So gehen Sie richtig vor bei einer Massenentlassung

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Kalender Icon 01. Dezember 2021

Als Arbeitgeber ist es nie schön, sich über das Thema Massenentlassung informieren zu müssen. Wenn diese Massnahme jedoch als der einzige Ausweg aus der wirtschaftlichen Krise erscheint, ist es umso wichtiger, die rechtlichen Voraussetzungen und Pflichten zu diesem schwierigen Thema zu kennen. Wir haben diese für Sie zusammengefasst.

Begriffsdefinition und Voraussetzungen

Rechtlich spricht man erst von einer Massenentlassung, wenn bestimmte Mindestzahlen erfüllt sind. Diese richten sich nach Grösse der Belegschaft. Bei einem Betrieb von mehr als 20 aber weniger als 100 Mitarbeitern sind das 10 Mitarbeiter. In Betrieben mit 100 bis 299 Mitarbeitern müssen mindestens 10 % und ab einer Anzahl von 300 Mitarbeitern mindestens 30 Personen von einer Entlassung betroffen sein. Sollten Sie weniger als 20 Angestellte haben, trifft der Begriff Massenentlassung überhaupt nicht zu.

Das Gesetz spricht weiterhin von einer Massenentlassung, wenn es zu Kündigungen kommt, die der Arbeitgeber in einem Betrieb innert 30 Tagen ausspricht. Das Zeitfenster wurde vom Gesetzgeber bewusst über solch einen langen Zeitraum gewählt, damit Unternehmer nicht versuchen, um die rechtlichen Konsequenzen einer Massenentlassung zu kommen. Das heisst, auch wenn Sie allen Mitarbeitern nicht zum selben Datum eine Kündigung zukommen lassen, sondern über mehrere Wochen verteilt, handelt es sich dennoch um eine Massenkündigung. 

Vorsicht ist auch geboten, wenn Sie eine bestimmte Anzahl an Mitarbeitern fortlaufend über einen längeren Zeitraum entlassen. Sobald der Eindruck entsteht, Sie könnten dieses Vorgehen bewusst gewählt haben, um den Pflichten einer Massenentlassung zu entkommen, müssen Sie damit rechnen, dass Sie diese trotzdem befolgen müssen. 

Die Kündigungsgründe im Fall einer Massenkündigung haben ausschliesslich rein betriebliche Ursachen und stehen nicht im Zusammenhang mit den Arbeitnehmern. Häufige Gründe sind etwa wirtschaftliche Schwierigkeiten des Unternehmens, die eine Umstrukturierung oder Schliessung einzelner Abteilungen und den damit verbundenen Abbau von Arbeitsplätzen erfordern. 

Gesetzliche Grundlage

Die Basis der oben aufgeführten Definition einer Massenentlassung ist im Schweizer Obligationenrecht unter Art. 335d OR verankert. Betroffen sind alle unbefristeten und befristeten Verträge, die vor dem vereinbarten Enddatum gekündigt werden.

Bitte beachten Sie, dass wir uns innerhalb unseres Textes ausschliesslich auf das Privatrecht konzentrieren. Für öffentlich-rechtliche Anstellungen gibt es teils abweichende Vorschriften. 

Ausnahmen

Es gibt Situationen, bei denen Sie den rechtlichen Pflichten einer Massenentlassung nicht nachkommen müssen. Hierzu gehören der Konkurs Ihres Unternehmens oder gerichtliche Entscheidungen. Als Beispiel fällt hierunter die Schliessung eines Betriebs aufgrund eines Verstosses gegen das Lebensmittelgesetz. Auch ein Nachlassvertrag mit Vermögensabtretung schliesst Sie nach Art. 335e Abs. 2 OR von den Pflichten einer Massenkündigung aus. 

Vorgehen bei einer Massenentlassung

Nun gehen wir näher auf die fünf rechtlich erforderlichen Schritte im Fall einer Massenentlassung ein. 

1. Information der Arbeitnehmervertretung

Sie haben sich bereits viele Nächte um die Ohren geschlagen, um alle Möglichkeiten zu prüfen. Dennoch sehen Sie derzeit keinen anderen Ausweg aus der Krise? Dann ist es an der Zeit, den ersten Schritt zu tun und die Arbeitnehmervertretung darüber zu unterrichten. Deren Konsultation ist rechtlich vorgeschrieben. Wichtig ist, dass Sie die Arbeitnehmervertretung einbinden, bevor Sie eine fixe Entscheidung treffen. Das Gespräch hat in diesem Stadium noch nicht das Ziel, einen Sozialplan zu erstellen, sondern dient dazu, Vorschläge zu erörtern und auszuarbeiten. So können Sie eine Massenentlassung gegebenenfalls ganz umgehen oder die Anzahl der Entlassungen reduzieren. Eine Lohnkürzung ist nur eine Möglichkeit von vielen. 

Kleinere Betriebe haben oft keine Arbeitnehmervertretung. In diesem Fall richten Sie Ihre Worte direkt an die Belegschaft.

2. Informationsveranstaltung mit der Belegschaft

Sofern Sie eine Arbeitnehmervertretung haben, steht die Informationspflicht derer an oberster Stelle. Danach müssen Sie nun Ihre Mitarbeiter über den geplanten Stellenabbau informieren.

Inhaltlich muss die Kommunikation im Mindesten die folgenden Fragen beantworten: 

  • Welche Gründe hat die geplante Massenentlassung?
  • Wie vielen Mitarbeitern soll gekündigt werden?
  • Wann sollen die Entlassungen erfolgen? 

Gegebenenfalls ist auch eine Erklärung über die Anzahl der in einer Abteilung/Betrieb insgesamt Beschäftigen erforderlich. Weiterhin muss die Mitarbeiterinformation in jedem Fall auch schriftlich erfolgen. Was in dem Schreiben genau enthalten sein muss, schreibt Art. 335g Abs. 2 des Obligationenrechts vor.

3. Beratungszeit

Nach Konsultation muss den Parteien ein gewisser Zeitraum gegeben werden, um ihnen die Chance zu geben, sich auszutauschen, Ideen zu erarbeiten und Vorschläge zu unterbreiten. Das Ziel ist, die Kündigungen ganz zu vermeiden oder deren Anzahl zu reduzieren. Andernfalls sollten Sie zumindest den Arbeitnehmern, soweit es geht, entgegenkommen. Eine Vorgabe, wie lange die Beratungszeit dauern muss, schreibt das Gesetz nicht vor. Es gibt allerdings eine Richtlinie, an der man sich orientieren kann. Demnach interpretiert das Bundesgericht eine Zeitspanne zwischen 24 Stunden und 5 Tagen als zu kurz, eine zwischen 4 und 6 Wochen als zu lang.

4. Mitteilung an das Arbeitsamt

Der Arbeitgeber ist in der Pflicht, auch das kantonale Arbeitsamt über den geplanten Stellenabbau zu informieren. Das geschieht mit der Übermittlung einer Kopie des Originalschreibens an die Belegschaft. Zudem müssen Sie die mit der Arbeitnehmervertretung gemeinsam beschlossenen Massnahmen mitteilen. Ferner ist es auch der Arbeitnehmervertretung und der Belegschaft möglich, Ihre ausgearbeiteten Punkte darzulegen. 

Das kantonale Arbeitsamt stellt damit die nächste Partei dar, die den Fall und die vorherrschenden Probleme untersucht. Dabei hat auch das Amt die Aufgabe, mögliche Lösungen zu finden und dem Vorgang zu einem vertretbaren Ausgang zu verhelfen. Allerdings verfügt das Arbeitsamt über keine rechtliche Entscheidungsgewalt. Es kann keine Massenentlassung beschliessen oder zurückweisen. 

5. Erstellung eines Sozialplanes

Ein Sozialplan vereint alle zuvor genannten Massnahmen und ist in jedem Fall schriftlich zu verfassen. Eine professionelle Zusammenarbeit aller Beteiligten ist essenziell. 

Wirksamkeit und Kündigungsfristen

Gemessen vom Tag der Information des Arbeitsamts, werden Kündigungen im Rahmen einer Massenentlassung nach mindestens 30 Tagen wirksam. 

Wichtig zu wissen ist, dass die 30 Tage Kündigungsfrist nur für Mitarbeiter gilt, die keinen Arbeitsvertrag haben oder deren Vertrag keinerlei Kündigungsregeln beinhaltet. Ansonsten ist immer die in den Verträgen vereinbarte Kündigungsfrist ausschlaggebend. Ferner sollten Sie beachten, dass schwangere oder kranke Arbeitnehmer weiterhin geschützt sind und demnach eine Sperrfrist greift. 

Nichteinhaltung der Informationspflicht 

Sollten Sie Ihrer Informationspflicht nicht nachkommen, sind die Kündigungen zwar wirksam, aber Sie müssen mit rechtlichen Folgen rechnen. In diesem Fall wird Ihre Kündigung im Rechtssinn missbräuchlich. Teils hohe Straf- und Bussgelder sind die Folge. Beim Ausbleiben der Information an das Arbeitsamt verhängt das Verwaltungsrecht beispielsweise eine Bussgeldzahlung von bis zu 40.000 Schweizer Franken. Zudem wirkt sich der Tatbestand auf die Kündigungstermine aus und Arbeitnehmer können eine Entschädigung von bis zu 2 Monatsgehältern einfordern.  

Fazit

Eine Massenentlassung ist eine weitreichende Entscheidung mit ebenso weitreichenden Folgen. Es ist hierbei unumgänglich, rechtlich einwandfrei abgesichert zu sein. Mit einem Fachanwalt für Arbeitsrecht sind Sie das. GetYourLawyer hilft Ihnen, einen Anwalt zu finden, der zu Ihnen und Ihrem individuellen Fall passt. Senden Sie Ihre Onlineanfrage und erhalten Sie passende Offerten.

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