jedoch auf 3.585 CHF begrenzt. Ausserdem können Konkubinatspaare aufgrund ihrer getrennten Besteuerung steuerliche Vorteile gegenüber Ehepaaren haben.

Was sind die Vorteile der Ehe gegenüber dem Konkubinat?

Die Ehe ist in der Schweiz als eine rechtlich geschützte Beziehung definiert. Sie bietet daher im Allgemeinen mehr Schutz als eine Lebensgemeinschaft, da beide Ehegatten vor dem Gesetz als Paar anerkannt werden. So hat der überlebende Partner im Todesfall Anspruch auf Leistungen aus der ersten und zweiten Säule. Eine Rente wird also von der Altersversicherung gewährt und im Allgemeinen durch die berufliche Vorsorge ergänzt.  

Was die Leistungen der dritten Säule betrifft, so ist jede Regelung je nach Vertrag unterschiedlich. Im Allgemeinen hat der Ehegatte Vorrang bei der Auszahlung der Leistungen, gefolgt von den Kindern, den unterhaltsberechtigten Personen, den Eltern, den Geschwistern und den sonstigen Erben des Paares.

Schutz im Falle einer Scheidung

Im Gegensatz zum Konkubinat bestimmt die Ehe den Vermögensausgleich zwischen den Ehegatten im Falle einer Scheidung. Gemäss Artikel 181 ZGB gilt für Ehepaare der ordentliche Güterstand der Errungenschaftsbeteiligung, jedoch können Ehegatten auch einen Ehevertrag abschliessen und einen anderen Güterstand, z. B. die Gütertrennung, vereinbaren. Im Falle einer Scheidung sind daher die Fragen der Vermögensauseinandersetzung bereits geregelt.

Was die Sozialleistungen anbelangt, so kann ein Gericht beschliessen, einem der Ehegatten eine Rente zu zahlen. Darüber hinaus werden die Leistungen der ersten Säule (AHV) nach der Dauer der Ehe aufgeteilt. Die Guthaben der zweiten Säule werden zu gleichen Teilen aufgeteilt, mit Ausnahme der Vorsorgegelder.

Warum sollte man einen Konkubinatsvertrag abschliessen?

Wenn Sie sich dafür entscheiden, mit Ihrem Partner oder Ihrer Partnerin im Konkubinat zusammenzuleben, geniessen Sie nicht den gleichen sozialen und rechtlichen Schutz wie ein verheiratetes Paar. Im Todesfall oder bei einer Trennung können die Folgen für einen der Partner sehr ungünstig sein, da dieser dann keine rechtliche Handhabe hat. Dies gilt insbesondere, wenn Sie ein oder mehrere Kinder haben. Aus diesem Grund wird unverheirateten Paaren empfohlen, einen sogenannten Konkubinatsvertrag abzuschliessen.

Wie setzt man einen Vertrag Konkubinatsvertrag auf?

Einen Konkubinatsvertrag abzuschliessen ist weder obligatorisch noch gesetzlich vorgeschrieben. Um gültig zu sein, muss diese schriftliche Vereinbarung nicht notariell beglaubigt werden, es sei denn, sie enthält erbrechtliche Fragen. In diesem Fall ist es erforderlich, eine öffentliche Urkunde zu erstellen. Der Konkubinatsvertrag dient der Festlegung des Vermögensinventars, der Aufteilung der Haushalts- und Wohnkosten sowie der Rentenfragen. Im Allgemeinen umfasst ein solcher Vertrag die folgenden Punkte:

  • Inventar der Vermögenswerte 
  • Status der erworbenen Wohnungen 
  • Verbleib der Eigentumswohnung im Falle einer Trennung 
  • Aufschlüsselung der laufenden Ausgaben
  • Höhe der monatlichen Unterhaltsbeiträge, die im Falle einer Trennung an den Partner gezahlt werden
  • Begünstigter einer Todesfallrisikoversicherung, wenn diese abgeschlossen wurde
  • Bestimmung der elterlichen Sorge 

Falls Sie noch weitere Fragen haben, kann Ihnen ein Anwalt für Familienrecht weiterhelfen.

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FAQ: Konkubinat

Als Konkubinat bezeichnet man die Lebensgemeinschaft eines unverheirateten Paares. In der Praxis lebt dieses Paar genauso wie ein Ehepaar unter einem Dach. Die sozialen und rechtlichen Schutzmassnahmen, auf die sie Anspruch haben, sind jedoch unterschiedlich.

Stirbt einer der Partner, wird der verbleibende Partner nicht automatisch als Erbe eingesetzt. Die Kinder und Eltern des Verstorbenen haben Vorrang. Es ist jedoch möglich, den Lebensgefährten in einem Testament als Begünstigten für einen Teil des Erbes zu benennen, sofern die Vorbehalte der Nachkommen und der Eltern beachtet werden.

Wenn Sie ein Erbe von einem Konkubinatspartner erhalten, müssen Sie Erbschaftssteuer zahlen. Die Steuerermässigung für Erbschaften durch nahe Verwandte gilt nicht für Lebensgefährten.

Ein im Konkubinat lebendes Paar wird getrennt besteuert. Das bedeutet, dass jeder Partner seine eigene Steuererklärung abgibt, was in einigen Fällen steuerlich von Vorteil sein kann.

Ein unverheiratetes Paar mit einem Kind muss die gemeinsame elterliche Sorge vor dem Zivilstandsamt erklären, damit der auch biologische Vater seine Rechte und Pflichten gegenüber seinem Kind wahrnehmen kann. Wird diese gemeinsame Erklärung von den Eheleuten nicht abgegeben, hat nur die biologische Mutter das elterliche Sorgerecht.

Das Konkubinat kann steuerliche Vorteile haben, da beide Partner getrennt besteuert werden. Darüber hinaus hat jede Person Anspruch auf eine Rente aus der ersten Säule, die insgesamt höher sein kann als die von verheirateten Personen.

Es wird dringend empfohlen, dass unverheiratete Paare ihre Gemeinschaft mit einem Vertrag über das Zusammenleben rechtlich anerkennen lassen. Ein Konkubinatsvertrag regelt die Aufteilung des Vermögens und der Kosten im Todesfall oder bei einer Trennung.

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